PB 2021_2022_07 11 2022

INHALT 1. VORWORT DER INITIATIVE WOHNEN.2050 (IW.2050) 2. ZUSAMMENFASSUNG | APPELL AN DIE POLITIK 3. DIE INITIATIVE WOHNEN.2050 (IW.2050) 3.1. ENTSTEHUNG UND ORGANISATION 3.2. AUFGABEN UND ZIELE 3.3. ERFOLGE UND AKTIVITÄTEN 3.4. INSTRUMENTARIUM MIT PRAXISBEZUG 3.4.1. Bilanzierungsrahmen und Bilanzierungsregeln 3.4.2. Drei Werkzeuge zu Bilanzierung, Technik und Finanzierung 3.4.3. Klimastrategien mit System angehen 4. PRAXISFAKTEN AUS DER WOHNUNGSWIRTSCHAFT 4.1. DER STATUS QUO 4.1.1. CO2-Bilanzierung mit IW.2050-Werkzeugen 4.1.2. Klimastrategien von IW.2050-Partnern 4.1.3. Praxisbeispiele und Pilotprojekte von IW.2050-Partnern 5. WOHNUNGSWIRTSCHAFT UND KLIMANEUTRALITÄT: 15 VON DER IW.2050 IDENTIFIZIERTE SPANNUNGSFELDER 6. ERREICHEN DER KLIMAZIELE: WAS STEHT IM FOKUS? 6.1. WAS KANN DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT TUN? 6.2. WAS KANN DIE POLITIK TUN? 7. PARTNER DER IW.2050 (NACH BUNDESLÄNDERN) 8. SCHLUSSWORT 9. ANHANG 04 08 12 14 16 17 19 20 20 23 24 26 30 34 54 66 86 88 91 96 99 100

PRAXISBERICHT 2021/2022 4 1. VORWORT Die zentrale Rolle der Wohnungswirtschaft für den Klima schutz ist unbestritten. Doch wo stehen die Unternehmen in Bezug auf Klimaneutralität und Energiemanagement? Wie ist es um die Reduktion der TreibhausgasEmissionen in ihren Gebäudebeständen bestellt? Welche Auswirkungen haben die kurzfristigen massiven Änderungen von Ener giegesetzgebung und Förderrecht der letzten Monate, die CO2Abgabe in Stufen, die EURichtlinien zur Gebäude effizienz? Kann diese gesellschaftlich so relevante Branche die hochgesteckten Ziele mit ihren Beständen, die zu 64 Prozent aus der Zeit vor 1977 stammen, in der kurzen verbleibenden Zeitspanne überhaupt noch erreichen? Und vor allem: Wie soll das gelingen? Insbesondere ohne bei einer ohnehin dünnen Finanzdecke an wirtschaftlichen Realitäten zu scheitern, die der Branche durch gesetzliche Regelungen und den Wegfall von Förderungen aufge zwungen werden? Und all dies in Zeiten von Krieg, Gas Verknappung, RessourcenMangel, Inflation, Zinsanstieg und Wirtschaftsbaisse? Drängende Fragen, die zweieinhalb Jahre nach Gründung bei jedem Austausch unserer mittlerweile 180 Partner der Initiative Wohnen.2050 (IW.2050, Mitgliederzahlen Stand: 13.09.2022) stärker denn je zuvor im Fokus stehen. Der Zusammenschluss von Wohnungsunternehmen aller Größenordnungen, Ver- bänden und Institutionen repräsentiert aktuell über 2,1 Millio- nen Wohneinheiten und damit ein Drittel aller Wohn einheiten unter dem Dach des Spitzenverbandes GdW – Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen. Diese Unternehmen bieten rund fünf Millionen Mieter:innen ein Zuhause. Fest steht: Die deutsche Wohnungswirtschaft unterstützt ungebrochen das angestrebte Ziel der Klimaneutralität. Sie setzt alle vertretbaren Hebel in Bewegung und hebt alle möglichen Potenziale, um hierbei erfolgreich zu sein. Fakt ist aber auch: Die Transformation der deutschen Wirtschaft in Richtung Klimaneutralität innerhalb von 22 Jahren kann nur mit gewaltigen gut koordinier ten Anstrengungen gelingen. Und: Sie erfordert einen transparenten Dreiklang von Politik, Gesellschaft und Wirtschaft. Das Erreichen der Klimaziele ist – wie es die Wohnungswirtschaft schon seit Jahren postuliert – und wie es auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck 2022 for- mulierte – eine „gemeinsame nationale Aufgabe“. Aber: Hierbei sollte kein Wirtschaftszweig benachteiligt, übervorteilt oder gar vergessen werden. Die Wohnungswirtschaft stellt immerhin 65.000 Arbeitsplätze und ist mit einem Anteil von 11 Prozent an der deutschen Wirtschaftskraft erwiesenermaßen (noch!) eine der stärksten Branchen. Zur Transformation bedarf es jedoch einer praxis und realitätsnahen Herangehensweise – mit kalkulierbaren, wirtschaftlich umsetzbaren Vorschlägen auf der Basis langfristig gültiger und wirksamer gesetzlicher Rahmen bedingungen. Die Wohnungswirtschaft erwartet von der Politik Planungssicherheit – das heißt bessere Ansätze als ständige AdhocKorrekturen, kurzfristige Stornie rungen von Förderregelungen oder gar abrupte Förder abbrüche aufgrund von Zielverschärfung und fehlender Finanzmittel. Die mehrfachen Fiaskos rund um die KfW- Förderung haben schon jetzt Verzögerungen von Jahren bei Neubau und Modernisierung zur Folge. Die entstandenen Defizite sind nicht mehr aufzuholen und haben die Lücke der energetischen Sanierung bereits erheblich vergrößert. Auch ist die im vergangenen Jahr deutlich gesunkene Zahl fertig- gestellter Wohnungen Vorbote eines dramatischen Einbruchs beim Wohnungsbau in Deutschland. Bereits 2021 hat die Zahl der neuen Wohnungen bei weitem nicht ausgereicht, um das Regierungsziel von 400.000 Neubauwohnungen pro Jahr errei- chen zu können. Mittlerweile sind selbst die angestrebten 100.000 Sozialwohnungen in weite Ferne gerückt. Infolge von Lieferketten-Problemen, Material-Engpässen und Fachkräfte- Mangel, überquellenden Auftragsbüchern im Handwerk bei gleichzeitigem akuten Personal- und Know-how-Mangel, Preis- explosionen im Baumaterial- und Energiesektor sowie das wieder holte Förderchaos gehören die Bauziele bereits jetzt in den Bereich der Utopie. Sollte die Situation so bleiben, werden die Jahre ab 2023 für die gesamte Wohnungswirtschaft harte und verlorene Jahre sein – dramatisch mit Blick auf den engen Klimaziel-Zeitkorridor bis 2045. Eine wirksame und auf lange Sicht verlässliche Förder systematik mit der Situation angemessenen Zuschüssen wäre daher dringend vonnöten, wie auch eine wirksame RohstoffStrategie zur nachhaltigen Versorgung von Deutschlands Baustellen. Die sozial orientierten Woh nungsunternehmen brauchen vor allem Planungssicher heit, um – wie immer wieder auch regierungsseits gewünscht – neue bezahlbare, klimaschonende Mehr familienhäuser zu errichten. Derzeit ist die Lage allerdings von großer Unsicherheit und Attentismus bei allen bauwilligen Unternehmen geprägt. Eines ist klar: Die Wohnungsunternehmen müssen ihren Gebäudebestand mit größtmöglichem CO2Hebel pro ein gesetztem Euro defossilisieren. Der allseits gewünschte Hochlauf der Maßnahmen wird jedoch durch die Realität des Marktes ausgebremst: Ein Mix aus fehlenden Pla nungsressourcen, Produktionsengpässen und begrenzten

5 Ausführungskapazitäten limitiert die Möglichkeiten. Dass ebenso stetige Verschärfungen von Standards auf Effizi- enzseite nicht zielführend sind, wurde zwischenzeitlich in Teilen auch seitens der zuständigen Ministerien erkannt. Das jüngst verabschiedete Gesetz zu Sofortmaßnahmen für einen beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien und weiteren Maßnahmen im Stromsektor ist daher zu begrüßen. Es ent- spricht den Erfahrungen der IW.2050-Unternehmen: gute, aber keinesfalls extreme Dämmstandards und ein Umstellen der Wärmeversorgung auf Erneuerbare Energien. Für den Bestand an Mehrfamilienhäusern gilt, dass Wärmepumpen – insbeson- dere in Kombination mit Solarstromerzeugung – neben der Fernwärme die derzeit relevanteste Technologie-Lösung für die Defossilisierung darstellen. Der Einsatz in der Fläche erfordert Know-how und Lernkurven bei Planern, Fach-Ingenieuren und Handwerkern. Die Lernerfahrungen teilen die Unternehmen der IW.2050. Dennoch braucht es in den Umstiegsjahren mehr Zeit und Geld, bis die Anlagen richtig laufen. Beides ist bereits heute mehr als knapp. Umso mehr sind die Fernüberwachung der neuen Anlagen und der Aufbau eines konsequenten Energie- und CO2-Monitorings in den Unternehmen wesentliche Stell- schrauben für eine erfolgreiche Transformation. Positiv ist der Aspekt, dass die Erzeugung Erneuerbarer Energien nun die erforderliche Beschleunigung erfahren soll. Denn die EEG (Erneuerbare Energien Gesetz)Novelle aus dem April 2022 sieht mehr als eine Verdreifachung des Ausbaus gegenüber den EEG 2021Werten vor. Mit dieser Erhöhung soll ein Anteil von 80 Prozent an Erneuer baren Energien im StromMix bis 2030 erreichbar sein, bis 2038 sogar 100 Prozent. Allerdings werden die Ausbau Bremsen beim für die Wohnungswirtschaft wesentlichen Thema Mieterstrom nur sehr zögerlich und bei weitem nicht ausreichend gelöst. Ähnlich die Situation bei lokalen PhotovoltaikAnlagen. Die immer wieder stattfinden den kleinen Verbesserungen, die die Branche durchaus schätzt, lösen das Gesamtproblem nicht. Denn: Es werden viel mehr PVAnlagen auf Dächern benötigt. Das führt zu dem Dilemma, dass die erhöhte Nachfrage auch erheblich verlängerte Realisierungszeiträume und massiv steigende Kosten bedeutet. Nahezu alle in der IW.2050 zusammengeschlossenen Unter- nehmen sind seit Langem schon mit hohem Personal-, Zeit- und Kosteneinsatz dabei, ihre Bestände sukzessive klimagerecht zu modernisieren. 64 Prozent der IW.2050-Partnerunternehmen, die an der Befragung zu diesem Praxisbericht teilgenommen haben, hatten ihre Analysen bereits vollständig abgeschlossen und auf dieser Basis ihre individuellen Klimastrategien erstellt oder werden diese noch im Jahr 2022 finalisieren. Seit dem 27. Juli 2022 stehen sie jedoch vor einem großen finan- ziellen Dilemma – mit eventuell vehementen Auswirkungen auf die Gesellschaft: Schließlich trägt das Gros dieser Branche die Verantwortung für das Zuhause einkommensschwacher Bevöl- kerungsgruppen. Ein Blick auf die Historie zeigt, dass nahezu alle dieser Wohnungsunternehmen mit genau diesem Auftrag gegründet wurden, der seit Jahren wieder aktueller denn je ist. Neben der Versorgung mit Wohnraum und der Schaffung drin- gend benötigter neuer Wohnungen kommen soziale und integ- rative Maßnahmen in Siedlungen und Quartieren hinzu. Aufgaben, die allesamt hohe Investitionen und Personaleinsatz erfordern, sich aber nicht entsprechend in der Miethöhe nieder- schlagen können. Parallel wachsen die Ängste in der Bevölkerung rund um Miethöhen und Nebenkosten: Schon in einer Data & Analytics Group YouGov-Umfrage aus dem März 2022 bekunde- ten 88 Prozent der Bevölkerung, dass sie über die hohen Ener- giepreise sehr besorgt seien. Alle hier genannten Faktoren wirken sich massiv auf die Wohnungswirtschaft aus: Fast zwei Drittel (64 Prozent) der sozial orientierten Wohnungsunternehmen in Deutschland – und dazu zählt auch das Gros der IW.2050 Partner – müssen Neubauprojekte zurückstellen. Nahezu ein Viertel (24 Prozent) sieht sich gezwungen, den geplanten Bau neuer Mehrfamilienhäuser sogar komplett aufzuge ben. Ähnlich sieht es bei Modernisierungsprojekten aus: Mehr als zwei Drittel (67 Prozent) der Wohnungsunter nehmen müssen den klimaschonenden und altersgerechten Umbau ihrer Wohnungen auf Eis legen. Rund 13 Prozent müssen ihn derzeit sogar ganz aufgeben. Zu allem Überfluss wurde am 27. Juli 2022 quasi über Nacht die erst vor einem Jahr – zum 1. Juli 2021 – eingeführte Zuschuss- förderung für umfassende Sanierungen komplett eingestellt, ohne Vorankündigung und Konsultation der Fachverbände und sehr zum Nachteil der Wohnungswirtschaft. Zwar gibt es im Rahmen der Bundesförderung für energieeffiziente Gebäude (BEG) jetzt insgesamt mehr Fördermittel (insgesamt 12 bis 13 Milliarden, plus eine Milliarde pro Jahr für den Neubau), jedoch verringern sich für den einzelnen Antragsteller die Fördersätze. Förderungen für Komplettsanierungen werden auf zinsgünstige Kredite und Tilgungszuschüsse umgestellt. Kommunikativ zweifelhaft – mit Blick auf Großbestandshalter ist die Darstellung des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWK), dass Einzelmaß- nahmen noch bis zum 15. August 2022 nach alter Regulatorik gelten. Denn im Kleingedruckten der BAFA-Website fand sich dann die Anmerkung, dass pro Antragsteller nur ein Antrag eingereicht werden darf. Das BMWK wendet sich somit nur an Einzeleigentümer und lässt die soziale Wohnungs wirtschaft zum wiederholten Mal im Regen stehen.

PRAXISBERICHT 2021/2022 6 Auch im Neubau hat sich 2022 vieles geändert: Zwar wird das seit April 2022 gültige Programm EH40-Nachhaltigkeit (EH/EG 40 NH) zunächst bis zum 31. Dezember 2022 weitergeführt – aber mit anderen Konditionen. Das Programm EH/EG 40-Nachhaltigkeit ermöglicht eine Neubauförderung nur noch in Kombination mit einer Erteilung des Qualitätssiegels Nachhaltiges Gebäude (QNG). Es definiert Kriterien zur Begrenzung der Treibhaus-Emissionen und des Primärenergiebedarfs, zur Schadstoffvermeidung in Bau- materialien, zu Barrierefreiheit und zum Ressourcen-Verbrauch. Gefördert wird über einen zinslosen Kredit mit einem Tilgungs- zuschuss von 12,5 Prozent der förderfähigen Kosten, maximal 150.000 Euro pro Wohneinheit. Ab 2023 wird es eine Decke lung der Fördervolumen per anno auf eine Milliarde Euro für den Neubau geben – sehr wenig für ambitionierte Neu bauProgramme. Ebenfalls lähmend für die Planbarkeit der Neubau und Bestandsvorhaben des kommenden Jah res: Höchstwahrscheinlich bis Jahresende 2022 wird Unge wissheit herrschen über die fördertechnischen Vorgaben des nächsten Jahres. Diese restriktiven Entscheidungen und Vorgaben verschär fen die bereits arg angespannte Finanzsituation der Unter nehmen. Denn: Alle sind erneut mit nochmals erhöhten Investitionen verbunden, die für viele schlichtweg nicht mehr zu stemmen sein werden. Die auf die zweimal in diesem Jahr ad hoc gestoppte Förderung ausgerichteten Planungen sind entwertet und müssen neu angegangen werden – eine Verschwendung personeller und finanzieller Ressourcen. Die neue Situation macht einen Strich durch alle langfristig, sozial ausgewogenen Planungen, die aufgrund der geforder ten Skalierung in den Wohnungsunternehmen bereits mit spitzem Bleistift gerechnet worden waren. Viele haben schon heute eine zu niedrige Eigenkapitalquote von deut lich unter 30 Prozent und sind damit am Kapitalmarkt kaum handlungsfähig. Unternehmen mit einer bislang noch gesunden Eigenkapitalquote laufen Gefahr, diese durch den erneuten Wegfall von Fördermöglichkeiten nochmals immens gestiegenen Investitionsbedarf zu verlie ren und damit ihre gute Bonität einzubüßen. Die durch- schnittlichen Zielrenditen in sozialen Wohnungsunternehmen liegen bei zwei bis vier Prozent – selbst klassische Standard- Modernisierungen sind so kaum zu refinanzieren. Und: Die erfor- derlichen baulichen Anstrengungen im Gebäudebestand für die Klimaneutralität schlagen sich nicht adäquat in der Wertsteige- rung der Objekte nieder: Sie bemisst sich am Mietniveau, nicht an der Höhe der tatsächlich getätigten Investitionen. Aber nicht nur auf Länder und Bundes, sondern auch auf EUEbene kommen neue Vorgaben hinzu: In den nächsten acht Jahren sollen europaweit rund 15 Prozent der Gesamt bestände verpflichtend modernisiert werden. Für die fol genden 15 Prozent sind nur drei weitere Jahre einkalkuliert. Aus Sicht der IW.2050 geht auch dies an dem vorbei, was Markt und Unternehmen real leisten können – vor allem unter den derzeitigen Vorzeichen. Erschwerend: Der von der BaFin eingesetzte und für die sozial orientierten Wohnungs unternehmen vollkommen unnötige Systemrisikopuffer für Wohnimmobilienkredite. Der hier vorgelegte 2. Praxisbericht der IW.2050 zeigt den Status quo der in diesem Branchen-Zusammenschluss seit 2020 organi- sierten Wohnungsunternehmen. Er basiert auf einer internen Erhebung bei Partnerunternehmen im Zeitraum März/April 2022 und auf punktuellen späteren Abfragen. Die Ergebnisse ge- ben tiefe Einblicke in die intensiven Bemühungen, Klimaschutz in den Unternehmen fest zu verankern. Wie schon 2021 führt das Papier Arbeitserfolge und Ziele in Bezug auf eine möglichst große CO2-Ersparnis auf. Gleichzeitig werden aber auch die be- stehenden – und in Teilen zwischenzeitlich gravierend verschärf- ten – Hemmnisse auf dem Weg zur Klimaneutralität dargestellt. Die Unternehmen geben Einsicht in ihre Unterlagen, erlauben so Politik und Gesellschaft einen Blick hinter die Kulissen – mit dem Ziel, die Komplexität der ihnen gestellten Aufgaben in der Praxis darzulegen. Es soll nicht nur gefordert, sondern vielmehr mit un- ternehmerischen Fakten auch die tatsächliche Notwendigkeit des Geforderten untermauert werden. Das Papier ist ein erneuter dringender Appell der IW.2050 an politische Akteure: Es wird gezielte finanzielle Unter stützung benötigt, um die gesetzten Klimaziele in der verblei benden Zeit erreichen zu können ohne Mieter:innen über Gebühr zu belasten und so den sozialen Frieden zu gefährden. Axel Gedaschko Michaela Meyer Dr. Thomas Hain Felix Lüter

9 2. ZUSAMMENFASSUNG | APPELL AN DIE POLITIK WOHNUNGSWIRTSCHAFT ZEIGT ENGAGEMENT Die Wohnungswirtschaft steht zu den Klimazielen und zur Notwendigkeit der Klimaneutralität – mit ungebro chenem Engagement. Unter den verschärften Rahmenbe- dingungen, die die Politik 2022 zum Teil äußerst kurzfristig geschaffen hat und denen, die für 2023 noch anstehen, rückt das Erreichen der Zeit- und Treibhausgas-Zielhorizonte (2045 und CO2-Null) jedoch in weite Ferne. Die Branche wird weiterhin stringent auf diese Ziele hin arbeiten – auch, wenn in der derzeitigen Situation weniger geht als ursprünglich gewollt und geplant. Diese Aufgabe kann die Wohnungswirtschaft zudem definitiv nicht alleine be wältigen, sondern nur im Schulterschluss mit Politik und Energiewirtschaft. Einzig ein schlüssiges volkswirtschaft liches Gesamtkonzept, das sich verzahnt an Realitäten ori entiert, kann jetzt noch zu einer – wenn auch zeitverzögerten – Lösung führen. Die Partnerunternehmen und Institutionen in der Initiative Wohnen.2050 erstellen bereits seit Jahren mit Hochdruck Kon- zepte, Klimabilanzen und strategien. Sie setzen klima neutrale und CO2minimierte Quartiere und Bestands entwicklungen um. Parallel prüfen sie in unterschiedlich gearteten Pilotprojekten die Praxistauglichkeit neuer bau licher und technologischer Lösungsansätze. Hierfür wurden Fachberatungen eingerichtet, Kooperationen und ExpertenNetzwerke initiiert, allgemein zugängliche Wissenspools etabliert. Wie intensiv die Unternehmen in der IW.2050 schon seit Gründung im Jahr 2020 an ihren individuellen Klimastrategien arbeiten, belegt eine diesem Bericht zugrunde liegende Abfrage. Unter den befragten Wohnungsunternehmen haben rund 24 Prozent ihre Klimastrategie bereits vor 2022 abge schlossen, 40 Prozent planen den Abschluss in 2022, wei tere 21 Prozent in 2023. Nur bei zwei Prozent wird es definitiv später als 2023 werden, lediglich 13 Prozent konnten sich zeit- lich nicht festlegen. LICHT UND SCHATTEN: NEUE REGULATORISCHE ANSÄTZE Das Mitte Juli 2022 vorgelegte Sofortprogramm mit Maß nahmen zur Erreichung der Klimaneutralität im Gebäu desektor enthält einige wichtige und positive Aspekte – zur kommunalen Fernwärme-Planung, zu seriellem Bauen und Sanieren, eine Bundesförderung für effiziente Wärmenetze und die Optimierung bestehender Heizungssysteme, das Qualifizie- rungsprogramm Wärmepumpe, eine anvisierte Initiative für öffentliche Gebäude. Es wurde jedoch schnell durch eine AdhocEntscheidung zur Gebäudeförderung (BEG) getrübt, die erst Mitte 2021 in Kraft getreten war. Quasi über Nacht wurde sie im Hin- blick auf KfW-Förderanträge für Komplettsanierungen umgestellt: von Direktzuschüssen ausschließlich auf Kredite und reduzierte Tilgungszuschüsse. Ohne direkte Zuschüsse ist jedoch aufgrund der niedrigen Spielräume in Bezug auf eine Mieterhöhung im unteren und mittleren sozialen Marktsegment ein adäquates Ausweiten der Mo dernisierungstätigkeit für Wohnungsunternehmen nicht realisierbar. Für Einzelmaßnahmen bei der Sanierung galten die neuen Förderbedingungen für eine Antragstellung beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) ab dem 15. August 2022. Da aber bis dahin nur ein einziger Antrag pro Antragssteller eingereicht werden durfte, waren große Bestandshalter de facto ausgeschlossen. Mit der Änderung des GEG werden ab 1. Januar 2023 die An forderungen an Neubauten verschärft und das Effizienz haus 55 (EH55) verpflichtend umgesetzt. Der zulässige Primärenergiebedarf eines Neubaus wird von bisher 75 Prozent des Primärenergiebedarfs auf 55 Prozent reduziert. Wichtig für die Wohnungsunternehmen: Es werden nur die Anforderungen an die Primärenergie verschärft, die an die Gebäudehülle bleiben unverändert, was die Branche begrüßt. Ab 2025 soll dann das Effizienzhaus 40 (EH40) gesetzlicher Neubaustandard sein. Die GEGInnovationsklausel sollte weitergeführt und optimiert werden. Viele Stimmen hatten sich für einen Paradigmenwechsel in Bezug auf das seit 2020 geltende Ge bäudeenergiegesetz (GEG) ausgesprochen: Weg vom Primär- energiebedarf als Maßstab zur Energieeffizienz und hin zu TreibhausgasEmissionen als Maß für die Klimaeffizienz von Gebäuden. So kam es mit dem „PraxisExperiment Inno vationsklausel“ zu einem Kompromiss, der jedoch nur drei Probejahre lang gilt. Dieser GEG-Paragraph regelt auch den alternativen „Quartiersansatz“: Mehrere Gebäude, die in räumlichem Zusammenhang stehen, können die GEGAnfor derungen gemeinsam erfüllen. In der Praxis tun sich aber hier für die Wohnungsunternehmen wesentliche Hindernisse auf, da eine Verzahnung mit der KfWEffizienzhaus

bereits dünn – insbesondere bei kleineren und mittleren Unternehmen, bedingt durch hohe Sozialkosten in den letzten Dekaden, verstärkte Modernisierungs und all seits erwartete NeubauAktivitäten bei kontinuierlich sinkenden Renditen. Hinzukommen aktuell eine steigende Inflation, ebenso deutlich gestiegene Zinsen, die eine Versorgung am freien Kapitalmarkt erschweren. Vielen Wohnungsunternehmen drohen Überschuldung bis hin zur Insolvenz – mit gravierenden Folgen für Gesellschaft und Solidargemeinschaft. Ein weiterer Faktor für vorpro grammierte wirtschaftliche Schieflagen ist die durch den Ukraine-Konflikt gedrosselte Gaszufuhr, einhergehend mit explodierenden Energiepreisen. Sollten die nun stärker belasteten Haushalte Zahlungen an die Energieversorger nicht leisten können, stehen auch hier zunächst die Woh- nungsunternehmen in der Verantwortung in Vorlage zu gehen. Es sollte daher ein Schutzschirm – ähnlich dem der Kommunen – in Erwägung gezogen werden. PRAXISBERICHT 2021/2022 10 Fördersystematik fehlt. Zudem sehen viele die Forderung nach einem sehr engen zeitlichen Rahmen zwischen den Maßnahmen an den Gebäuden eines Quartiers als weiteren Hemmschuh an. Eine Ausdehnung auf beispielsweise fünf Jahre nach Förderbescheid erscheint praxisnah. Kurz vor der Sommerpause hat der Bundestag den beschleu nigten Ausbau der Erneuerbaren Energien verabschiedet. Zahlreiche Punkte in der überarbeiteten Version des Erneuer bareEnergienGesetzes (EEG) ebnen den Weg für mehr Wind, Solar und Wasserkraft – und somit auch für die dringend benötigte Grüne Fernwärme und die Defossilisie rung der Bestände auf Basis strombasierter Systeme. Es soll ein Anteil von 80 Prozent an Erneuerbaren Energien im StromMix bis 2030 erreicht werden, bis 2038 sogar 100 Prozent. Als hilfreich bewertet die Wohnungswirtschaft auch das Herab setzen der EEGUmlage auf Null – gültig seit 1. Juli 2022 – und die Vereinheitlichung weiterer anfallender Umlagen im EnergieUmlagenGesetz. Es fallen keine Umlagen mehr auf Direktbelieferung und Eigenverbrauch hinter dem Netzverknüpfungspunkt an. Besonders wichtig für die Defossilisierung: WärmepumpenStrom wird von Abgaben befreit. Das jährliche Fördervolumen für Mieterstrom Projekte – bisher auf 500 MW begrenzt – wird ab 2023 auf gehoben. Wichtig ist ebenfalls, dass die 100 kWGrenze für MieterstromAnlagen entfällt. Damit werden endlich auch größere Anlagen realisierbar. Das fördert insbesondere innovative Quartierslösungen im Neubau. Hier kann der Solar- strom zusätzlich für Wärme und Verkehr genutzt werden. Im Bestand jedoch bringt die Regelung keine Verbesserungen. Denn: Anlagen auf bestehenden Gebäuden überschreiten selten die genannte Grenze. Ein weiteres Defizit: Noch immer fehlt die Möglichkeit, Mieterstrom-Anlagen über Netzanschluss- punkte hinweg im gesamten Quartier zu betreiben. ENERGIEWENDE IN DER WOHNUNGSWIRTSCHAFT: NOCH IMMER VORHANDENE ERSCHWERENDE FAKTOREN ‒ Wiederholte Kurzfristigkeiten in der Entscheidungs findung seitens der Regierung ohne Anerkenntnis der Tatsache, dass die Wohnungswirtschaft einen Investitions zyklus von 40 Jahren hat. ‒ Da kaum noch Direktzuschüsse gewährt werden, stellt dies eine drastische Kürzung der finanziellen Unter stützung für eine ganze Branche dar. Die Finanzdecke ist ‒ Höherer administrativer Aufwand, mehr Bürokratie durch nun geforderte aufwändige Einzelgewerk-Anträge, NH-Zertifikat beim Neubau, Graue Emissionen, u. v. m. ‒ Hemmnisse in puncto Datennutzung: Noch immer besteht in der HeizkostenVerordnung eine Beschränkung der Nutzung von Daten. Diese ist aber eine wesentliche Grundlage für einen optimierten Gebäudebetrieb zur Erreichung der theoretisch berechneten Verbrauchswerte. ‒ Die Integration der Bilanzierung von Grauen Emissionen in die Neubauförderung ist vor dem Hintergrund von EU-Taxono- mie und CSRD-Berichtspflicht grundsätzlich nachvollziehbar. Auch hier gilt allerdings, dass die Kurzfristigkeit sowie der feh- lende Blick auf Realisierbarkeit problematisch sind: Die Umset- zung stellt eine umfassende Umstellung in der Neubau Planung dar, für die es ausreichend qualifizierte Fachkräfte braucht. Experten für qualifizierte LebenszyklusBerech nungen und eine entsprechende Planungsberatung sind nicht im ausreichenden Maß vorhanden, um den gesamten Immobiliensektor von heute auf morgen zu versorgen. Die Wohnungswirtschaft in Deutschland besteht überwiegend aus kleinen und mittelgroßen Unternehmen. Hier droht auch mit- telfristig ein Erliegen der Neubautätigkeit. Ebenso ist dies eine Frage fortschreitender Digitalisierung: Wenn die Eingangs- daten für die Berechnung des Lebenszyklus – insbesondere Flächen-, Material- und Massendaten – über eine Schnittstelle aus der Entwurfssoftware in die Lebenszyklus-Software im- portiert werden können, wird dies praktikabel. ‒ Der Fachkräftemangel setzt nicht nur den Wohnungs- unternehmen erheblich zu, sondern auch den ohnehin durch

11 ist nach dem klaren politischen Bekenntnis zum endgültigen Ausstieg aus dem Gas nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine endgültig hinfällig. Ein Folgekonzept steht allerdings noch aus. Es ist daher nicht erkennbar, wie eine neue energietechnische Rückfallposition jenseits von Atom, Gas, Kohle und Öl in diesen Zeiten aussehen soll. Die geplanten LNGKapazitäten (Liquefied Natural Gas) sind als Ersatz nicht ausreichend. Zu- dem treiben sie aufgrund ihres erhöhten spezifischen Preises alle künftigen Kostenkalkulationen auch für die Mieter:innen bei der Strom- und Wärme-Produktion deutlich nach oben. Als schon immer kooperativ denkende und arbeitende Branche ist das Verständnis für den immensen Hand lungsdruck, der auf Regierung, Gesellschaft und Wirtschaft lastet, durchaus vorhanden. Schließlich geht es um das Erreichen der CO2Null in jetzt nur noch 22 Jahren. Für diese nach- haltige Transformation leistet die Wohnungswirtschaft ihren Beitrag und steht mit viel Expertise bereit. Als Träger und Schlüsselakteure wesentlicher Teile der Energie und Wärmewende brauchen Wohnungsunternehmen jedoch den Dialog auf Augenhöhe über notwendige Rahmensetzungen. Nur so sind die immensen Aufgaben erfolgreich zu vereinen und auch zu bewältigen. Wenn sie als langfristig investierende Akteure in ihrem Ruf nach Unterstützung ernst genommen und die hierfür notwendigen Entscheidungen getroffen werden, können sie den Spagat zwischen Erhalt der sozialen Kerngeschäftsaufgaben, ökonomischer Überlebensfähig keit und ökologischer Transformation schaffen. Allerdings wird das Zieljahr 2045 zunehmend utopisch, die Aufgabe hingegen bleibt bestehen. die Arbeitsflut bereits überlasteten Handwerksbetrieben. Dort fehlen jedoch nicht nur People Power, sondern auch vielfach das umfassende Knowhow für die nun auch ge setzlich geforderten neuen Technologien. Der geplante Markthochlauf für Wärmepumpen im Bestand wird hierdurch massiv verlangsamt. ‒ Ein weiteres Hemmnis in diesem Segment: Eklatante Liefer engpässe, Lieferzeiten von bis zu einem Jahr für Photo voltaikAnlagen und Wärmepumpen aufgrund von Produktionsproblemen rund um den Globus, einher- gehend mit stetiger Verteuerung von Baumaterialien und Anlagen. ‒ Aus Sicht der Branche besteht Nachholbedarf bei der Abstimmung und Harmonisierung von EU, Bundes und Ländervorgaben. Vorgaben dürfen sich nicht widersprechen oder gar aufheben. UMSETZBARKEIT IM GESAMTKONZEPT GEWÄHRLEISTEN Immer wieder verkürzte Zeiten bis zum CO2NullWert auf globaler, EU, Bundes und Landesebene, die obendrein durch kommunale Ziele regional verschärft werden (2030/2035) sind ebenso ein Dilemma wie die fehlenden Finanzmittel von – geschätzten – 30 Milliarden Euro per anno für die energetische Modernisierung der Bestände. Es ist zwar gut und wichtig, dass endlich die politischen Rah mensetzungen für ein postfossiles Zeitalter gesetzt werden. Was bislang allerdings hierfür fehlt, ist ein in sich schlüssiges Gesamtkonzept: Regulatorik und Förderung werden stückweise und ad hoc geändert. Wenn aber aus Vorgaben unlösbare Aufgaben entstehen, droht die Gefahr, die umset zungswillige Realwirtschaft zu verlieren. Es ist daher geboten, eine Vision mit Perspektive für die zu transfor mierenden Sektoren zu schaffen. Auch wenn der Fokus auf der notwendigen Veränderung liegt, muss immer auch die Realisierbarkeit mitgedacht werden. Schließlich sind die vielen kleinen und mittleren Wohnungsunternehmen in Deutsch- land Träger des Gemeinwohls. Sie sichern tagtäglich – und das auch in volatilen wirtschaftlichen Zeiten – für 15 Mil lionen Mieter:innen das Grundrecht auf Wohnen. Gleich zeitig unterstützen sie mit zahlreichen sozialen Leistungen die Gesellschaft. Die bisherigen Eckpfeiler der Energiewende basierten auf Plänen für ein Backup aus bis zu 50 schnell neu zu errichteten Gaskraftwerken – siehe Passage im Koalitionsvertrag. Das

PRAXISBERICHT 2021/2022 14 3. DIE INITIATIVE WOHNEN.2050 (IW.2050) 3.1. ENTSTEHUNG UND ORGANISATION In Anbetracht der immensen Aufgaben und Erfordernisse auf dem Weg zur Klimaneutralität – damals noch mit einem Zeit- horizont bis 2050 – gründeten 24 Wohnungsunternehmen un- terschiedlicher Größenordnung, der Spitzenverband GdW – Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunter- nehmen, zwei Regionalverbände und das EBZ als branchen- eigene Bildungseinrichtung, Anfang 2020 in Berlin die Initiative Wohnen.2050 – kurz: IW.2050. Teile einer Branche organisier- ten sich selbst, um die bestmöglichen Lösungswege in zeitlicher Skalierung gemeinsam zu entwickeln. Denn: Die Wohnungs- wirtschaft hat in ihrem Kerngeschäft große Kompetenzen, komplexe Problemstellungen der Gesamtgesellschaft verant- wortlich zu lösen. Nur Unternehmen, Verbände und Bildungseinrichtungen der deutschen Wohnungswirtschaft können Mitglied dieser Initiative werden. Organe des Vereins sind die Mitgliederversammlung und der Vorstand – bestehend aus vier Personen, gewählt für drei Jahre. Zur Durchführung der vielfältigen operativen Arbeiten rund um das Erstellen einer Klimastrategie wurde ein Steuerkreis als Fachgremium ins Leben gerufen, ebenso regel- mäßige Fachtreffen mit dem GdW und der unter seinem Dach organisierten Regionalverbände. EINE STARKE GEMEINSCHAFT UNTERSTÜTZT DURCH UNSERE INSTITUTIONELLEN PARTNER: ‒ BBU Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e. V. ‒ EBZ - Europäisches Bildungszentrum der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft ‒ GdW - Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V. ‒ vbw Verband baden-württembergischer Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V. ‒ VdW Bayern - Verband bayerischer Wohnungsunternehmen (Baugenossenschaften und -gesellschaften) e. V. ‒ vdw Niedersachsen und Bremen - Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft in Niedersachsen und Bremen e. V. ‒ VdW Rheinland Westfalen - Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Rheinland Westfalen e. V. ‒ vdw Sachsen Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft e. V. ‒ VdW Südwest - Verband der Südwestdeutschen Wohnungswirtschaft e. V. ‒ VNW - Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen e. V. ‒ VSWG - Verband Sächsischer Wohnungsgenossenschaften e. V. Hauptsitz der Partner Hauptsitz der Institutionellen Partner

FACHLICHE ORANGISATION DER IW.2050 15 FACHTEAM GESCHÄFTSSTELLE FACHEXPERTEN FELIX LÜTER Geschäftsführender Vorstand ‒ Projektleitung und -konzeption DINA ELLER Leiterin Geschäftsstelle (in Elternzeit) ‒ Projektsteuerung ‒ Projektleitung Kommunikation SARAH BEER Administration Geschäftsstelle ‒ Projektleitung Veranstaltungen ‒ Partnerbetreuung HANNAH RIPPE Administration Geschäftsstelle ‒ Geschäftsstelle ‒ Partnerbetreuung KATRIN CHAN Administration Geschäftsstelle ‒ Geschäftsstelle ‒ Kommunikation KNUT MOLITOR ‒ Fachreferent ‒ Baupraxis ‒ Koordination Pioniergruppen WIEBKE CARTELLI ‒ Klimastrategien ‒ Finanzierungs-Werkzeug TIMO ERNST ‒ Nachhaltigkeit & Klima ‒ Bilanzierungs-Werkzeug ‒ Ziel-Monitoring JOOST HARTWIG ‒ energieeffizientes & nachhaltiges Bauen ‒ Technik-Werkzeug JAN-MARTEN KREBS ‒ Klima ‒ Strategie ‒ Konzeption Veranstaltungen FACHLICHE ABSTIMMUNGEN FACHABSTIMMUNG GDW Referat Energie, Bauen, Technik ARBEITSTREFFEN GDW ARBEITSTREFFEN REGIONALVERBÄNDE STEUERKREIS ‒ M. Berger (VdW SW) ‒ Dr. S. Ernst (VdW SW) ‒ O. Niermann (VdW RW) ‒ J. Cammann (VdW NS BR) ‒ Dr. J. Elfert (bauverein AG) ‒ R. Güthert (GWG Reutlingen) ‒ B. Csaki (VIVAWEST) ‒ M. Meyer (Joseph-Stiftung) ‒ F. John (GSW) ‒ I. Brähler (VdW RW) ‒ D. Kohnke (Gewobag) ‒ L. Herzberg (Gewobag) ‒ D. Schleifer (Vonovia) ‒ D. Buchta (Stadtsiedlung Heilbronn) ‒ U. Janssen (LEG Wohnen NRW) KOMMUNIKATION HEIKE D. SCHMITT ‒ Fachpresse ‒ Social Media

PRAXISBERICHT 2021/2022 16 EINE STARKE GEMEINSCHAFT PARTNER NACH GESELLSCHAFTSFORM UND NACH UNTERNEHMENSGRÖSSE Stand 09.09.2022 AG GmbH eG Stiftung 80 70 60 50 40 30 20 10 0 38 36 0 21 20 3 8 6 0 0 0 < 1.000 < 2.500 < 10.000 < 40.000 > 40.000 3.2. AUFGABEN UND ZIELE Ambitioniertes Ziel des Branchen-Zusammenschlusses: Die Woh- nungswirtschaft dabei unterstützen, ihren Beitrag zur Einhaltung der 2015 im Pariser Abkommen definierten – und 2021 in Glasgow erneut bestätigten – Klimaziele zu leisten und mit daran zu arbeiten, die Erderwärmung auf deutlich unter 1,5 Grad abzusenken. Die IW.2050 fördert daher die Forschung, die Entwicklung und das Erarbeiten von praktikablen Lösungen zum Erreichen der Klimaneutralität in der Wohnungswirtschaft im – mittlerweile verkürzten – Zeitraum bis 2045; in einigen Bundesländern und Städten sogar bis 2035. Im Vordergrund stehen: ‒ der kontinuierliche Austausch und die Vermittlung von Know-how zur Entwicklung von Branchenstandards in Bezug auf das Erstellen von Klimastrategien ‒ Unterstützung bei der Anpassung an die neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen wie: Zeit-Ziel 2045 und Null- Emissionen Werkzeuge ‒ die dynamische Weiterentwicklung der IW.2050-Excel- ‒ das Erstellen von Lehrvideos, Vorträgen, Foliensätzen, einem Glossar, FAQs sowie das Institutionalisieren eines Helpdesks ‒ die Entwicklung zeitnaher Lösungsstrategien zur Umsetzung in den Unternehmen, ferner die Unterstützung bei diesem Prozess mit dem Ziel der zukunftssicheren Weiterentwick- lung der Partnerunternehmen und dem Erhalt ihrer wirt- schaftlichen Handlungsfähigkeit seitens der Politik ‒ das Einfordern verlässlicher finanzieller Unterstützungen ‒ die unternehmerische Beweisführung zur Unterstützung der ‒ das Aktivieren, Befähigen und Motivieren von Mitarbeitenden politischen Arbeit der Branchenverbände und Kundinnen/Kunden (Mieter:innen) in Bezug auf den Klimaschutz und die Förderung damit verbundener Vorgehens- und Verhaltensweisen ‒ die Übernahme einer Vorreiterrolle – auch im Hinblick auf ‒ das engagierte Sensibilisieren und Informieren der Öffent- Offenheit bei Technologien und Fortschreibung lichkeit in Bezug auf das Thema Klimaneutralität in der Wohnungswirtschaft ‒ Mitwirkung am neuen EBZ-Studiengang „Bachelor of Sciences Energiemanagement Gebäude und Quartiere“ sowie bei Kon- zeption und Umsetzung des berufsbegleitenden Lehrgangs „Klima-/Energie- und Nachhaltigkeitsmanagement“, um der Branche gut ausgebildete und dringend benötigte Fachkräfte zuzuführen

17 DIE IW.2050 GEMEINSAME ERFOLGE Über 2,1 Mio. Wohneinheiten 1/3 des GdW > 60 Fach-Veranstaltungen mit zielgruppenfokussierten Veranstaltungsformaten Über 180 Unternehmenspartner 11 institutionelle Partner Unterstützung des politischen Dialogs des GdW und der Verbände Fachartikel in branchenrelevanten Medien + Social Media 3 Excel-Werkzeuge zur Erarbeitung der individuellen Klimastrategie 100 % der Partnerunternehmen können damit eine Klima strategie erarbeiten 180 Partner (Stand: September 2022) 3.3. ERFOLGE UND AKTIVITÄTEN Nach zweieinhalb erfolgreichen Jahren, gekennzeichnet durch ‒ ein zeit- und bedarfsgetriebenes rasches Wachstum auf aktuell ‒ öffentliche Auftritte von Vorstandsmitgliedern bei Kongressen ‒ die Implementierung eines jährlichen Fachkongresses ‒ das Etablieren einer Veranstaltungsstruktur: Halbjahres- und in Fachrunden zum Thema Klimaneutralität Auftakte, Geschäftsführer-Infoveranstaltungen und halb- jährliche Basis-Veranstaltungen – bspw. „Starter-Paket“ oder „Dreiklang Klimastrategie“ ‒ rund 60 Online-Fachveranstaltungen – darunter: Work- shops, Web-Dialoge, Regionale Austausch-Treffen, Veran- staltungen für Führungskräfte, Jahresversammlungen ‒ das Etablieren neuer zielgruppenspezifischer Veranstaltungs- formate, um der Differenziertheit der Branche entgegenzu- kommen eingeführten Excel-Werkzeuge ‒ das Weiterentwickeln der bereits 2020 erarbeiteten und ‒ den kontinuierlichen Ausbau des Wissenspools (der sich 2023 in einer umfangreichen Praxisdatenbank manifestieren soll) ‒ einen ersten Praxisbericht zur Darlegung der Ist-Situation in 2021 startete die IW.2050 in das dritte Jahr ihres Bestehens. Nach einem rapiden Mitgliederzuwachs von über 100 Prozent in 2021 scheint weiteres Wachstum vorprogrammiert – ein deutliches Indiz dafür, wie sehr die Klima-Thematik die Wohnungswirtschaft umtreibt. Um noch detailliertere Lösungen zu erarbeiten, wurden 2021 Pioniergruppen zu FokusThemen, die einer baldigen Lösung bedürfen, ins Leben gerufen: Optimierung des Heizanlagenbetriebs ‒ Quantifizierung der erreichbaren CO2- und Brennstoffkosten- Einsparung durch optimale Einstellung von (Gas-) Heizanlagen (in Relation zu den Installations- und Betriebskosten der effizienten Anlagensteuerung) ‒ Entwicklung von Lösungsvorschlägen zur technischen und organisatorischen Umsetzung eines optimierten Heizanla- genbetriebs (mögliche Zusatzaspekte: Fernzugriff und -steue- rung, messdatenbasierte, technische Anlagenbewertung, Störungs-/Wartungsmanagement, Herstellerunabhängigkeit) Personalentwicklung für den Klimaschutz ‒ Die Rolle und das Selbstverständnis von Personalentwicklung bei der Umsetzung von Klimastrategien im Unternehmen ‒ Entwicklung eines einfachen „Kompetenzradars“: Wel- che Kompetenzen benötigen die Mitarbeiter:innen in

PRAXISBERICHT 2021/2022 18 ihren jeweiligen Rollen (Technik, Bauen, Bewirtschaftung, Betriebskosten, Rechnungswesen u. a.) für die operative Umsetzung von Klimastrategien? ‒ Entwicklung von ersten Ansätzen für den Kompetenzaufbau ‒ Aufbau von Rekrutierungsstrategien und das Wissensmanagement in Wohnungsunternehmen Nutzerverhalten ‒ Wirkung von Mieterverhalten ‒ Gestaltung und Wirkung von Feedback-Systemen ‒ Aktive Unterstützung des Mieters durch Assistenzlösungen Kommunikation des Klimapfads im Unternehmen ‒ Sensibilisieren für und Bekanntmachen des Klimapfads im Unternehmen: Was bedeutet das, wo stehen wir, was liegt vor uns? ‒ Organisatorische Umsetzung der Kommunikation: Wer ist wann, ggf. wie oft, wie tief und in welchem Rahmen einzubinden? ‒ Inhaltlicher Aufbau: Wie kann das Thema aufbereitet, vertieft und erweitert werden? Graue Emissionen ‒ Gemeinsames Verständnis zur Ermittlung von Grauen Emis- sionen (Scope, Datenquellen, Faktoren, Wirkungen, …) auf Unternehmens- und Projektebene ‒ Entwickeln eines Positionspapiers zur Bereitstellung für alle ‒ Mitwirkung an der Etablierung eines neuen Know-how- Partner-Unternehmen Moduls der IW.2050 für die Partner-Unternehmen Management von Klimarisiken ‒ Identifikation und Bewertung von Klimarisiken ‒ Wie sollen Klimarisiken in das Risikomanagement und in unternehmerische/betriebswirtschaftliche Entscheidungen integriert werden? ‒ Welche regulatorischen Anforderungen gilt es zu beachten? ‒ Wie sollen die identifizierten Klimarisiken behandelt werden? Anforderungen zur Erreichung der Klimaneutralität Finanzierbarkeit der Klimaneutralität ‒ Bewertung der finanziellen Auswirkungen der erhöhten ‒ Bewertung von Szenarien bis 2045, Bewertung der Auswir- kungen auf Unternehmensebene – langfristige Wirtschaftspla- nung, notwendiger Fördermittelbedarf, CO2-Abgabe-Belastung In Planung sind weitere, am Bedarf und an der Dringlichkeit der jeweiligen Thematik ausgerichtete Pionierthemen: ‒ Denkmalgeschützter Gebäudebestand ‒ Holzbau ‒ Regenerative Stromerzeugung ‒ Regenerative Wärmeversorgung ‒ Sanierungsgeschwindigkeit ‒ Sektorkopplung Die intensive Nutzung der Angebote der IW.2050 sowie der ihr angeschlossenen Branchenverbände und der EBZ ver- deutlichen, wie sehr der gangbare und schnelle Weg zur Klima- neutralität alle Unternehmen umtreibt – unabhängig von Gesellschaftsform und Größenordnung. 85 Prozent der befragten Unternehmen nutzen die IW.2050-Angebote. ARBEITSMITTEL DER IW.2050 DAS PORTFOLIO VON VERANSTALTUNGEN, WERKZEUGEN UND WISSEN VERANSTALTUNGEN WERKZEUGE Web-Konferenz Web-Konferenz Bilanzierungs-Werkzeug WISSEN Praxisbericht Web-Seminare Technik-Werkzeug Praxisdatenbank Web-Workshop Web-Dialog Web-Praxisaustausch Projektarbeit Pionierthemen Finanzierungs-Werkzeug Bilanzierungshandbuch Erklärmaterial Setzungen für Arbeitsfähigkeit Umrechnungs-Werkzeug Prozesse Glossar

19 SCHNELLER ZUR KLIMASTRATEGIE DURCH GEMEINSAME KLÄRUNG ZENTRALER FRAGESTELLUNGEN WOHIN geht die Reise? Erfassung der Höhe der zu reduzierenden CO2-Emissionen WIE wird das Ziel erreicht? Aufbau einer Umsetzungsstrategie WIE VIEL Finanzierungsaufwand ist notwendig? Kalkulation der Umsetzungskosten K L I M A S T R A T E G I E gebäude als Ausgangspunkt 3.4. INSTRUMENTARIUM MIT PRAXISBEZUG Um Klimaneutralität erreichen zu können, braucht es als Grundlage: ‒ die Kenntnis über die heutigen Emissionen der Bestands- ‒ eine Szenarien-Simulation der erforderlichen technischen ‒ der dazugehörigen Größenordnungen pro Jahr ‒ einer Abschätzung der entstehenden Kosten ‒ eine Einschätzung der dazugehörigen Wirkung auf die lang- Maßnahmen fristige wirtschaftliche Entwicklung der Unternehmen Genau das vermittelt die IW.2050 mit zahlreichen Online-Schu- lungen, dem Erfahrungs- und Wissensaustausch – regional und überregional – zur gemeinsamen Suche nach den besten Lösun- gen zur Umsetzung in der wohnungswirtschaftlichen Praxis. Eine besondere Rolle kommt den von einem Fachteam unmittelbar nach Start der Initiative entwickelten Excel basierten Rechenwerkzeugen zu. Der Hintergrund: Ohne eine dezidierte Simulation – vom Ziel der Klimaneutra- lität in 2045 ausgehend zurück zur Ist-Situation im Jahr 2022 – kann kein Unternehmen die Tragweite der Auswir- kungen auf die Entwicklung und damit über die notwendige Transformation in allen Organisationseinheiten erkennen und erfassen. Es muss zunächst Klarheit geschaffen wer - den über die größten Hebel auf die CO2-Emissionen wie auch über zielgerichtete und fehlleitende Maßnahmen und Investitionen. Um diese Transparenz schnellstmöglich herbeizuführen und um die Partnerunternehmen bei der täglich wachsenden Zahl von Fragen rund um die Entwicklung ihrer Klimastrategie zu unterstützen, hat das Fachteam der Initiative Wohnen.2050 schon 2020 innerhalb kürzester Zeit Bilanzierungsrahmen und regeln sowie drei Werkzeuge entwickelt, die seither intensiv genutzt und kontinuierlich gemeinsam bedarfsgerecht weiterentwickelt werden. WIE ERSTELLEN WIR EINE KONZERN-ENERGIEBILANZ? WIE ERMITTELN WIR UNSER CO2-BUDGET? AN WELCHEN POLITISCHEN ZIELEN ORIENTIEREN WIR UNS? WIE FINANZIEREN WIR DAS? TECHNOLOGIE- OFFENHEIT! WAS SIND UNSERE BILANZGRENZEN? MÜSSEN WIR DIE MODERNISIERUNGSQUOTE STEIGERN? BRANCHENSTANDARDS SCHAFFEN! WAS SIND GEEIGNETE TECHNISCHE MASSNAHMEN? FORTSCHREIBUNGS- OFFENHEIT! KERNGESCHÄFT SICHERN! ZIELGERICHTETE UMSETZUNG ERMÖGLICHEN! KLARHEIT SCHAFFEN! FINANZIERBARKEIT SICHERSTELLEN! SICHERHEIT BIETEN

PRAXISBERICHT 2021/2022 20 SCOPE 1 SCOPE 2 SCOPE 3 EMISSIONSBEREICHE N E M H E N R E T N U T M A S E G 0 Wohnungsbestand 5 0 2 W . I Gewerbebestand Betriebsgebäude & Fuhrpark ‒ Beheizung ‒ Warmwasserbereitung ‒ Kältemittel ‒ Beheizung ‒ Warmwasserbereitung ‒ Kältemittel ‒ Beheizung ‒ Kältemittel ‒ Fuhrpark ‒ Hilfsstrom ‒ Fernwärme ‒ Nahwärme ‒ Hilfsstrom ‒ Fernwärme ‒ Nahwärme ‒ Strom ‒ Fernwärme ‒ Nahwärme Bilanzierung gemäß GHG-Protocol ‒ Energiebezogene Vorkette ‒ Energiebezogene Vorkette ‒ Energiebezogene Vorkette 3.4.1. Bilanzierungsrahmen und Bilanzierungsregeln Die IW.2050 hat schon 2020 im Schulterschluss mit dem GdW erstmals einen einheitlichen und vergleichbaren Bilanzie- rungsrahmen für die Branche geschaffen: Die Bilanzierung der Treibhausgas-Emissionen erfolgt synchronisiert mit der GdW- Arbeitshilfe 85 „CO2-Monitoring. Erhebung und Verarbeitung von Energieverbrauchswerten, Aggregation, Monitoring und Berichterstattung über CO2- und Treibhausgasemissionen“. Sie folgt den Regeln des Green-House-Gas-Protocols (GHG) und der Nachhaltigkeitsberichtserstattung nach DNK (Deutscher Nachhaltigkeitskodex) beziehungsweise GRI (Global Reporting Initiative) Standard. Abgebildet wird der Bestand an Wohn- gebäuden als Kerngeschäft der Partnerunternehmen, der Betrieb eigener Geschäftsgebäude, der eigene Fuhrpark und weitere Geschäftsfelder können optional ergänzt und informativ ausge- wiesen werden. Alle IW.2050-Partnerunternehmen haben somit die Möglichkeit, sich mit dem Werkzeug allein auf den Wohn- gebäude-Bestand zu fokussieren. Sie können jedoch auch eine vollständige Unternehmensbilanz (CCF – Corporate Carbon Footprint) erstellen. Für die Berechnung werden die Faktoren der Treibhausgas- Emission nach GEMIS herangezogen sowie Faktoren aus der oben genannten GdW-Arbeitshilfe 85. Die Tatsache, dass beide Quellen verwendet werden, ermöglicht die Nutzung im Rahmen des nationalen Emissionshandels, bei der Berechnung der CO2-Abgabe wie auch im Nachhaltigkeits-Reporting der Unternehmen. 3.4.2. Drei Werkzeuge zu Bilanzierung, Technik und Finanzierung Die Werkzeuge sind eine fundierte Basis für die Vorbereitung, Erstellung und Umsetzung individueller Klimastrategien. Das Arbeiten mit ihnen ist heute allen Partnerunternehmen direkt nach Beitritt möglich – egal, welcher Unternehmensgröße und egal, wo sie bei Eintritt in die IW.2050 in ihrer Analyse und Entwicklung stehen. Mit dem von der IW.2050 erstellten Kanon an Instrumenten liegt der Wohnungswirtschaft erstmals ein vollständiger, bedarfsgerechter und ressourcensparend zu nutzender Werk- zeugkasten vor. Er versetzt Wohnungsgesellschaften jeder Größen ordnung in die Lage, mit geringstmöglichem Aufwand eine umfangreiche, konsequente, langfristige und detaillierte unternehmensstrategische Ausrichtung auf die Klimaziele des Pariser Abkommens vorzunehmen. Mittels eines Zeit-Maßnah- men-Kosten-Katalogs ist es jedem Unternehmen möglich, zeit- nah seinen Zielkurs auszurichten. Damit werden Stranded Assets und andere Risiken reduziert oder gänzlich vermieden. Alle drei Werkzeuge sind Excel-basiert, verwenden keine Makro- Funktionen und sind somit ohne IT-Einschränkungen nutzbar. Tabellenblätter können meist problemlos auf die konkrete Situ- ation im Unternehmen angepasst werden: ‒ das CO2BilanzierungsWerkzeug dient der Erstellung einer CO2-Ist-Bilanz des Gesamtunternehmens und des Wohngebäude-Bestands sowie der Ableitung eines CO2- Zielpfads ‒ das TechnikWerkzeug sorgt für die überschlägige Bilan- zierung der vorhandenen Wohngebäude und die Entwicklung von Modernisierungsstrategien sowie diesbezüglicher In- vestitionskosten ‒ das FinanzierungsWerkzeug unterstützt bei der Abbildung der Auswirkungen dieser zusätzlichen Investitionskosten auf die jeweilige Unternehmensbilanz und dient als solide Basis für die Finanzierungsplanung

21 CO2-BILANZIERUNGS-WERKZEUG BEARBEITUNGSSCHRITTE Basisdaten zu Unterneh- men und Berichtsjahr in Dashboard eingeben Auswahl der einzelnen Aktivitäten (z. B. Ver- brennung von Erdgas für Heizung) je Zeile Optionale Angaben zur verantwortlichen Person, Quelle und Datenqualität machen Eine Auswahl für die Art und Weise der Klima- bereinigung treffen Auswertung der Eingaben in der CO2-Bilanz für Wohnungsbestand und Unternehmen sowie den Reduktionspfad bis 2045 ablesen Korrespondierende Aktivitätsrate (Energie- menge) und Verbrauchs- einheit angeben Aktivitätsdaten für Wohnungsbestand, Gewerbe bestand, Verwaltungs- und Betriebsgebäude, Fuhrpark und Bauprojekt in Dateneingabe eintragen Bei leitungsgebundener Energie (z. B. Strom, Fernwärme) nach Mög- lichkeit den anbieterspe- zifischen Emissionsfaktor hinterlegen Verbindung zum Technik-Werkzeug Vorgang für die ge- samten im Berichtsjahr anfallenden Aktivitäten im Wohnungsbestand wiederholen TECHNIK-WERKZEUG BEARBEITUNGSSCHRITTE Bestand in Gruppen mit ähnlicher Hülle und gleicher Technik aufteilen Wärmeerzeugungs anlage vor Modernisierung wählen Detailblatt je Gruppe anlegen und verknüpfen Übertrag ins Bilanzie- rungs-Werkzeug Wärmeerzeugungs- anlage und ggf. Strom- erzeugungsanlage nach Modernisierung wählen Ggf. Hintergrunddaten (Emissionsfaktoren, Energie- oder Modernisie- rungspreise) anpassen Daten aus dem Bilanzie- rungs-Werkzeug Basisdaten (Wohn- fläche, Anzahl WE) je Gruppe eingeben Heizwärmebedarf je Gruppe eingeben oder passende Bau- altersklasse wählen Heizwärmebedarf nach Modernisierung eingeben oder Energiestandard wählen Geplanten Modernisie- rungszeitraum und -quote eingeben THG Emissionen IST und WIRD (2045) ablesen FINANZIERUNGS-WERKZEUG BEARBEITUNGSSCHRITTE Übertragung der Daten aus Eingabe der Portfolio- dem Technik-Werkzeug zusammensetzung Festlegung der Eigenkapitalquote als einzuhaltenden Zielwert Eingabe von genutzten Fördermitteln Ablesen der Summe des benötigten Zuschusses Daten aus dem Technik- Werkzeug Einstellung der Entwick- lung der CO2-Besteuerung Eingabe von Werten aus der Wirtschaftsplanung, der GuV und der Bilanz Ggf. Anpassung von voreingestellten Default-Werten Ermittlung des notwendigen Zuschusses

PRAXISBERICHT 2021/2022 22 VOM ENDE HER DENKEN VOM ZIEL IN DER ZUKUNFT IN DIE GEGENWART PLANEN IST-ANALYSE zur Ermittlung der notwendigen REDUKTIONEN bis 2045 ZIEL Klimaneutraler Gebäudebestand Reduktionspfad planen und abstimmen ‒ Neubau ‒ Ersatzbau ‒ Modernisierungsquote ‒ Erneuerbare ‒ Produktion Erneuerbarer Wärmeversorgung Energien Umsetzung starten Monitoring der Umsetzung und Zielerreichung Heute 2045 SCHRITTFOLGE ZUR KLIMASTRATEGIE ERARBEITEN, ABSTIMMEN, UMSETZEN ‒ Rahmenbedingungen für langfristig stabile Vermögens-, Finanz-, Ertragslage ermitteln management ‒ Abgleich mit Portfolio- und Mieten- ‒ Lösungen für Finanzierungslücken ‒ Klimastrategie ableiten und mit der Unternehmensstrategie in Einklang bringen erarbeiten ‒ Folgejahre: Veränderungen beschließen und weitere Umsetzung ermöglichen definieren ‒ Maßnahmen zur Zielerreichung ‒ Folgejahre: Maßnahmenumsetzung verifizieren und bei Bedarf Maßnahmen und Handlungsschritte anpassen ‒ CO2-Zielpfad entwickeln IST-ANALYSE zur Ermittlung der Ausgangssituation ‒ energetische Ist-Bilanz erstellen ‒ Folgejahre: Zielcontrolling auswerten ‒ CO2-Budget ermitteln

23 3.4.3. Klimastrategien mit System angehen Die Zeit drängt immens, Baumaterial und Fachpersonal ist rar und Wohnungsunternehmen benötigen Unterstützung in jeder Hin- sicht. Fachteam und Partner in der IW.2050 haben daher als wei- tere Hilfestellung auf Basis der Werkzeuge die Schrittfolge für die individuelle Klimastrategie eines Wohnungsunternehmens aus- gearbeitet. Damit wurde eine professionelle Basis geschaffen, um ‒ Daten zu erheben ‒ Korrelationen derselben herzustellen ‒ Ab- und Zeitläufe festzulegen ‒ Kosten zu eruieren ‒ Investitionsbedarfe zu erkennen ‒ langfristige Wirtschaftsplanungen zu erstellen DREIKLANG ZUR KLIMASTRATEGIE Energetische Ist-Bilanz erstellen Klimastrategie beschließen CO2-Budget ermitteln Klimastrategie ableiten und mit der Unternehmensstrategie in Einklang bringen Maßnahmen zur Zielerreichung definieren Lösungen für Finanzierungs- lücken erarbeiten CO2-Zielpfad entwickeln Abgleich mit Portfolio- und Mietenmanagement Kosten der Umsetzung ermitteln Rahmenbedingungen für langfristig stabile Vermögens-, Finanz-, Ertragslage ermitteln KLIMASTRATEGIE ERARBEITEN ‒ Bilanzierungs-Werkzeug ‒ Technik-Werkzeug KLIMASTRATEGIE ABSTIMMEN ‒ Finanzierungs-Werkzeug Folgejahre: Veränderungen beschließen und weitere Umsetzung ermöglichen Energetische Ist-Bilanz erstellen Folgejahre: Zielcontrolling aufbauen/auswerten Klimastrategie ableiten und mit der Unternehmensstrategie in Einklang bringen Lösungen für Finanzierungs- lücken erarbeiten CO2-Budget ermitteln Maßnahmen zur Zielerreichung definieren Folgejahre: Maßnahmenum- setzung verifizieren und bei Bedarf Maßnahmen und Hand- lungsschritte anpassen Abgleich mit Portfolio- und Mietenmanagement CO2-Zielpfad entwickeln Rahmenbedingungen für langfristig stabile Vermögens-, Finanz-, Ertragslage ermitteln Kosten der Umsetzung ermitteln KLIMASTRATEGIE UMSETZEN

PRAXISBERICHT 2021/2022 26 4. PRAXISFAKTEN AUS DER WOHNUNGSWIRTSCHAFT 4.1. DER STATUS QUO „Die Wohnungswirtschaft“ als homogenen Block mit einheit- licher Definition einzustufen, geht stark an der Realität vorbei, ist aber ein leider oft gewählter falscher Ansatz. Die reale Di- versität der Branche spiegelt sich auch in der IW.2050 wider, die über Partner in den unterschiedlichsten Betriebsgrößen verfügt: Kleinere Betriebe mit unter 1.000 bis hin zu den Gi- ganten der Branche mit hunderttausend Wohneinheiten und mehr. Auch die vielfältig vertretenen Gesellschaftsformen – wie AG, SE, GmbH, eG, Stiftung oder KWG mit kommunalem Hintergrund – belegen, wie sehr die Klimafrage und das Er- reichen eines Null-CO2-Wertes alle Unternehmen in Anspruch nimmt und maximal fordert. Trotz der Unterschiede in Größe und Organisationsform gibt es eine nicht unerhebliche Schnitt- menge bei den Problemstellungen und Lösungsansätzen, die das Erzielen der Klimaneutralität bis 2045 mit sich bringt. Als Basis für die in diesem Kapitel aufgeführten Praxisfakten diente daher eine Erhebung bei IW.2050-Partnerunternehmen und -Institutionen, durchgeführt im März/April 2022. Teilge- nommen haben 68 Unternehmen – rund zwei Drittel mehr als noch beim 1. Praxisbericht im Jahr 2021 – und sieben Regional- verbände. Die Tatsache, dass alle neben dem derzeit besonders anspruchsvollen Tagesgeschäft dazu beigetragen haben, Mate- rial für die unternehmerische Beweisführung zur Verfügung zu stellen, unterstreicht die Dringlichkeit, ein besseres Ver- ständnis für die Anforderungen der wohnungswirtschaftlichen Alltagspraxis zu vermitteln. Soziale Wohnungsunternehmen sind Träger des Gemeinwohls in Deutschland und erbringen einen erheblichen Beitrag zur sozialen Nachhaltigkeit. Diese Kernaufgabe bringt aber Sachzwänge mit sich, die für einen erfolgreichen Weg zur Klimaneutralität beachtet und gelöst werden müssen. Die in den folgenden Kapiteln dargelegten Fakten wurden zu 58 Prozent von GmbHs, zu 27 Prozent von eGs, zu 7 Prozent von AGs und zu 4 Prozent von SEs zugeliefert. 55 Prozent ha- ben zwischen 1.500 bis 9.999 Wohneinheiten in ihrem Portfolio – sie repräsentieren die größte Gruppe innerhalb der IW.2050, 19 Prozent verfügen über eine Anzahl von Wohneinheiten zwischen 10.000 und 39.999, 14 Prozent über 40.000 und sechs Prozent unter 1.500 Wohnungen – ein Querschnitt der Branche. Insgesamt stehen hinter der Befragung 68 Wohnungsunter- nehmen. VERTRETENE GESELLSCHAFTSFORMEN IM BERICHT VERTRETENE UNTERNEHMENSGRÖSSEN IM BERICHT (WE = WOHNEINHEITEN) 3; 4 % 1; 2 % 1; 2 % 5; 7 % 39; 58 % 18; 27 % 4; 6 % 9; 14 % 4; 6 % 13; 19 % 37; 55 % < 1.500 WE 1.500 – 9.999 WE 10.000 – 39.999 WE > = 40.000 WE keine Angabe zur Unternehmensgröße SE Stiftung KWG AG eG GmbH

27 SEIT WANN IST IHRE KLIMASTRATEGIE FERTIGGESTELLT? FÜR WANN IST DIE FERTIGSTELLUNG GEPLANT? n e m h e n r e t n U r e d l h a z n A 30 25 20 15 10 5 0 27 14 8 6 9 1 2019 1 1 2020 2021 2022 2023 2024 keine Antwort Klimastrategie fertiggestellt Fertigstellung geplant keine Antwort VERTEILUNG DER WOHNEINHEITEN AUF DIE GESELLSCHAFTSFORMEN DER UNTERNEHMEN IM BERICHT 218.624; 11 % 882.734; 44 % 388.117; 20 % 499.875; 25 % 5.400; 0 % AG eG GmbH Stiftung SE Wie intensiv die Unternehmen in der IW.2050 schon seit 2019 an ihren individuellen Klimastrategien arbeiten, belegen die ermittelten Zahlen. Unter den befragten Wohnungsunter- nehmen haben ‒ 24 Prozent ihre Klimastrategie bereits vor 2022 abge ‒ 40 Prozent planen den Abschluss in 2022, ‒ weitere 21 Prozent in 2023. ‒ Bei zwei Prozent wird es definitiv später als 2023 werden, ‒ 13 Prozent konnten sich zeitlich nicht festlegen. schlossen, Vorreiter bei abgeschlossenen Klimastrategien sind die großen Unternehmen mit entsprechenden Personalkapazitäten und eigenen Abteilungen. Sie hatten größtenteils bereits 2019 ihre Strategien fertiggestellt, bis Ende 2021 hatten alle die Erstellung abgeschlossen. Über ein etabliertes Zielcontrolling, das kontinuierlich die in der Klimastrategie festgelegten Werte überprüft, an – ständig

PRAXISBERICHT 2021/2022 28 STAND: UMSETZUNG DER KLIMASTRATEGIE AUSWERTUNG NACH UNTERNEHMENSGRÖSSE, ANTEILIG ZU DER JEWEILIGEN GRÖSSENKATEGORIE (MEHRFACHNENNUNGEN MÖGLICH) FORTSCHRITT ENTWICKLUNG KLIMASTRATEGIE noch nicht angefangen Klimastrategie Klimastrategie Klimastrategie Aufbau erstellen abstimmen umsetzen Zielcontrolling Zielcontrolling verhandeln < 1.500 WE 33 % 67 % 0 % 33 % 0 % 0 % 1.500 – 9.999 WE 14 % 76 % 28 % 28 % 14 % 0 % 10.000 – 39.999 WE 0 % 89 % 67 % 67 % 56 % 0 % E S S Ö R G S N E M H E N R E T N U > = 40.000 WE 0 % 44 % 33 % 22 % 22 % 56 % HABEN SIE FÜR DIE ENTWICKLUNG EINER KLIMASTRATEGIE EINE EIGENE ABTEILUNG? WENN NEIN, HABEN SIE DIESE GEPLANT? 100 % 80 % 60 % 40 % 20 % 0 % 69 % 44 % 22 % 22 % 8 % < 1.500 WE 1.500 – 9.999 WE 10.000 – 39.999 WE > = 40.000 WE Abteilung für Klimastrategie vorhanden Abteilung für Klimastrategie geplant wechselnde und veränderte – neue gesetzliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen an- passt, Förderungen und Veränderungen im Finanzsektor – wie Zinssituationen – berück- sichtigt und entsprechend korrelierende Werte angleicht, verfügen aktuell vorrangig einige we- nige mittlere und große Unternehmen. Erstere haben ihr Zielcontrolling fertiggestellt; Letztere sind schon in der operativen Umsetzung. Um eine Klimastrategie mit vorausgehender Bilanzierung zu erstellen, bedarf es bereichs- übergreifend enormer Personalkapazitäten. In Zeiten des Fachkräftemangels ist dies ein weite- res Problem, mit dem sich die Wohnungswirt- schaft arrangieren und auseinandersetzen muss. Immerhin ist bei 17,2 Prozent der IW.2050- Partnerunternehmen in der Kategorie von 1.500 bis 9.999 Wohneinheiten eine eigene Abteilung für Klimastrategie/Klimaneu tralität vorhanden, bei 10,34 Prozent ist sie zumindest in Planung. 55,6 Prozent der Un- ternehmen mit einer Wohneinheiten-Anzahl zwischen 10.000 und 39.999 verfügen ebenfalls über ein eigens hierfür ausgelegtes Ressort. 44,4 Prozent der Wohnungsunternehmen mit

29 Beständen ab 40.000 Wohneinheiten aufwärts haben eine solche Abteilung bereits eingerichtet, 22,22 Prozent planen dies derzeit. Nach Gesellschaftsform liegen SEs mit 66,7 Pro zent vorn, was eine eigene Klimastrategie-Abteilung angeht, gefolgt von GmbHs mit 32,4 und AGs mit 20 Prozent. Nahezu ausnahmslos wird bei der Erlangung der Klimaneutralität das gesamte Unternehmen auf den Klimaschutz – und alle damit in Verbindung stehenden angestrebten Ziele – ausgerichtet. Damit dominiert dieses Thema übergreifend das Tagesgeschäft und die Entwicklung des gesamten Unternehmens. WER/WELCHE STELLE BESCHÄFTIGT SICH STRATEGISCH MIT DEM THEMA KLIMASTRATEGIE? GF Strategie Bauen Technik Nachhaltigkeits- management Finanzen Risiko Bestand Sonstiges 0 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % < 1.500 WE 1.500 – 9.999 WE 10.000 – 39.999 WE > = 40.000 WE keine Angabe zur Unternehmensgröße

PRAXISBERICHT 2021/2022 30 Wie die grafische Auswertung zeigt, sind im Schnitt in erster Linie fünf Bereiche mit der Klimaanpassung befasst: Ge schäftsführung/Vorstand sowie die bauenden und finanz wirtschaftlichen Bereiche sind am stärksten involviert, gefolgt von den technischen Bereichen und – soweit vorhanden – dem Nachhaltigkeitsmanagement. Diese Evaluierung ist größtenteils unabhängig von der jeweili- gen Unternehmensform und auch der -größe. Bei den Unter- nehmen mit mehr als 10.000 Wohneinheiten kommt häufig noch die Einbeziehung der StrategieAbteilung hinzu. Somit wird deutlich, dass große Teile der unternehmerischen Abläufe der genannten Abteilungen zugunsten der zeitnahen Ausarbei- tung einer Klimastrategie zurückgestellt werden müssen. Fazit: Je größer die Unternehmen werden, desto eher sind strategische Fragestellungen in eigene Abteilungen aus gegliedert. Mehr als die Hälfte der Unternehmen über 10.000 Wohneinheiten haben eigene strategische Abteilungen, die Klimastrategie-Themen mit bearbeiten. Bei den großen Un- ternehmen (über 40.000 Wohneinheiten) wird diese Arbeit vom eigenen Nachhaltigkeitsmanagement übernommen. Den- noch ist selbst bei zwei Drittel der großen Unternehmen mit über 40.000 Wohneinheiten das Thema „Klimastrategie“ direkt bei der Geschäftsführung angesiedelt. Bei kleinen und mittleren Unternehmen sind Bau- und Technik-Abteilungen (mittelblau und hellgrün) in strategische Fragen zur Klima- strategie eingebunden, bei großen Unternehmen nimmt der Einfluss dieser Abteilungen ab. Insbesondere bei Unterneh- men über 10.000 bis zu 40.000 Wohneinheiten sind die Finanzierungabteilungen (gelb – fast 90 Prozent) stark in die Klimastrategie eingebunden. Bei größeren Unternehmen nimmt dieser Einfluss wieder ab. Geht es von der Projektierung und Planung in die operative Phase über, verschieben sich die Verantwortlichkeiten eindeutig in Rich- tung Bauen, Technik, Bestand (Modernisierung und energeti sche Sanierung) sowie Finanzen (siehe Grafik unten). 4.1.1. CO2-Bilanzierung mit IW.2050-Werkzeugen Zur Erarbeitung ihrer Klimastrategie werden von den Partnerun- ternehmen die von der IW.2050 entwickelten Werkzeuge heran- gezogen, die auch den angeschlossenen Branchenverbänden zur Verfügung stehen. Besonders das CO2-Bilanzierungs-Werkzeug wird häufig genutzt, da es schnell zur Transparenz verhilft, was die Situation der Bestände in Bezug auf deren aktuelle Treibhaus- gas-Emissionen angeht. Es wird bevorzugt angewandt von kleineren (33 Prozent) und vor allem mittelgroßen Unter nehmen (72 und 56 Prozent), die sich so – trotz häufigem Ka- pazitätsmangel – schnell einen Überblick und eine Planungsbasis verschaffen können. Aber auch die großen der Branche setzen es ein. Sowohl das Technik- als auch das Finanzierungs-Werkzeug werden bislang vorrangig von den Unternehmen im mittle ren Segment von 1.500 bis 39.999 Wohneinheiten genutzt. 26 Prozent der Befragten vermerkten, dass sie eigene Instru mente nutzen, die sie zum Teil vor Eintritt in die IW.2050 erstellt hatten oder die sie von anderen externen Dienstleistern hatten erstellen lassen. Letztere Kategorie nutzt jedoch nicht selten die Werkzeuge zum Abprüfen der bis dahin erzielten Ergebnis se oder überträgt eigene ermittelte Werte in die IW.2050-Werk- zeuge, um zukünftig damit weiterarbeiten zu können. WER ARBEITET AN KLIMARELEVANTEN THEMEN IM OPERATIVEN BEREICH? (MEHRFACHAUSWAHL MÖGLICH) 94 % 76 % 100 % 80 % 60 % 40 % 20 % 0 % 60 % 46 % 22 % 18 % Bauen Technik Nachhaltigkeitsmanagement Finanzen Bestand Sonstige

31 IM FOLGENDEN JE EIN BEISPIEL AUS DEN REIHEN DER IW.2050 (ANONYMISIERT) FÜR BEARBEITETE BILANZIERUNGS-, TECHNIK- UND FINANZIERUNGS-WERKZEUGE: REDUKTIONSPFAD FÜR SCOPE 1 UND 2 12.446 14.000 12.000 10.000 8.000 6.000 4.000 2.000 0 2 O C t 9.094 6.444 2.598 2018 2020 2022 2024 2026 2028 2030 2032 2034 2036 2038 2040 2042 2044 2046 2048 2050 Jahr Deutlich unter 2°C[tCO2] 1.5°C Ergebnisdarstellung des Bilanzierungs-Werkzeugs der IW.2050. Beispielhaft dargestellt ist der Reduktionspfad für ein Gesamtportfolio bis zum Jahr 2050. PROGNOSE ENTWICKLUNG DER CO2-EMMISIONEN JE QUADRATMETER WOHNFLÄCHE GESAMTPORTFOLIO DURCH MODERNISIERUNG, NEUBAU, ABRISS SOWIE DURCH ENTWICKLUNG EMISSIONSFAKTOREN UND GUTSCHRIFTEN kgCO2/m2a Prognose CO2-Emissionen Zielwert 2050 2020 2025 2030 2050 21,3 17,6 15,0 9,5 25 20 15 10 5 0 2020 2025 2030 a ² m / 2 O C g k n i i n e n o s s m E - i 2 O C ≤ 12 2035 Jahr Einheit kgCO2/m2a kgCO2/m2a kgCO2/m2a kgCO2/m2a 2040 2045 2050 Zielkorridor IW.2050 Gesamtportfolio Ergebnisdarstellung des Technik-Werkzeugs der IW.2050. Beispielhaft dargestellt ist die Entwicklung der Treibhausgas-Emissionen für ein Gesamtportfolio bis zum Jahr 2045.

PRAXISBERICHT 2021/2022 32 PROGNOSE DER ENTWICKLUNG DES JAHRESÜBERSCHUSSES IHRES UNTERNEHMENS Bezugsjahr Jahresüberschuss MIT Modernisierungen Jahresüberschuss OHNE Modernisierungen Einheit 2020 2025 2030 2050 8.053 6.684 5.608 1.656 8.053 7.212 6.078 1.890 € € € € ENTWICKLUNG JAHRESÜBERSCHUSS 9.000 € 8.000 € 7.000 € 6.000 € 5.000 € 4.000 € 3.000 € 2.000 € 1.000 € 0 € 2020 2025 2030 2050 Jahresüberschuss MIT Modernisierungen Jahresüberschuss OHNE Modernisierungen Ergebnisdarstellung des Finanzierungs-Werkzeugs der IW.2050. Beispielhaft dargestellt: Die Entwicklung der Eigenkapitalquote für ein Gesamtportfolio bis zum Jahr 2045 ohne (gepunktete Linie) und mit (grüne Linie) auskömmlicher Zuschuss-Förderung. Zum Vergleich wird die Entwicklung der Eigenkapitalquote ohne Umsetzung der Klimastrategie (blau) abgebildet.

33 Stimmen der IW.2050-Partner zu den IW.2050-Werkzeugen Bei der Einarbeitung und zur Bestimmung der Tiefe bzw. Komplexität, haben uns die Plattform und die Videomitschnitte zu den Werkzeugen und ihrer Nutzung sehr geholfen…. Groß - artige Unterstützung – vor allem in der Einarbeitungsphase ein echter Mehrwert. Stadtbau Aschaffenburg GmbH Die Werkzeuge liefern gute Grundlagen und Kennwerte für Klimapfad-Entwicklung. ProPotsdam GmbH Ein größerer Aufwand besteht in der Datenzusammentragung. Danach sehr sinnvolle Tools mit aussagekräftigen Ergebnissen. Sozialbau Kempten GmbH Bilanzierungs-Werkzeug sehr gut, Technik-Werkzeug sehr umfang- reich und mit sehr viel Manpower verbunden, die im Unternehmen derzeit nur schwer geleistet werden kann. Gewag Wohnungsaktiengesellschaft Remscheid Als Planungstool (Maßnahmen-Planung) anerkannt und praxistauglich. Spar- und Bauverein Solingen eG Die Werkzeuge funktionieren gut. Wir nutzen das Technik-Werk- zeug auch, um vor einer Einzelsanierung die groben Einsparungen zu berechnen. GWG – Wohnungsgesellschaft Reutlingen mbH Mit dem CO2- und dem Technik-Werkzeug kommen wir gut zurecht. Zum Finanzierungs-Werkzeug können wir noch keine Aussagen machen. Stadtbau GmbH Bamberg IW.2050-Werkzeuge sind zur fachspezifischen Nutzung sehr hilfreich und ausreichend genau verwendbar. Joseph-Stiftung Alle Werkzeuge erfüllen ausreichend ihren spezifischen Zweck. In der vorherrschenden Kombination haben sie uns die Erstellung der Klimastrategie erleichtert. Die IW.2050-Werkzeuge (insbesondere das Technik-Werkzeug) helfen uns mit ihren flexiblen Detaillierungs- graden bei der Cluster-Zuordnung. Die wissenschaftliche Komponente in allen Werkzeugen führt zu fundierten Ergebnissen und ist sehr hilfreich! KSG Hannover GmbH Die Werkzeuge sind für eine erste Analyse sehr hilfreich und geben einen ersten Überblick über den jährlichen CO2-Ausstoß sowie die Quick Wins, die mithilfe des Technik-Tools gut erarbeitet werden können. Es gibt zudem eine gute Richtlinie, welche finanziellen Mittel für die Klimaneutralität investiert werden müssen. KHW Kommunale Haus und Wohnen GmbH CO2-Bilanzierungs-Werkzeug und Technik-Werkzeug helfen sehr gut weiter. NEUWOGES – Neubrandenburger Wohnungsgesellschaft mbH Das Bilanzierungs-Werkzeug nutzen wir zur jährlichen Bilanzierung für unseren Nachhaltigkeitsbericht. Das Technik-Werkzeug verwenden wir für eine erste Grobabschätzung bzw. Verifizierung von Annahmen, in dem wir das Portfolio stark vereinfacht und zusammengefasst in einige wenige Quartiere eingeben. Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte | Wohnstadt (NHW) Das Technik-Werkzeug stellte eine sehr gute Ausgangsbasis dar. Es wurde zur Ermittlung von fünf Klimapfaden gemeinsam mit einer externen Beratung an die spezifischen Besonderheiten und Clusterungen von VIVAWEST angepasst. VIVAWEST Wohnen GmbH Das CO2-Bilanzierungstool ist wirklich sehr hilfreich für uns! Das Technik-Werkzeug kann dann genutzt werden, wenn unsere Maßnahmenpakete „geschnürt“ sind. VW Immobilien GmbH Die beiden bisher benutzten Werkzeuge sind ausreichend flexibel, um auf die jeweiligen Bedürfnisse der Unternehmen angepasst werden zu können. Wohnungsgenossenschaft 1904 e. G. Die Werkzeuge sind übersichtlich und transparent. Mit der Hilfe der Schulungen und der Erklärvideos sind sie leicht zu verwenden. Wohnbau Gießen GmbH Wir haben für die Entwicklung des Klimapfads mit einem externen Dienstleister zusammengearbeitet, der den Pfad mit seinen Tools ent- wickelt hat. Wir planen jedoch auch die Daten in die Werkzeuge der IW.2050 zu übertragen und mit diesen zu arbeiten, um das vorliegen- de Ergebnis zu verifizieren. gwg – Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft mbH Wuppertal Wir haben im Unternehmen eigene Werkzeuge erarbeitet und die Werk- zeuge der IW. 2050 zum Abgleich genutzt. Das war sehr hilfreich! Immobilien Management Essen GmbH (IME)

PRAXISBERICHT 2021/2022 34 4.1.2. Klimastrategien von IW.2050-Partnern Knapp ein Viertel der befragten IW2050Partnerunter nehmen hatten ihre Klimastrategien bereits vor 2022 abge- schlossen, knapp die Hälfte plant den Abschluss in 2022, knapp ein weiteres Viertel in 2023. Über ein Zehntel konnten sich beim Fertigstellungstermin noch nicht festlegen – als Gründe wurden von ihnen unter anderem Kapazitätenmangel, eine noch unvollständige oder vollständig erfasste Datenbasis sowie eine noch immer unklare Förderkulisse und eine daher nicht zu umreißende Finanzierungssituation genannt. Nahe - zu immer stehen die Klimastrategien auch im Kontext mit Pilotprojekten. Geplante Treibhausgas-Emissionen im Jahr 2045 pro m² Wohnfläche, basierend auf 18 IW.2050-Partner-Antworten aus dem Jahr 2022, bei Von-Bis-Zielangaben (z. B. 0 bis 12 kg/m²) wurde der Mittelwert verwendet. GEPLANTE THG-EMISSIONEN IM JAHR 2045 / 2 ] a 2 m O C g k [ Maximum 12 kg CO2 Mittelwert 8 kg CO2 Median 7,2 kg CO2 n e m h e n r e t n U r e d % 5 7 14 12 10 8 6 4 2 0 Geplante Treibhausgas-Emissionen im Jahr 2045 pro m² Wohnfläche, basierend auf 18 IW.2050-Partner-Antworten, bei Von-Bis-Zielanga- ben (z. B. 0 bis 12 kg/m²) wurde der Mittelwert verwendet. GEWOFAG: HÖHERE MODERNISIERUNGSQUOTE UND NACHHALTIGER NEUBAU Die Landeshauptstadt München hat ihrer Tochter das Ziel vor- gegeben, bis 2030 klimaneutral zu werden. Die Klimaschutz- strategie ist daher eng in den strategischen Kontext der Stadt eingebunden. Aufbauend auf politischen Vorgaben hat das Unternehmen diese im letzten Jahr präzisiert. Den Bereichen Planen, Bauen und Bestandsbewirtschaftung der Immobilien- bestände kommt dabei – wie bisher – die entscheidende Rolle zu, da hier die größten Hebel zur Klimaneutralität liegen. Die Klimaschutzstrategie gliedert sich in die vier Bereiche Gebäude, Energie, Freiraum und Prozesse. Sie behandeln strategische Themenfelder, aus denen sich wiederum Projekte und Aktivitä- ten unterschiedlicher Dimension und Ausprägung ergeben. Vorantreiben der Defossilisierung In der Dekarbonisierung der Energieträger liegt der größte und wichtigste Hebel. Für die Bestände der GEWOFAG bedeu- tet dies in erster Linie die Umstellung von Gas auf Fernwärme. In München wird diese bereits heute zum Großteil nachhaltig aus Geothermie bzw. Bioenergie gewonnen und soll bis 2040 klimaneutral sein. Um die Anschlussziele der GEWOFAG zu erreichen, wird ein vertiefter Austausch mit den Stadtwerken München fokussiert. Objekte, die nicht an die Fernwärme an- geschlossen werden können, müssen auf alternative Wärme- erzeugung umgestellt werden. Klimaneutraler Gebäudebestand Ein wesentliches Werkzeug zur Erreichung der Klimaneutrali- tät ist die Anhebung der jährlichen Sanierungsquote. Die Erreichbarkeit einer möglichst hohen Sanierungsquote wird, neben einem städtischen Sanierungsgutachten, auch in einer GEWOFAG-„Sanierungsstudie“ mit detaillierter Analyse des Portfolios untersucht: Für jedes Gebäude legt sie optimierte Standardstrategien fest und ermöglicht es, Szenarien zur Ziel- erreichung zu prognostizieren und nachzuverfolgen. Ein Erfolg hängt stark von der individuellen Betrachtung der Gebäude- typologie ab. Eine besondere Rolle spielen dabei: ‒ die Betriebsoptimierung ‒ die Verbesserung der Gebäudehülle durch Dämmung und ‒ haustechnische Modernisierungen insbesondere Heizungs- ‒ lokale Stromerzeugung durch Photovoltaik ‒ Schaffung von Umsetzungsvoraussetzungen für eine modernisierungen Fensteraustausch Steigerung der Sanierungsquote – alle abgestimmt auf Bausubstanz und Situation. Parallel zur Unternehmensstrategie wird von städtischer Seite für Bestandsmodernisierungen ein EH55Standard priori- siert. Die GEWOFAG prüft die Standards individuell im Projekt. Die technische und wirtschaftliche Machbarkeit soll auf eine

Minimierung der Treibhausgas-Emissionen ausgerichtet sein – z. B. durch Umsetzung des Quartiersansatzes und der CO2Bilanzierung auf Gebäudeebene. Nachhaltiger Neubau Die GEWOFAG verfolgt den Grundsatz, dass ein nachhaltiger Energieeffizienzhaus-Standard – bestehend aus: ‒ der Optimierung der Gebäudehülle ‒ dem Einsatz von möglichst ökologischen ‒ dem Verzicht auf zusätzliche störanfällige und nachhaltigen Materialien und wartungsintensive Technik (bspw. kon- trollierte Wohnraumlüftung) den größten Klimaschutzeffekt bringt und zu- gleich leistbar bleibt, insbesondere im tatsäch- lichen Umgang durch die Bewohnerinnen und Bewohner. Von städtischer Seite wurde für den Neubau der EH40Standard verbindlich vorgeschrieben. Er dient als Ausgangsbasis für eine technische und wirtschaftliche Machbar- keitsprüfung individuell im Projekt. 35 Ökologische Energie- Beschaﬀung erzeugung Mobilität Mobilität Energie- Energie- optimierung optimierung Energie- Finanzierung erzeugung S E S R O Z E P Immobilien- bestand & Organisation Messen & Energie- Bilanzieren erzeugung E D U Ä B E G E N E R G I E F R EIRA UM Energie- Energie- erzeugung erzeugung Energie- Wasser erzeugung Nachhaltiges Energie- Bauen & erzeugung Ökologische Baustoﬀe Flora Energie- erzeugung Fauna Energie- erzeugung Organisation Einflussbereich Strategische Themenfelder GEWOFAG-Klimaschutzschaubild mit den Einflussbereichen und strategischen Themenfeldern der Klimaschutzstrategie (Quelle: GEWOFAG) GEWOFAG: AKTUELLE CO2-EMISSIONEN FÜR WÄRME UND WARMWASSER SOWIE DER EFFEKT VON DEKARBONISIERUNGSMASSNAHMEN SANIERUNGSSTRATEGIE Aktuelle CO2-Emissionen für Wärme und Warmwasser untergliedert nach Energieträgern/Heizungsarten1 Effekt von Dekarbonisierungsmaßnahmen Schematische Darstellung, geringer und bezogen auf die Energieträger/Heizungsarten großer CO2-Reduktionseffekt Fernwärme-Neuanschlüsse2 und nachhaltiger werdende Fernwärme Nachhaltige Heizungssysteme, z. B. Wärmepumpen Dämmung und Betriebsoptimierung 100 % 55 % 15 % 30 % Gas Elektro-Nacht- speicher Fernwärme 1 Basis: Datenerhebung 02/2022; gerundet 2 Bei Gebäuden mit Gas- und Elektro-Nachtspeicherheizungen Aktuelle GEWOFAG CO2-Emissionen für Wärme und Warmwasser sowie der Effekt von Dekarbonisierungsmaßnahmen (Quelle: GEWOFAG) Plus zusätzliche Effekte durch Photovoltaik

PRAXISBERICHT 2021/2022 36 GEWOFAG: KLIMASCHUTZSTRATEGIE CO2-ABSENKUNGSPFAD, ZWISCHENSTAND 12/2021 40 35 30 25 20 15 10 5 0 -33 % -83 % 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030 2031 2032 2033 2034 2035 2036 2037 2038 2039 2040 Gesamt [CO2/m²] Mit Veränderung der Emissionsfaktoren [CO2/m²] Ohne Veränderung der Emissionsfaktoren [CO2/m²] Jahr CO2-Absenkungspfad – Mittleres Betrachtungsszenario der GEWOFAG bis 2040 bei einer jährlichen Sanierungsquote von 2,5 % (bzw. 875 Wohneinheiten) und Dekarbo- nisierungspfade der Fernwärme (Quelle: GEWOFAG) Parallel zur Dekarbonisierung der Wärmeversorgung und zu ener- getischen Modernisierungsmaßnahmen strebt die GEWOFAG auch in weiteren wichtigen Handlungsfeldern eine ganzheitliche Treibhausgas-Reduzierung an: PhotovoltaikStrategie: Die GEWOFAG sieht in ihren Be- ständen ein hohes Solarpotential. Wo immer möglich, sollen Dächer mit Photovoltaik-Anlagen ausgerüstet und der gewon- nene Strom als Mieterstrom zur Verfügung gestellt werden. Dazu wird der Zubau von PV-Anlagen im Unternehmensport- folio in drei Handlungsfeldern geprüft. Diese umfassen ‒ alle Neubau-Maßnahmen ‒ große Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen ‒ sowie die Nachrüstung des Bestands mit Ankauf von PV-Anlagen. Bauliche TreibhausgasReduzierung und klimafreundliche Baustoffe (Graue Emissionen): Die GEWOFAG engagiert sich besonders im Bereich Holzbau. In den vergangenen Jahren wurden bereits zahlreiche Objekte realisiert, weitere sind in Pla- nung und bereits in Umsetzung. Daneben spielt die Verwendung nachhaltigerer Baustoffe und Bauweisen eine immer größere Rolle, die die GEWOFAG derzeit für die eigene Planung prüft. Steigende Ansprüche an die energetische Qualität von Bauteilen und höhere Kosten erschweren einen Systemwechsel massiv. Entsprechende Förderungen sind zwingend notwendig. Mobilität: Insbesondere im Neubau werden seit vielen Jahren alternative Mobilitätskonzepte und -angebote erprobt. Ferner werden versiegelte Flächen und die verbaute graue Energie für Parkplätze deutlich reduziert, parallel der motorisierte Indivi- dualverkehr dekarbonisiert. Begrünung, Artenschutz und WasserManagement: Auch wenn die Maßnahmen in diesen Handlungsfeldern in den meisten Fällen nicht direkt zu Energie- oder Emissionseinsparungen beitragen, mildern sie die Folgen des Klimawandels. Zudem werden Ressourcen geschützt. Die GEWOFAG integriert deshalb in die Klimaschutzkonzepte ihrer Liegenschaften: ‒ extensive und intensive Dach- und Fassaden-Begrünungen ‒ Umwandlung von Rasen- in Wiesenflächen ‒ Pflanzungen von Wildstauden, Bäumen und Vogelschutz- ‒ Schutz und Verbesserung der Lebensverhältnisse vorhan- Gehölzen dener Bäume Der sorgsame Umgang mit Wasser spielt aufgrund anhaltender Hitzeperioden und Trockenheit auch im urbanen Raum eine

37 KONTINUITÄT UND EFFIZIENZ BEI PROPOTSDAM: ÜBER 80 PROZENT CO2-REDUKTION SEIT 1990 Auf herausragende Erfolge kann die ProPotsdam zurückblicken: Seit 1990 hat sie ihre CO2-Emissionen bereits um über 83 Prozent ge- senkt – von 8,71 t CO2 pro Wohneinheit auf 1,50 t CO2 pro Wohn- einheit. Das basiert auf verschiedenen wirksamen Maßnahmen, die sukzessive in die Wege geleitet wurden – insbesondere die Sanierung der Wohngebäude und die Umstellung der Wärmeversorgung. Dies führte zu der derzeitigen Energieversorgung in den Beständen: Der Anteil der Kohle wurde bei der Fernwärme und den dezentra- len Heizungen auf ein Minimum zurückgefahren, stattdessen ver- sorgt die Fernwärme das Gros der Wohnungen (siehe S. 38 oben). Sozialverträgliche energieeffiziente Sanierungen und Neubauten durch Einsatz von Fördermitteln Obwohl die Anforderungen bei Sanierung/Modernisierung und auch im Neubau seit 2014 stetig und in schnellen Schritten ge- wachsen sind, hat ProPotsdam bereits seit einigen Jahren die Zielwerte des „Masterplan 100 % Klimaschutz“ der Landeshaupt- stadt Potsdam erreicht. Im Neubau wird derzeit die Energie- erzeugung auf oder am Gebäude geprüft und in Pilotprojekten umgesetzt (siehe Grafik S. 38 unten). ProPotsdam-Szenarien für eine Dekarbonisierungs- strategie im Gebäudebereich Im Jahr 2019 hat sich das Unternehmen mit fünf Szenarien be- schäftigt. Im Basisszenario „Mietrechtsnovelle – Sozialverträglich- keit“ werden nur die gesetzlichen Anforderungen umgesetzt. In den weiteren Szenarien werden zusätzliche Maßnahmen betrachtet: Eine wichtige Rolle spielt die Dekarbonisierungsvereinbarung, die mit dem Fernwärmeversorger abgeschlossen wurde, sowie das Ziel den EnEV- bzw. GEG-Standard bei Modernisierung und Neubau um mindestens 30 Prozent zu unterschreiten (siehe Grafik S. 39 oben). zunehmend größere Rolle. Daher nimmt die GEWOFAG für Neubau- und Modernisierungsmaßnahmen das Schwamm- stadt-Prinzip zum Vorbild, das auf die Steigerung der Verduns- tungsleistung sowie die Regenwasser-Nutzung fokussiert. Digitalisierung: Da das Nutzerverhalten der Mieter:innen einen entscheidenden Einfluss auf den Energieverbrauch hat, forscht die GEWOFAG in einer Wohnanlage zusammen mit Messdienstleister und einer Westsächsischen Hochschule über das Pilotprojekt „Kairos“ an technischen Möglichkeiten, dieses klimafreundlich zu beeinflussen. Erste Auswertungen im di- rekten Vergleich zu baugleichen Nachbargebäuden belegen die Energieeinsparungen. Sollte diese Testphase erfolgreich verlaufen, beabsichtigt die GEWOFAG das System bei Neubauten und Bestandmoderni- sierungen im größeren Maßstab einzusetzen. GEWOFAGResümee: ‒ Klimaverbessernde Effekte durch steigende Effizienzanforde- ‒ Sie dürfen die Miet- und Nebenkosten für die Mieterinnen rungen müssen als Ergebnis auch faktisch eintreten. sozialen Wohnungsbau daher unabdingbar. und Mieter sowie die Modernisierungskosten für die GEWOFAG als soziale Vermieterin nicht gravierend steigern oder die Wohnqualität spürbar beeinträchtigen. ‒ Eine zuverlässige und umfängliche Förderung ist für den ‒ Die GEWOFAG verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz zur ‒ Lösungsschritte wie integrierte Quartierskonzepte, bauliche Reduzierung von Treibhausgas-Emissionen sowie urbane Maßnahmen zur Klimaanpassung tragen erheblich zur Eindämmung der Effekte des Klimawandels bei. Treibhausgas-Reduzierung im Wohnungsbau. ‒ Durch sektorübergreifendes Agieren wird der GEWOFAG- Gebäudebestand zukunftssicher gestaltet. PROPOTSDAM: REDUKTION DER CO2-EMISSIONEN SEIT 1990 UM 83 % 160.000 120.000 ] a / t [ 148.876 i n e n o s s m E - i 2 80.000 O C 40.000 0 1 SVV Beschluss und Umstellung Fernwärme von Kohle auf Gas durch EWP (1996) -51 % 2 Sanierung + zentrale Heizungssysteme -32 % 3 -2 % EWP Ökostrom (inkl. Neubauten +2 %) 26.470 tCO /a 2 8,71 tCO2/WE S p e z . C O - 2 R e d u k t i o n u m 8 3 % 1990 (um Flächenänderung bereinigt; CO2 inklusive Vorkette) 2020 1,50 tCO2/WE

PRAXISBERICHT 2021/2022 38 PROPOTSDAM: AKTUELLER BESTAND NACH VERSORGUNGSART (STAND 2020) CO2-Faktor in gCO2/kWh* Wohnfläche in m² THG Emissionen in tCO2/a 255 247 24 247 428 947.204 94.575 4.493 13.276 470 23.332 2.608 11 459 60 1.060.018** 26.470 Heizungsart Fernwärme Gas zentral Pellet Gas dezentral Kohle Summe *CO2 inklusive Vorkette **exkl. Leerstand 30.000 25.000 ] 2 a / O C t [ i i n e n o s s m E - G H T 20.000 15.000 10.000 5.000 0 Fernwärme 23.332 tCO2 Gas (dezentral) 459 tCO2 Pelletheizung 11 tCO2 Gas (zentral) 2.608 tCO2 Kohle 60 tCO2 100 1.000 10.000 100.000 Energieverbrauch [MWh/a] PROPOTSDAM: ENERGIEEFFIZIENTE SANIERUNGEN UND NEUBAUTEN – SOZIALVERTRÄGLICHKEIT DURCH EINSATZ VON FÖRDERMITTELN SANIERUNG/MODERNISIERUNG NEUBAU steigende Anforderungen: 2014: 70 kWh/m²a stufenweise 2050: 44 kWh/m²a Masterplan-Zielwerte ab 2020 werden bereits seit einigen Jahren von ProPotsdam erreicht steigende Anforderungen: 2014: 50 kWh/m²a stufenweise 2050: 25 kWh/m²a + Prüfung des Plusenergie-Standard Masterplan-Zielwerte ab 2020 werden bereits seit einigen Jahren von ProPotsdam erreicht + Prüfung der Energieerzeugung auf oder am Gebäude

39 PROPOTSDAM: SZENARIEN FÜR EINE DEKARBONISIERUNGSSTRATEGIE IM GEBÄUDEBEREICH Beschreibung Sanierung Neubau Energieversorgung Szenario 1: Mietrechtsnovelle- Sozialverträglichkeit Szenario 2: Bauplan ProPotsdam & Dekarbonisierungs- vereinbarung Szenario 3: Masterplan PP & Dekarbo- nisierungsvereinbarung Szenario 4: Masterplan PP, Dekarbo- nisierungsvereinbarung & klimaneutrale Neubauten Geringere Sanierungsrate nach EnEV Standard EnEV Standard Keine Änderung bei der Fernwärmeversorgung -30 % EnEV -30 % EnEV Erhöhung Sanierungs- standard ab 2030 Erhöhung Neubau- standard ab 2030 Erhöhung Sanierungs- standard ab 2030 Klimaneutrale Neubauten ab 2023 Fernwärme nach Dekar- bonisierungsvereinbarung EWP/ProPotsdam Fernwärme nach Dekar- bonisierungsvereinbarung EWP/ProPotsdam Fernwärme nach Dekar- bonisierungsvereinbarung EWP/ProPotsdam Szenario 5: Masterplan PP + EWP Erhöhung Sanierungs- standard ab 2030 Erhöhung Neubau- standard ab 2030 Fernwärme nach Masterplan für EWP PROPOTSDAM: ENTWICKLUNG CO2-EMISSIONEN IN DEN EINZELNEN SZENARIEN BIS 2050 [BASISJAHR 1990; M² -BEREINIGT] Reduktion CO2 Emissionen [%] -95 % -90 % S5– 2050 -96 % S4– 2050 -95 % -80 % -56 % -60 % Umstellung CO2 Berechnungsmethodik der Fernwärme S3– 2050 -94 % S2– 2050 -93 % 2018 - 82 % 2017 -80% S1 – 2050 -84 % -100 % -80 % -60 % -40 % ] % [ t ä t i s n e t n I 2 i O C n o u t k u d e R e d u ä b e G r e d g n u g r o s r e v e g r e n E i -40 % -20 % -20 % 1990 0 % 2030 2040 2050 g n u l l l e t s m U s s u h c s e B V V S n o v k r e w z e H D u G - i s a G f u a e h o K l 1996 -48 % 1995 -24 % -20 % -40 % -56 % -60 % -80 % -100 % Reduzierung des Energiebedarfes in % Reduktion abgenommene Wärme [%] S1 – Mietrechtsnovelle – Sozialverträglichkeit S2 – Bauplan ProPotsdam und Dekarbonisierungsvereinbarung S3 – Masterplan PP und Dekarbonisierungsvereinbarung S4 – Masterplan PP, Dekarbonisierungsvereinbarung und klimaneutrale Neubauten S5 – Masterplan ProPotsdam + EWP Zielkorridor Masterplan 100 % Klimaschutz

PRAXISBERICHT 2021/2022 40 Entwicklung CO2-Emissionen in den einzelnen Szenarien bis 2050 Um den für das Unternehmen gangbaren Weg zur Null-Emission zu identifizieren, wurden die einzelnen Szenarien mit konkreten Werten hinterlegt, basierend auf den Werten von 1990, die quadratmeterbereinigt wurden (siehe Grafik S. 39 unten). Zielkonflikt Klimaschutz vs. sozialverträgliche Mieten Der Lösungsansatz der ProPotsdam: Grüne Fernwärme Würde komplett auf ein Null-Emissionshaus umgestellt werden müssen, würden – nach den Berechnungen der ProPotsdam – die Mieten aufgrund der Gesamtkosten enorm steigen müssen. Nicht nur bei einer Lage im Berliner Umland eine unhaltbare Situation. Daher setzt das Unternehmen in seiner Klimastrategie auf energie- effiziente Neubauten und Sanierungen des Bestandes sowie Grüne Fernwärme. Im Vergleich zur bisherigen Versorgung mit Erdgas können hierdurch Mehrkosten für die Mieter:innen entstehen. Das Unternehmen hat in Musterberechnungen diesen Kosten- anstieg mit notwendigen Modernisierungsumlagen für Sanie- rungen auf Passivhaus-Niveau verglichen. Im Ergebnis ist die Entwicklung der Warmmiete für die Mieter:innen bei Umstel- lung auf Grüne Fernwärme günstiger. Umsetzung des „Masterplan 100 % Klimaschutz“ der Landeshauptstadt Potsdam In einer engen Kooperation verfolgen ProPotsdam und die lo- kalen Stadtwerke gemeinsame Klimaschutzziele. Durch die Sa- nierungen der ProPotsdam soll bis 2042 der Energieverbrauch drastisch gesenkt werden: von 92 GWh/a auf 65 GWh/a (-1,5 Prozent p. a.) Parallel sollen sowohl der Anteil der Erneuer- baren Energien an der Wärmeversorgung als auch der der Grü- nen Fernwärme um drei Prozent p. a. steigen, um das anvisierte Ziel bis 2042 erreichen zu können (siehe Grafik S. 41 oben). Ein durchdachter Mix aus Fernwärme, Überarbeitung von Heiz- anlagen, solare Dachnutzung, Nutzung von Ökostrom sowie um- fassende Mobilitätskonzepte bilden zusammengenommen bei der ProPotsdam eine zielgerichtete Lösung in Richtung Klimaneut- ralität im vorgegebenen Zeitraum (siehe Grafik S. 41 unten). PROPOTSDAM: ZIELKONFLIKT KLIMASCHUTZ VS. SOZIALVERTRÄGLICHE MIETEN 100 % GRÜNE FERNWÄRME ALS LÖSUNGSANSATZ Gas – Energiebeschaﬀung 100 % Grüne Fernwärme Mietkosten 100 % Grüne Fernwärme ] h W M € / i [ s e r p s a g d r E 100 80 60 40 20 0 +40 €/MWh (zzgl. Ust.) +200 % +30 €/m² WFI (inkl. USt.) +3,3 % Mehrkosten 12,00 10,00 8,00 6,00 ] e h c ä ﬂ n h o W m € ² / [ e t e M i 4,00 2,00 0 Erdgas Biogas Miete Miete Miete (Grüne FW 100 %) (Nullenergiehaus)

41 PROPOTSDAM: UMSETZUNG DES MASTERPLAN 100 % KLIMASCHUTZ DER LANDESHAUPTSTADT POTSDAM: DURCH KOOPERATION ZWISCHEN PROPOTSDAM UND STADTWERKEN WERDEN GEMEINSAME KLIMASCHUTZZIELE VERFOLGT. 2018: 92 GWh/a ] a / h W G [ z t a s b a e m r ä w n r e F Reduktion Energieverbrauch ProPotsdam um -30 % Reduktion des Energieverbrauches durch Sanierung: - 1,5 % p. a. 2042: 65 GWh/a Fossile Fernwärme S t e i g e r u n g A n t e i l E r n e u e r b a r e E n e r g i e n u m + 3 % p . a . = + 2 , 7 6 G W h / a 2020 2030 2040 Entwicklung Grüne Fernwärme (+3 % p. a.) PROPOTSDAM: MASSNAHMEN-PORTFOLIO ZUR REDUKTION DER CO2-EMISSIONEN Fernwärme Umrüstung Gas zu Fernwärme, Dekarbonisierungs- vereinbarung Heizungssystem Energiekonzept für Nahwärmenetz Solare Dachnutzung Drewitz – Rolle Neubau & Sanierung Ökostrom Betriebsstrom PV-Mieterstrom DEKARBONI- SIERUNG der Energie- versorgung Integrierte Quartierskonzepte: - Gartenstadt Drewitz - Bündnis „Am Schlaatz“ - Krampnitz - Mobilitätsticket und Parkraum- bewirtschaftung in Drewitz - Errichtung Ladeinfrastruktur - Betriebliches Mobilitäts- - Mobilitätskonzept Altes-Tram Depot management Reduktion CO2-Emissionen REDUKTION des Energie- verbrauchs Neubau Sanierung Gebäudetechnik Bornstedter Feld Heinrich Mann Allee Drewitz, Am Schlaatz, Waldstadt I & II, P-West GLT – Ausbau im Bestand inkl. Energiemonitoring & weitere & weitere Energieeﬃzienz Energieberatung für Mieter, Rücklauftemperatur der Fernwärme

PRAXISBERICHT 2021/2022 42 DIE KLIMASCHUTZ-ROADMAP DER DEGEWO Im strategischen Handlungsfeld Klimaschutz von degewo wurde in 2021 für die knapp 80.000 degewo-Wohnungen parallel an der Strukturierung des Klimaschutz-Themas sowie an einer detaillierten Klimaschutz-Roadmap gearbeitet. Die Erkenntnisse wurden in einer Klimaschutz-Vision und in qualitativen Zielen zusammengeführt, ebenso als konkrete quantitative Ziele zu- sammengefasst in Bezug auf den Footprint Gebäudebestand, den Anteil Erneuerbarer Energien, den PV-Ausbau, den Ausbau von Lade-Infrastrukturen und die degewo als Unternehmen. Die Überführung der Klimaschutz-Roadmap von der Strategie in das Operative findet in zahlreichen Folge-Arbeitsgruppen innerhalb und außerhalb des Handlungsfelds Klimaschutz statt. Mit Erkenntnissen der Roadmap wurden noch in 2021 Folge-Ar- beitsgruppen gestartet, in denen – ohne die laufende Umsetzung im Tagesgeschäft – zwischen 30 und 40 Mitarbeiter:innen invol- viert sind. Ihre Arbeit wird von interner und externer Kommu- nikation flankiert, um eine breite Akzeptanzbasis zu schaffen. Basis für alle Szenarien sind die Ziele für die spezifischen Emissionen des degewo Gebäudebestands in kg CO2/m²: 1990 = 49,1 2020 = 21,0 2030 = Ziel: 13,0 2040 = Ziel: 3,8 2045 = Ziel 1,8 Bei der Entwicklung der KlimaschutzRoadmap wurde schrittweise vorgegangen: ‒ Identifikation gesetzlicher Klimaschutzpflichten (Bund/ Land) sowie von Anforderungen von Gesellschafter und Unternehmen zur Bestimmung der Maßnahmen-Effizienz verschiedener Klimaschutz-Maßnahmen Unternehmen und den Gebäudebestand bis 2045 ‒ Konkretisierung der Klimaziele und Zielkennzahlen für das ‒ Analyse des Gebäudebestandes und realisierter Maßnahmen ‒ Entwicklung eines Algorithmus zur Simulation der Wirkung ‒ Ableitung einer Roadmap von kostenoptimalen Investitionen ‒ Entwicklung Monitoring zur Wirksamkeit der Klimaschutz- und Maßnahmen zur Umsetzung der Klimaziele 2045 Maßnahmen anhand eines Kennzahlensystems Die degewo-Roadmap setzt auf drei Schwerpunkte, um Klimaschutzziele zu erreichen: ‒ Energie: Das Grünerwerden der Energieträger ist der Schlüssel auf dem Weg der degewo zu einem klimaneutralen Gebäudebestand. Bis 2045 sind bei der degewo in diesem Segment 80 Mio. kg CO2 einzusparen! ‒ Anlagen: Durch den Einsatz hocheffizienter Heizungstech- nologien (früher: neue Brennwertkessel; zukünftig: Techno- logien auf Basis Erneuerbarer Energien) können Emissionen vermieden werden. Bis 2045 sind in diesem Segment bei der degewo 23 Mio. kg CO2 einzusparen! ‒ Energetische Sanierung: Die Energetische Sanierung wird mit Priorität auf den Beständen mit dem schlechtesten Foot- print weiter vorangetrieben. Bis 2045 sind in diesem Segment bei der degewo 7,2 Mio. kg CO2 einzusparen! Die Roadmap wird durch einen Sanierungsalgorithmus bestimmt, der die Objekte nach dem Effizienz- und dem CO2- Minderungspotenzial listet. Input hierbei sind Informationen zum Bestand, zu den Verbrauchswerten sowie aktuelle politi- sche Rahmenbedingungen. Beim Sanierungsalgorithmus stehen die Faktoren Bestandsentwicklung, Einbindung der Energie- träger, Budgetierung, Emissionen und Kosten und innovative Anlagentechnik im Fokus. Aus allem resultiert ein strategischer Sanierungsfahrplan, der das maximal verfügbare Budget fest- legt, die dazugehörige Roadmap ableitet, Potenziale zur Emis- sionsminderung aufdeckt und die Zielerreichung überprüft. Schlüssel zum klimaneutralen degewo-Gebäudebestand: Grünere Energieträger Der Rechen-Algorithmus unterstellt, dass alle Energieträger bis 2045 emissionsfrei sind! Aber das Grünerwerden der Energieträger liegt in der Verantwortung der Energielieferanten, insbesondere bei Fernwärme, Strom und Gas – der Einfluss der degewo ist nur sehr gering. Nur mit einer gezielten Beschaffungsstrategie (Grün- gas, Grüne Fernwärme, eigene Einspeisung von Grüner Wärme) und mit eigener Energie-Erzeugung kann das Unternehmen den Pfad des Grünerwerdens flankieren. Bereits heute bezieht degewo 100 Prozent grün zertifizierten Strom. Fakt ist: Die Zielerreichung hängt bei degewo angesichts eines hohen Ver- sorgungsanteils insbesondere von der Qualität der Fernwärme ab. Gelingt bei der Fernwärme keine Dekarbonisierung, bleibt der Gebäudebestand emissionsbelastet. Fielen diese Energiepart- ner aus, würde sich ab 2027 eine Lücke öffnen, die die degewo aus eigener Kraft mit alternativen Lösungen schließen müsste – bspw. durch verstärkte Nutzung von Strom, Geothermie, Ein- speisung von Grüner Wärme (siehe Grafik S. 43 oben). Realisierung der Roadmap Die erarbeitete Klimaschutz-Roadmap wird durch Abgleich mit der Portfolio-Strategie kontinuierlich überprüft und weiterentwickelt. Die energetische Sanierung wird fortgeführt, Heizungswechsel hat Priorität. Es wird konsequent eine Auswahl von Sanierungsprojekten mit dem Fokus der Emissionsminderung getroffen. Ab 2023 werden alte Erzeugungsanlagen nur noch durch Anlagen mit hohem EE-An- teil oder durch Fernwärme ersetzt. Es wird eine Strategie entwickelt für die Beschaffung und Eigenerzeugung Erneuerbarer Energien, ebenso eine für Brennstoffe und Anlagen. Aktives Fördermittel-Ma- nagement zur Maximierung des Fördermitteleinsatzes (Screening, Beantragung) wird betrieben. Ferner wird ein degewo-Klimaschutz- manager eingesetzt mit Aufgaben wie Monitoring der Entwicklun- gen, CO2-Bilanzierung, Überprüfung der Zielerfüllung u. v. m.

43 DEGEWO: WAS PASSIERT, WENN GRÜNERWERDUNG ÜBER FERNWÄRME UND GAS NICHT FUNKTIONIERT? ROADMAP ROADMAP OHNE GRÜNERWERDUNG DER ENERGIETRÄGER 2 m / 2 O C g k 2 m / 2 O C g k 2020 2025 2030 2035 2040 2045 2020 2025 2030 2035 2040 2045 Jahr Emissionen Zielkorridor 2045 Jahr Ab 2007 öffnet sich eine Lücke, die degewo aus eigener Kraft (mehr Stromnutzung, Geothermie, Einspeisung Grüne Wärme, …) schließen müsste, fielen die Partner aus. SOZIALBAU KEMPTEN: FRÜH UND EFFIZIENT GESTARTET Das Unternehmen schnitt bei seiner Vollerhebung über den gesamten Gebäude-, Wohnungs- und Gewerbebestand sowie Denkmäler im Jahr 2019 bereits überdurchschnittlich gut ab. Erhoben wurde mittels Realverbräuchen in 93 Prozent des Bestands, sieben Prozent mittels Schätzung. Die Daten dienten einer möglichst genauen CO2-Bilanzierung des Ad-hoc-Zustands. Genutzt wurde das IW.2050-Bilanzierungs-Werkzeug. SOZIALBAU KEMPTEN: CO2-BILANZIERUNG GEBÄUDEBESTAND SOZIALBAU KEMPTEN GMBH CO2-BILANZ NACH ENERGIETRÄGER (MARKET-BASED ANSATZ) IN t CO2 Gesamtemissionen Scope 1: Direkte Emissionen Gesamt Scope-1-Emissionen Heizöl Erdgas Erneuerbare Energien Kohle diverse Energieträger Kraftstoffe Kältemittel Scope 2: Indirekte Emissionen Gesamt Scope-2-Emissionen Strom Fernwärme Nahwärme diverse Energieträger 2019 klima- bereinigt 4.234 t 2019 nicht klima- bereinigt 4.518 t 3.758 t 75 t 3.662 t 0 t 0 t 22 t 0 t 0 t 476 t 101 t 369 t 0 t 6 t 4.013 t 77 t 3.914 t 0 t 0 t 22 t 0 t 0 t 505 t 103 t 396 t 0 t 6 t 1 % 6 % 9 % 2 % 86 % Heizöl Erdgas Strom Fernwärme diverse Energieträger diverse Energieträger

PRAXISBERICHT 2021/2022 44 Die Bilanz konnte sich sehen lassen. Seit 1990 hatte die Sozialbau Kempten bereits eine beachtliche CO2-Einsparung von rund 73 Prozent hingelegt. Damit erreicht sie das von der Bundesregierung gesetzte Reduktionsziel für den Gebäude- bestand von minus 65 Prozent bis 2030 bereits heute! SOZIALBAU KEMPTEN: CO2-BILANZIERUNG GEBÄUDEBESTAND KENNZAHLEN DES WOHNUNGSBESTANDS CO2-Emissionen je Wohnfläche (kgCO2/m2a) für Scope 1 & 2 klima- bereinigt nicht klimabereinigt 15,9 17,0 CO2-Emissionen je Wohneinheit (tCO2/Anzahl) Energieverbrauch je Wohnfläche (kWh/m2a) 1,1 106,0 1,1 113,4 Energieverbrauch je Wohneinheit (kWh/Anzahl) 7.070,1 7.561,2 SOZIALBAU KEMPTEN: CO2-EINSPARUNGEN SEIT 1990 – SOZIALBAU KEMPTEN GMBH ENTWICKLUNG CO2-AUSSTOSS kg(m²a) 59,0 Einsparung: 73,05 % 70 60 50 40 30 20 10 0 Reduktionsziel Minus 65 % bis 2030 erreicht! 15,9 a 2 m / 2 O C g k n i i n e n o s s m E - i 2 O C 1990 1995 2000 2005 Jahr 2010 2015 2020 SOZIALBAU KEMPTEN: CO2-BILANZIERUNG GEBÄUDEBESTAND Fernwärme ‒ nur 9 % der Emissionen ‒ bei 36 % der Wohn- und Nutzfläche 1 % 6 % 9 % Erdgas ‒ 86 % der Emissionen ‒ bei nur 56 % der Wohn- und Nutzfläche >>> Fernwärme klimaschonend und nachhaltig!!! 2 % 86 % Heizöl Erdgas diverse Energieträger Strom Fernwärme diverse Energieträger

45 SOZIALBAU KEMPTEN: CO2-REDUKTIONSSZENARIO – INVESTITIONSKOSTEN KUMULIERTE KOSTEN FÜR MODERNISIERUNG UND NEUBAU AUF HÜLLSTANDARD SOWIE FÜR INSTALLIERTE WÄRMEERZEUGER Bezugsjahr Kumulierte Invest. Kosten 2020 2025 2030 2035 2040 2045 2050 14.796.690 € 104.071.694 € 182.939.278 € 259.549.439 € 350.125.146 € 456.743.587 € 504.281.826 € Annahmen: ‒ Anschluss Fernwärme „Thingers“ bis 2023 ‒ Neubau von 500 Mietwohneinheiten im BEG Effizienzhaus 55-Standard bis 2045 ‒ Anschluss Neubauten an Fernwärme ‒ Modernisierung auf BEG Effizienzhaus 70-Standard bis 2045 Dieser Erfolg ist auf eine ganze Reihe von früh lancierten Maßnahmen zurückzuführen: ‒ Ausbaustrategie Fernwärme (siehe Grafik S. 44 unten) ‒ Zentrale Steuerung aller Heizungsanlagen ‒ Smart- und Submetering ‒ Hydraulischer Abgleich aller Heizungsanlagen ‒ Austausch aller Ölheizungen als Primärenergie im Bestand ‒ Verbrauchsmonitoring der Heizungsanlagen ‒ Gebäudedämmung mit WDVS ‒ Strangsanierungen Doch die Entwicklung geht weiter: Der Zielwert für den CO2- Ausstoß im Gebäude soll 2045 bei unter 12 kg CO2/m²a liegen, basierend auf folgendem Reduktionsschritten in den kommenden Jahren (siehe Tabelle oben). Unter dem Leitsatz „CO2-optimierte Energieträger sind der Schlüssel zur Erreichung der Klimaziele im Gebäudebestand“ stehen im Allgäu folgende Maßnahmen auf der Agenda: ‒ Weiterführung Modernisierungsstrategie mit Augenmaß ‒ Bereits 2022: Start Ausbau CO2-optimierter Fernwärme Versorgung und -Anschluss von 1.164 Wohneinheiten im Quartier „Thingers“ auf BEG Effizienzhaus 100 ‒ Neubau im BEG Effizienzhaus 55-Standard ‒ Anschluss von Neubauten an FernwärmeVersorgung ‒ Keine Verschärfungen beim Hüllstandard ‒ Prüfung Einsatz von Wärmepumpen ‒ Prüfung Sektorenkoppelung durch Installation von PV-Anlagen ‒ Digitalisierung des Gebäudebestands Die dazugehörigen, nicht unerheblichen Investitionssummen hat die Sozialbau Kempten in zwei Szenarien hochgerechnet: ‒ Bei einer Reduzierung des CO2-Ausstoßes bis 2045 auf 4,1 kg CO2/m²a werden Finanzmittel in Höhe von rund 875 Mil lionen Euro benötigt. ‒ Bei Werten in Höhe von 11,1 kg CO2/m²a wären es immerhin noch rund 456 Millionen Euro. STRATEGIE DER RHEINWOHNUNGSBAU GMBH: DIE LÖSUNGEN LIEGEN IM QUARTIER Die Klimaschutz-Agenda der Rheinwohnungsbau steht und wird gleichzeitig flankiert von zwei Pilotprojekten, in denen einzelne Module der Strategie in der Praxis auf ihre Ziel- genauigkeit hin getestet werden. Diese Leitfragen bestimmten zunächst die Analyse und späterhin die Strategie: ‒ Welche CO2-Emissionen liegen derzeit vor? ‒ Welche Gebäude weisen die schlechtesten Emissionen auf? ‒ Bei welchem Wert wollen wir 2045 liegen? ‒ Wie können wir unsere Ziele erreichen? ‒ Wo müssen wir beginnen? 6.185 Wohnungen mit einer Gesamtfläche von 451.428 Quad- ratmetern in 957 Objekten mit einem CO2-Jahresausstoß von 10.655.364 kg CO2 wurden zunächst in 129 Cluster aufgeteilt. Dafür wandte das Unternehmen circa 300 Stunden auf und griff dabei auf das Instrumentarium der IW.2050 zurück. Die Ist- und Ziel-Werte wurden erfasst und definiert: ‒ CO2IstWert: 23,6 kg CO2/m²a ‒ Zielwert 2030: 16,3 kg CO2/m²a (Reduktion um 30 Prozent!) ‒ Zielwert 2045: 0,0 – 6,0 kg CO2/m²a Um als kleineres Wohnungsunternehmen diese Ziele erreichen zu können, hat die Rheinwohnungsbau sich – neben dem Bei- tritt zur IW.2050 – passende lokale Partner vor Ort gesucht. Mit ihnen hat sie auch zwei für die spätere Gesamtumsetzung maßgebliche Pilotprojekte realisiert – auch im 60 Jahre alten Bestandsquartier in Duisburg-Ungelsheim mit einem CO2- Ausstoß von 40,2 kg CO2/m² a.

PRAXISBERICHT 2021/2022 46 Für jedes Sub-Quartier wurde eine Simulation erstellt Parallel wurde in einer Iterationsphase mittels einer Gegen- überstellung eruiert, ob eine Lüftungsanlage mit Wärmerück- gewinnung (WRG) mit einer kleineren Wärmepumpe (WP) wirtschaftlicher ist. Hier waren jedoch die Fixkosten bei WRG circa 2.000 Euro höher, der Strombedarf bei WRG circa 500 Euro höher. Photovoltaik und Wärmepumpe wurden anhand ihrer Leis- tungskurven verglichen (siehe Grafik S. 47 oben). Ebenso wurden in dieser Iterationsphase mögliche Mieterstrom- Konzepte zur bestmöglichen Ausnutzung der PV erstellt. Bis 2030 würde dies zu einer CO2-Reduktion von circa minus 4 kg CO2/m² führen, bis 2050 sogar zu circa minus 0,5 kg CO2/m² Wohnfläche p. a. Die Ermittlung der Wirtschaftlichkeit ergab: Wärmepumpe und Photovoltaik führen im Pilotprojekt Ungelsheim zu den besten Ergebnissen in Bezug auf Emissionen und CO2-Steuer- Ersparnis (siehe Grafik S. 47 unten und Grafik S. 48)! Abgreifen der horizontalen Fläche Zur Belegung aller Dächer mit Photovoltaik-Anlagen waren drei Schritte nötig: ‒ Auswählen der jeweils besser ausgerichteten Dachfläche und ‒ Ermittlung von Dachneigung und Azimut ‒ Errechnen der Jahres-Stromerzeugung: Auf der ermittelten Dachfläche von 15.360 Quadratmetern wäre eine Strom- erzeugung von 1.883.726,5 kWh/a möglich. Gleichzeitig galt es, die Priorisierung der Sub-Quartiere zu er- mitteln – auf der Basis von: ‒ durchschnittlichem Ist-Wärmebedarf ‒ Alter der Heizung ‒ Heizzentrale ‒ geplante Modernisierungen oder Abriss RHEINWOHNUNGSBAU GMBH: STRUKTURIERUNG DER KONZEPTIONIERUNG – AE ABLAUF JEDER SUB-QUARTIER-SIMULATION Daten Bereitstellung Szenarien Definition Szenarien Simulation Interpretation der Ergebnisse Ergebnis Darstellung Festlegung lokaler Randbedingungen ‒ Verbrauch ‒ Erzeugungsanlagen ‒ Kosten ‒ etc. Wesentliche Parameter ‒ PV Kapazität ‒ Lokalstrom Nachfrage ‒ E-Mobilitäts- ‒ etc. Nachfrage Simulation Simulation/ Optimierung ‒ Dynamische ‒ Zielfunktion (Kosten, CO2) ‒ Restriktionen ‒ etc. Erkenntnisse ‒ EE Eigenverbrauch ‒ Kosten-Sensitivität ‒ etc. Dokumentation ‒ Ökolog. & ökono- mische Bewertung ‒ Daten, Diagramme ‒ etc. 2 – 3 Iterationsschleifen in enger Abstimmung mit Fachplanungsbüro

47 RHEINWOHNUNGSBAU GMBH: ITERATIONSPHASE DES ERSTEN SUB-QUARTIERS ÜBEREINANDERLEGEN DER LEISTUNGSKURVEN VON PV/WP ) W k ( g n u t s e L i 6 5 4 3 2 1 0 Sommer Extrem hoher Überschuss an PV Winter Trotz niedriger PV-Leistung gute Autarkie Übergang Zeitweise Überschuss an PV PV Wärmelast (el) Stromlast HH Einspeisung mit Mieterstrom Einspeisung ohne Mieterstrom RHEINWOHNUNGSBAU GMBH: EMISSIONEN UNGELSHEIM BIS 2050 WP + PV (50 %) Bestand + PV Bestand h c i l r h ä j 2 O C g k 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0 2021 2025 2030 2035 2040 2045 2050 kg CO2/m² jährlich 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030 2031 2032 2033 2034 Bestand 40,19 40,07 39,95 39,83 39,70 39,58 39,46 39,34 39,21 39,09 38,97 38,83 38,69 38,55 38,41 Bestand + PV WP + PV (50 %) 40,19 24,96 25,42 25,87 26,31 26,74 27,17 27,59 27,99 28,39 28,78 29,20 29,61 30,01 30,40 0,00 2,01 2,12 2,21 2,30 2,38 2,44 2,50 2,56 2,60 2,63 2,65 2,65 2,64 2,63 2035 2036 2037 2038 2039 2040 2041 2042 2043 2044 2045 2046 2047 2048 2049 2050 38,27 38,13 37,99 37,85 37,71 37,57 37,42 37,28 37,14 37,00 36,86 36,72 36,58 36,44 36,30 36,16 30,78 2,60 31,15 2,56 31,51 2,52 31,87 32,21 32,54 32,86 33,17 33,47 33,76 34,04 34,31 34,57 34,82 35,06 35,29 2,46 2,39 2,31 2,23 2,13 2,02 1,91 1,78 1,65 1,50 1,34 1,18 1,00

PRAXISBERICHT 2021/2022 48 RHEINWOHNUNGSBAU GMBH: CO2-STEUER UNGELSHEIM BIS 2050 WP + PV (50 %) Bestand + PV Bestand 2.500.000 € 2.000.000 € 1.800.00 € 1.600.00 € 1.400.00 € 1.200.00 € 1.000.00 € 800.00 € 600.00 € 400.00 € 200.00 € 0 € € n i i 5 3 0 2 s b r e u e t S - 2 i O C e t r e m m u s f u A 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030 2031 2032 2033 2034 2035 CO2-Steuer Kontostand 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 Bestand 49.395,9 111.444,348 177.622,6556 255.930,8156 353.513,8156 470.250,8356 606.021,0156 760.703,4956 Bestand + PV 30.765,84492 70.244,84393 113.230,536 165.124,4803 231.060,8751 311.441,5969 406.655,5974 517.078,9438 WP + PV (50 %) 2.479,937665 5.766,065731 9.439,906804 13.971,15063 19.826,98293 27.058,34533 35.703,29478 45.787,00353 Jahr 2029 2030 2031 2032 2033 2034 2035 934.177,4156 1.126.321,916 1.336.919,825 1.565.832,773 1.812.922,389 2.078.050,301 2.361.078,138 643.074,8183 784.993,5186 943.383,854 1.118.601,329 1.310.986,698 1.520.865,967 1.748.550,39 57.321,75913 70.306,96446 84.661,30278 100.338,6144 117.277,99 135.403,7709 154.625,5485 Beispielhaft die Ergebnisse eines Gebäuderiegels: Baujahr 1958, mit einer Wohnfläche von 1.434 Quadratmetern, vor der Sa- nierung mit einem Endenergiebedarf von 120 kWh/m²a. Geheizt wurde mit Erdgas, Warmwasser via Durchlauferhitzer erzeugt. (bereits Bestand) U-Wert 0,156 W/m²K U-Wert 0,8 W/m²K Die Eckdaten zur Sanierung im BEG 70EE-Standard: ‒ Dämmung Fassade 200 mm: ‒ 3-fach-isolierte Fenster ‒ 50 mm Kellerdeckendämmung ‒ Oberste Geschossdecke (160 mm Dämmschicht): ‒ Mechanische Abluftanlage ‒ Austausch der Heizflächen ‒ Errichtung von PV-Anlagen zur Versorgung von zwei Wär- mepumpen mit 72 kWp, womit der EE-Standard erzielt wird U-Wert 0,216 W/m²K U-Wert 0,445 W/m²K Ergebnis: Es werden nun nicht mehr 135.063 kWh Erdgas, sondern 18.535 kWh Strom verbraucht! Die Reduzierung des Duisburger Bestandes von durchschnittlich 40 kg CO2/m²a auf 2 kg CO2/m²a entspricht einer Gesamtmenge von minus 1.871.800 kg CO2. Dividiert durch die Wohnfläche des Gesamt- bestandes entspricht dies minus 4,14 kg CO2/m²a. Pilotprojekt Nummer 2: Auf sämtlichen Gebäuden im Düssel- dorfer Stadtgebiet, welche auf längere Sicht keine Änderung der Gebäude-Hüllfläche oder Heizungstechnik erfahren sollen, werden Mieterstrom-PV-Anlagen eines Kooperationspartners errichtet. Bei Fertigstellung aller geplanten Anlagen werden 2.700.000 kWh PV-Strom erzeugt. Jede dieser kWh verdrängt 0,35 kg CO2 aus dem bundesweiten Stromnetz, was 945.000 kg CO2 entspricht. Dividiert man diese CO2-Menge durch die Fläche des Gesamtbestandes, erhält man eine Minderung von 2,09 kg/m²a. Beide Pilotprojekte mit großer Wirkung Fazit der Rheinwohnungsbau: Der Schlüssel zum Erfolg liegt im Quartier! Dort wird Energie in vielfacher Form verbraucht und kann vor Ort erzeugt werden. Der Einsatz von Wärmepumpen ist eine optimale Lösung, wenn das Warmwasser elektrisch per Direkt-Durchlauf-Erhitzer erzeugt wird. Voraussetzung ist eine ordentliche Gebäudehülle, mindestens im BEG100-Standard. Eine Kombination aus Photovoltaik und Wärmepumpe ist sinn- voll mit Blick auf weitestgehende Autarkie und auf die Erreichung einer Reduktion der CO2-Emissionen. Ganz wesentlich: Die Wirtschaftlichkeit der Investitionen ist allerdings nur unter Beibehaltung der KfWFörderung darstellbar!

49 RHEINWOHNUNGSBAU GMBH: EINFLUSS BEIDER LÖSUNGSANSÄTZE AUF DIE GESAMTEN CO2-EMISSIONEN Reduktion durch EINHUNDERT-Mieterstrom: Beeinflussung des Pfades in kg/m² in Duisburg: 2.700.000 kWh Strom x (Stand 2025) 0,35 kg/kWh = 945.000 kg CO2 im Jahr 49.000 m² WF - Statt 40,2 kg/CO2 nur noch 2 kg/CO2 = 1.871.800 kWh CO2 im Jahr Bei 451.428 m² Wohnfläche gesamt: - 945.000 kg CO2/451.428 m² = - 2,09 kg CO2/m² WF Bei 451.428 m² Wohnfläche gesamt: - 1.871.800 kWh CO2/451.428 m² = - 4,14 kg CO2/m² WF STAND 2022: Abzug PV: Abzug Duisburg: = 31.12.2026 23,60 kg - 2,09 kg - 4,14 kg 17,37 kg LEG-KLIMASTRATEGIE: 2021 ERSTELLT UND SEITDEM IN UMSETZUNG Die LEG hat ihre ESG-Strategie im Mai 2021 veröffentlicht, seither sukzessive umgesetzt und weiterentwickelt (siehe unten). Die LEG strebt das Erreichen der Klimaneutralität bis zum Jahr 2045 an und hat den Weg dorthin skizziert. Bis 2024 sollen die CO2-Emissionen um 10 Prozent reduziert werden. Das Unternehmen geht bezüglich seiner CO2-Emissionen von einer Startbasis von 36,7 kg CO2/m²a (Stand 2020) aus und plant die Reduktion auf 33 kg CO2/m²a im Jahr 2024. Die Daten sind jeweils standortbasiert und klimabereinigt. Basierend auf dem Reduktionspfad für Klimaschutz ist geplant, für das Jahr 2030 einen Korridor von lediglich 22 bis 23 kg CO2/m²a zu erreichen und im Jahr 2045 nur noch etwa 3 kg CO2/m²a zu emittieren. 2021 hatte die LEG bereits eine deutliche Reduktion auf 34,7 kg CO2/m2 erreicht. Im Fokus der Aktivitäten zur Umsetzung der LEG-Klimastrategie stehen die Energie- und Wärmewende, d. h. die Umstellung von fossilen auf Erneuerbare Energieträger als auch die energeti- sche Modernisierung der Immobilienbestände. Zusätzlich werden auch die Mieter:innen durch ein geändertes Verbrauchs verhalten einen Beitrag leisten müssen. LEG: ESG-ZIELE 2021 UND 2022 LANGFRISTIGE (LTI) UND KURZFRISTIGE (STI) ZIELE 1 Stand Einheiten: 12/19 ESG-Ziele 2021 2021 – 2024 Reduzierung der CO2-Emissionen um 10 % innerhalb von 4 Jahren1 2021 Energetische Sanierung von mindestens 3 % der Wohneinheiten1 2021 – 2024 Erhalt der hohen Mitarbeiterzufriedenheit (66 % Trust Index) 2021 2021 ESG-Ziele 2022 2022 – 2025 2022 Reduzierung der Wiederholungsanrufe von Mietern um 15 % Stabiles Sustainalytics-Rating bei 10,4 Reduzierung der CO2-Emissionen um 10 % auf CO2/m² Basis Reduzierung der CO2-Emissionen um 4.000 Tonnen aus Modernisierung 2022 – 2025 Verbesserung des Customer Satisfaction Index (CSI) auf 70 % 2022 2022 Erhalt der hohen Mitarbeiterzufriedenheit (66 % Trust Index) Erhalt des Sustainalytics-Ratings in der Risikokategorie „Unwesentlich“ (< 10) LTI STI LTI STI STI LTI STI LTI STI STI Environment Social Governance Environment Social Governance

PRAXISBERICHT 2021/2022 50 Eine Besonderheit für ein Wohnungsunternehmen stellt das LEG-eigene Biomasseheizkraftwerk Siegerland dar: Es speist Grünen Strom ins allgemeine Netz ein, der dem jährlichen Bedarf von rund 45.000 LEG-Wohneinheiten entspricht. Bei voller Anrechnung würde es den CO2-Fußabdruck der LEG um 18 Prozent senken. Drei-Punkte-Programm der LEG zur CO2-Reduktion: 25 bis 30 Prozent Einsparung durch energetische Modernisierung Ein Ziel ist es, digitales, serielles Sanieren für das eigene Unternehmen als auch für die gesamte Branche voranzubrin- gen, um Bauzeit und Modernisierungskosten sukzessive zu minimieren. Die ersten beiden Projekte dieser Art mit ins- gesamt 157 Wohnungen gehen aktuell in die Bauphase (Stand: August 2022): Bei RENOWATE, einem Anfang 2022 von LEG und dem österreichischen Bauunternehmen Rhom- berg eigens für die serielle Modernisierung gegründeten Gemeinschaftsunternehmen, werden derzeit die ersten vor- produzierten Fassadenteile in einem Quartier in Mönchen- gladbach angeliefert und montiert. Nach der Sanierung im Energiesprong-Prinzip erreicht das Objekt KfW 55-Standard und ist von Gaslieferungen unabhängig, da eine Wärme- pumpe der neuesten Generation eingebaut wird. RENOWATE plant die Umsetzung von 14 solcher Projekte in den kom- menden zwei Jahren. In der Realisierungsphase befindet sich auch der erste von vier Bauabschnitten des so genannten LEG-Zukunftshauses, bei dem die LEG mit verschiedenen Baupartnern unterschiedliche Lösungen für die Net-Zero- Modernisierung nach dem niederländischen Energiesprong- Verfahren erprobt. 65 bis 70 Prozent Einsparung basiert auf der Energie- und Wärmewende: Rund 30 Prozent der LEG-Quartiere sind be- reits an Fernwärmenetze angeschlossen – mit zukünftigem Ausbaupotenzial. Das Unternehmen verhandelt mit Versorgern über Grüne Fernwärme und beobachtet, wo diese entsteht. Ein Programm für Wärmepumpen ist aufgesetzt und geht 2022 in die Umsetzung. Darüber hinaus wird derzeit über- prüft, wo die LEG aufgrund der geänderten Regulierung Angebote für Mieterstrom machen könnte. Hierzu wurden bereits mehrere Projekte umgesetzt, zum Beispiel in der auto- freien Siedlung Weißenburg in Münster: Mit einer Photovol- taik-Anlage wird dort seit Ende 2021 grüner, CO2-neutraler Strom erzeugt, den die Kunden über einen eigenen Mieter- strom-Tarif beziehen können. Bis zu fünf Prozent Einsparung kann durch geändertes Mieter- verhalten erzielt werden: Hierzu arbeitet die LEG aktuell an ei- nem Pilotprojekt (siehe Projekt S. 85). Um die Effizienzgewinne aus den Modernisierungen vollumfänglich halten zu können, ist die LEG auch auf die Unterstützung der Mieter:innen sowie auf deren angepasstes Verbraucherverhalten angewiesen. HOWOGE: AUF DEM WEG ZU EINEM KLIMAFREUNDLICHEN BESTAND Bezahlbare Wohnungen schaffen und gleichzeitig das Klima weniger belasten! Im Einklang mit dem Berliner Klimaschutz- programm gilt das ambitionierte CO2-Ziel für den Bestand der HOWOGE genauso wie für den Neubau: Bis 2045 sollen die Gebäude nicht mehr als 7 kg CO2/m2 a verursachen. Die Vorgaben der letzten Klimaschutz-Vereinbarung mit dem Senat für das Jahr 2020 hatte das Unternehmen bereits übertroffen: Vereinbart war die Senkung des CO2-Ausstoßes auf 1,12 t pro Wohnung und Jahr; die HOWOGE lag allerdings schon 2018 bei 1,01 t und war 2020 bereits bei 0,96 t angekommen. Beim Planen, Ausschreiben und Finanzieren nutzt das Unter- nehmen den KfW-Effizienzhaus-Standard. Dort gilt: Je niedriger der Wert, desto weniger Energie benötigt das Gebäude und desto besser ist es gedämmt. Schon seit 2020 plant die HOWOGE nur noch Neubauten, die dem KfW 40-Standard entsprechen. Hier spielen viele Faktoren hinein: von der Haustechnik mit nach- haltiger Wärmeerzeugung durch Fernwärme, Wärmepumpen, BHKW oder dezentraler Trinkwasserversorgung und kontrol- lierter Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung bis hin zum Einsatz nachhaltiger Baustoffe. Bei Letzteren wird geprüft, inwieweit ressourcenschonend mit Holz oder in Holz-Hybrid- bauweise gebaut werden kann. Im Jahr 2021 hat das Unternehmen fünf Projekte fertiggestellt. Davon entsprachen drei dem KfW 55-Standard und zwei dem EnEV Standard. Zudem befanden sich neun Projekte mit einem KfW 40-Standard in der Planung und ein Projekt im KfW 40-Standard hatte Baubeginn. Die Wärmewende ist ein zentrales Themenfeld einer zukünftig klimaneutralen Energieerzeugung und -versorgung in Deutschland. Die HOWOGE beteiligt sich daher am Forschungsvorhaben „KoWa – Wärmewende in der kommunalen Energieversorgung“, das in verschiedenen regiona- len Clustern technische und sozioökonomische Handlungsfelder der Wärmewende untersucht. Dazu gehört auch ein Quartier der HOWOGE im Stadtteil Karlshorst, bestehend aus fünf Gebäuden, Baujahr 1956, mit insgesamt 153 Wohneinheiten. Zusammen mit der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin und der HOWOGE Wärme GmbH werden verschiedene Wärmeversorgungskonzepte auf Basis Erneuerbarer Energien untersucht. Durch die Versor- gung aus Abwasserwärme kann es beispielsweise gelingen, die Vorgaben des Berliner Energie- und Klimaschutzprogramms für einen klimaneutralen Gebäudebestand zu erfüllen – vereinbart mit einer sozialverträglichen Mietenentwicklung. Weitere konkrete Maßnahmen in Verbindung mit Pilot projekten: ‒ Weitere Optimierung der Anlagen zur Raumheizung und Warmwasser-Bereitung in circa 5 Prozent des Bestandes pro

51 des Eigenbetriebs prüfen. Fast alle Neubauten wurden mit Photovoltaik-Anlagen ausgestattet. Der erzeugte Strom wird durch die HOWOGE Wärme GmbH als Mieterstrom ver- marktet. Im Bestand werden PV-Anlagen ebenfalls installiert. VONOVIA: GOVERNANCE INTEGRATION, DEKARBO- NISIERUNGSTOOL UND QUARTIERSANSATZ Die Klimastrategie der Vonovia wurde 2020 entwickelt und 2021 aufgrund geänderter Rahmenbedingungen neu definiert. Seit über zwei Jahren läuft die Umsetzung. Aufgrund der Größe sieht sich das Unternehmen als zentralen Treiber für Klima- schutz in der Wohnungswirtschaft, da es über die eigenen System- grenzen hinaus viel für einen klimaneutralen Gebäudebestand bewirken kann. Die Nachhaltigkeitsstrategie des Konzerns ad- ressiert gezielt die Anforderungen der Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen sowie weitere konkrete ESG-Ziele (Environment, Social und Governance) europäischer und nationaler Regularien. Seine Emissionen erfasst der Konzern nach dem anerkannten Stan- dard des Greenhouse Gas Protocol. Der größte Teil entfällt dabei auf Scope-1-Emissionen (direkte Emissionen, etwa 45 Prozent) und Scope-2-Emissionen (indirekte Emissionen durch Bezug von Fern- wärme und Strom, etwa 40 Prozent) der Bestandsgebäude. Jahr. Rund 300 Hausanschluss-Stationen wurden erneuert und mit standardisierter Anlagen-, Automatisierungs- und Leittechnik zur besseren Visualisierung ausgestattet. ‒ Optimierung der Antriebe für circa 50 Aufzugsanlagen pro Jahr: Im Zuge der Instandsetzung und Erweiterung von 305 Aufzugsanlagen wurden Frequenz-Umrichter zur Verbesse- rung der Frequenz-Regelung erneuert oder nachgerüstet. Das energetische Einsparpotential beträgt – je nach vorhandenem Antrieb und verwendeter Technik – bis zu 40 Prozent! ‒ Prüfung der Heizungsumstellung für die Objekte, die über Kohle oder durch Gasetagenheizungen beheizt werden (21.000 Quadratmeter, circa 350 Wohneinheiten). Mit der komplexen Instandsetzung erfolgte die Zentralisierung der Heizungsanlage in der Schwanebecker Chaussee 22-32, Lahnsteiner Straße 1, Wandlitzstraße 5/Wildensteiner Straße 1. ‒ Bei allen Gebäuden, bei denen Erneuerungsmaßnahmen an der zentralen Heizung und Warmwasser-Versorgung durch- geführt werden und bei allen Neubauten wird der Einsatz von Wärmepumpen mit unterschiedlichen Wärmequellen wie Außenluft, Abwasser oder Erdreich geprüft. Sofern die Maßnahmen für die HOWOGE und die Mieter:innen wirt- schaftlich und sozial realisierbar sind, wurden – oder werden – sie umgesetzt. ‒ Bei geeigneten Gebäuden wird die HOWOGE nach Möglich- keiten suchen, die Dächer oder andere geeignete Flächen für Erneuerbare Energien zu nutzen und parallel die Möglichkeiten KLIMAPFAD VONOVIA: STRATEGIE ZUR DEKARBONISIERUNG DES GEBÄUDEBESTANDS CO2-INTENSITÄT IN KG CO2/M²A 39,5 40 38,4 35,2 34,1 32,8 2025 31,6 kg 2030 < 25 kg 2020 2025 2030 2035 2040 2045 2045 < 5 kg 30 20 10 0 Die drei Hebel des Klimapfads 1 > Fortsetzung der um- fassenden energe- tischen Sanierung 2 > Ersatz konventionel- ler Heizungen durch Hybrid-Anlagen und Wärmepumpen > Photovoltaik auf allen geeigneten Dächern > Aufbau eigener Nah- wärmenetze im Quar- tier mit Erneuerbaren Energien 3 > Umbau des Energie- sektors zu CO2-freier Fernwärme und Grünem Strom * beinhaltet Scope 1 und 2 sowie Scope 3 „Brennstoff- und energiebezogene Emissionen aus der Vorkette“; bezogen auf Gebäudebestand Deutschland ohne Deutsche Wohnen. Entwicklung des Energiesektors nach Szenario Agora Energiewende KNDE 2045; Vergleich: CRREM Pfad MFH 1,5° DE 2045 = 5,4 kg/CO2m2 (07/2021); Entwicklung Klimapfad unterstützt durch Fraunhofer ISE

PRAXISBERICHT 2021/2022 52 Bis 2030 unter 25 kg CO2/m² – bis 2045: unter 5 kg CO2/m² Vor dem Hintergrund des neuen Klimaschutzgesetzes und den darin enthaltenen Sektorzielen hat sich Vonovia das Ziel ge- setzt, bis zum Jahr 2045 einen nahezu klimaneutralen Gebäude- bestand mit einer CO2-Intensität von unter 5 kg CO2 pro m² Mietfläche zu erreichen. Für 2030 wurde eine wichtige Weg- marke festgelegt: Bis dahin soll bereits eine CO2-Intensität von unter 25 kg CO2/m² erreicht werden! Diese Zielsetzung wurde auch in den Nachhaltigkeits-Perfomance-Index integriert, der Teil der Unternehmenssteuerung ist und im Zuge einer verläss- lichen und transparenten Unternehmensführung in die Vergü- tung des Vorstandes mit einfließt. Die CO2Intensität stellt darin die bedeutsamste Teilkomponente dar. Der Klimapfad ist Teil der Nachhaltigkeitsstrategie, die unter- schiedliche Dimensionen der Nachhaltigkeit aufgreift: die Selbstverpflichtung zu Klimazielen und CO2-Reduktion (E), das Übernehmen sozialer Verantwortung für Mieter:innen, Kund:innen und Mitarbeitende (S) sowie eine zuverlässige, transparente und vertrauensvolle Unternehmensführung (G): E – Environmental Beitrag zu Klimaschutz und CO2-Reduktion: ‒ Umwelt und Klima ‒ Nachhaltiges Bauen und Entwickeln Mit dem 2021 weiterentwickelten Klimapfad verpflichtet sich Vonovia zu dem Ziel eines nahezu klimaneutralen Gebäude- bestands bis 2045 mit verbindlichen jährlichen Zwischenzielen. Zwingend erforderlich dafür sind allerdings sowohl eine kon- sequentere Sanierungstiefe als auch der verstärkte, dezentrale Einsatz von Erneuerbaren Energien für die Wärme- und Stromversorgung in den Quartieren. Erst mit einem holistischen VONOVIA: NACHHALTIGKEITS-PERFORMANCE-INDEX CO2-Intensität im Gebäudebestand Nachhaltiger und energieeffizienter Neubau Barrierearm (teil-)modernisierter Wohnraum Steigerung der Kundenzufriedenheit Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit Diversität bei Führungskräften x e d n I - e c n a m r o f r e P - s t i e k g i t l a h h c a N Quartiersansatz lassen sich die notwendigen Reduktionspoten- ziale realisieren. Als zentralen Hebel für das Erreichen dieser Zielsetzung hat das Unternehmen ein Programm für die Ent- wicklung der Quartiere (Urban Quarters) definiert. S – Social Gesellschaftliche, soziale Verantwortung für Mieter:innen, Kund:innen und Mitarbeiter:innen. ‒ Gesellschaft und Beitrag zur Stadtentwicklung ‒ Wohnraum und Kund:innen ‒ Unternehmenskultur und Mitarbeiter:innen Als gesellschaftlicher Akteur setzt der Konzern auf eine sozialver- trägliche, verlässliche Mietenpolitik und sieht den Ausbau einer sozialen Infrastruktur unter Einbindung von Innovationen und neuen Technologien als integralen Bestandteil seiner Quartiers- entwicklungen. So wird ein urbanes, ökologisches und bezahl- bares Wohnangebot sozial verantwortlich gestaltet. Dies schließt insbesondere auch den Ausbau barrierearmer Wohnungen mit ein, um dem demographischen Wandel gerecht zu werden. G – Governance Zuverlässige, transparente und vertrauensvolle Unternehmens- führung. ‒ Verantwortungsvolles Wirtschaften und Unternehmens- ‒ Zukunftsfähigkeit und Kapitalmarkt führung Vonovia setzt auf eine zuverlässige, transparente und vertrau- ensvolle Unternehmensführung, die sich an den Best Practices des internationalen Corporate Governance Kodex orientiert. Die Einhaltung der geltenden Gesetze sowie interner und ex- terner Richtlinien ist für das Unternehmen eine Selbstverständ- lichkeit und unbedingte Voraussetzung, um als verlässlicher und vertrauenswürdiger Partner wahrgenommen zu werden. Als Ausdruck der sehr hohen Bedeutung der Nachhaltigkeit hat das Unternehmen mit der Einführung des Nachhaltigkeits-Per- formance-Indexes im Jahr 2021 Aspekte seiner Nachhaltigkeits- strategie in das Steuerungssystem von Vonovia integriert. Er ergänzt auch das bisherige Vergütungssystem um wesentliche nichtfinanzielle Kennzahlen. Dekarbonisierungstool für Quartiere: CO2 im Fokus, minus 1,5°C-Pfad im Blick Der Klima-Zielpfad der Vonovia wurde in interdisziplinärer Zusammenarbeit verschiedener Bereiche und mit Unterstüt- zung des Fraunhofer ISE entwickelt. Er basiert darauf, dass eine umfassende Erhöhung der Energieeffizienz des Gebäude bestandes durch energetische Modernisierung stattfindet. Ein speziell entwickeltes Dekarbonisierungstool ermög- licht es, das Konzernziel auf die Regionen und Quartiere he- runterzubrechen und differenzierte Lösungskonzepte

53 Ein Stimmungsbild: Wo stehen die Unternehmen der IW.2050 in puncto Klimastrategie? Die Grundlagen der erarbeiteten Klimastrategie wurden von unserem Aufsichtsrat beschlossen und genehmigt. Für dieses Jahr gibt es noch ein verfügbares Budget für die Klimastrategie, mit dem kleinere, aber effektive Maßnahmen schnell umgesetzt werden sollen. Ab 2023 beginnen wir mit dem permanenten und konsequenten Zielcontrolling. Bereits in den vergangenen Jahren wurde – auch ohne festgeschriebene Klima- strategie – permanent nachhaltig modernisiert und mithilfe des Bilanzierungsmoduls die Einsparung festgehalten. Unsere Klima- strategie ist in acht Priorisierungen eingeteilt – beginnend mit dem Jahr 2022. Bis 2025 haben wir es jährlich priorisiert, um direkt Maß- nahmen- und Investitionsprogramm abzubilden, ab 2026 erfolgt dies in Fünf-Jahres-Schritten. KWH Kommunale Haus und Wohnen GmbH Die Veröffentlichung der SWSG-Klimastrategie erfolgte im Zuge des CSR-Berichts 2019. Die ökologischen Ziele aus der Klimastrategie wurden in die strategischen Zielvorgaben des Unternehmens übernommen und im Juni 2021 durch den Stuttgarter Gemeinderat bestätigt. Die Entwicklung und Abstimmung der Klimastrategie liefen parallel. Die Umsetzung der Klimastrategie ist bereits im vollen Gange: So finden beispielsweise die ambitionierten Zielvorgaben im Bereich Modernisierung im Baupro- gramm Berücksichtigung, das Heizungstauschprogramm ist ebenso gestar- tet wie ein Pilotprojekt zur intelligenten Heizungssteuerung. Zudem wurde eine PV-Rahmenvereinbarung zur Ausstattung aller geeigneten Dächer durch einen Energiedienstleister abgeschlossen. Unsere Zielerreichung in den wesentlichen Handlungsfeldern der Klimastrategie evaluieren wir jährlich und schreiben so unsere Klimastrategie unter Berücksichtigung technischer und wirtschaftlicher Entwicklungen kontinuierlich fort. Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft mbH (SWSG) Die Datenerhebung sowie die Auswertung der vorhandenen Daten sind aktuell in Bereitung. Aufgrund der aktuellen Situation (Pande- mie, wechselnde Präsenz am Arbeitsplatz) im Unternehmen dauert die Analyse länger als geplant. Braunschweiger Baugenossenschaft eG Hier wird es noch Jahre dauern. Zudem sind die gesetzlichen und finan- ziellen Änderungen (KfW) noch nicht klar. Die umgesetzten Maßnah- men müssen überarbeitet werden. Wir prüfen derzeit, welche Umsetzung hinsichtlich der ermittelten THG-Werte, notwendige Investitionskosten, Mietpreisstruktur und Mieterstruktur sinnvoll und möglich sind. Kommunale Wohnungsgesellschaft Ginsheim-Gustavsburg – KWG Erste Überlegungen zu möglichen technischen Strategien, noch ohne Berücksichtigung der finanziellen und personellen Auswirkungen Wohnungsgenossenschaft von 1904 e. G. Wir haben im Jahr 2021 eine CO2-Bilanz erstellt und sind in 2022 dabei, unsere Klimastrategie zu entwickeln. Stadtbau Aschaffenburg GmbH aufzuzeigen. Das Tool wird stetig weiterentwickelt, um die ideale Schnittmenge zwischen CO2-Zielen und Wirtschaftlich- keit aufzuzeigen und somit eine optimale Entscheidungsgrund- lage zu bieten. Dabei steht das Quartier (Urban Quarter) als Lösungsebene im Zentrum, auch – und insbesondere – für die Energiewende. Viele integrierte Lösungen hinsichtlich Ener- gieversorgung mit Erneuerbaren Energien und CO2-Reduk- tion können nur in größeren Siedlungszusammenhängen technisch und wirtschaftlich sinnvoll umgesetzt werden. So ist z. B. die Innovationsklausel des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) nur für Quartiere anwendbar. Dieser Umstand stärkt erneut den Quartiersansatz von Vonovia und unterstreicht die holistische Perspektive in der Entwicklung des Ansatzes. Das Dekarbonisierungstool dient der Umsetzung des Vonovia- Klimapfades auf operationaler Ebene und zielt auf die Effekte von Modernisierung, Wechsel von Energieträgern und Ver- änderungen im Bestand ab. Es zeigt beispielsweise auf, ob sich das Vonovia-Portfolio als Ganzes oder Quartiere als Teile davon auf dem richtigen Weg zum Klimaziel 2045 befinden und welchen Einfluss klimawirksame Maßnahmen auf die Zielerreichung haben. So kann ökonomisch klug und ökologisch vorausschauend in Richtung Klimaneutralität gesteuert werden. Modernisierungsmaßnahmen Die vier Highlights des VonoviaDekarbonisierungstools: ‒ Sichtbarmachung der langfristigen Klimawirksamkeit von ‒ Möglichkeit der Ableitung regionaler Klimapfade ‒ Priorisierungsalgorithmus zeigt, welche Gebäude mit Priorität ‒ Evaluation von Modernisierungsprogrammen durch Einspeisen modernisiert werden sollen von Daten zur geplanten oder erreichten CO2-Reduktion Weitere Eckpunkte des Klimapfads: Steigerung des Anteils Erneuerbarer Energien im Quartier und eine tiefgreifende Transformation des Energiesektors. Die Bereitstellung ausreichender Mengen an CO2-freier Fernwärme und Strom durch die Energiewirtschaft sowie ein vorgezogener Kohle ausstieg, wie im Koalitionsvertrag beschrieben, sind dabei Grundvoraussetzungen für einen klimaneutralen Ge bäudesektor. Für ein Erreichen sowohl des Klimaziels als auch der Ziele des gesamten Wohnungssektors sind weiterhin die richtigen Förderinstrumente und der Abbau rechtlicher Hürden entscheidend. Denn, damit klimaneutrales Wohnen gelingen kann und bezahlbar bleibt, braucht es neben eigenen Verpflichtungen und Investitionen ambitionierte und lang fristige Partnerschaften und veränderte politische Rahmen bedingungen. Besonders das Modellieren und Entwickeln nachhaltiger Lösungen zum Klimaschutz zeigt, dass sich die ganze Branche in einem Spannungsfeld aus sich stetig ändernden regulatorischen Anforderungen und diver gierenden StakeholderInteressen sowie RenditeOrien tierung bewegt.

PRAXISBERICHT 2021/2022 54 Bereits im Jahr 2020 haben wir die Unternehmensstrategie 2025 er- arbeitet und damit den Grundstein für unsere Klimastrategie gelegt. Bis Anfang November 2022 entwickeln wir unsere Klimastrategie, die als wesentlichen Teil einen „Sanierungsfahrplan“ für die kommenden Jahre enthält. Dazu haben wir externe Hilfe durch die sustainable AG und die ina Planungsgesellschaft mbH. Stadtsiedlung Heilbronn GmbH Entwicklung einer Klimastrategie mit externer strategischer Beratung 1. Modul: Ermitteln des CO2-Fußabdrucks, 2. Modul: Entwickeln eines Sanierungsfahrplans. VBW Bauen und Wohnen GmbH 4.1.3. Praxisbeispiele und Pilotprojekte von IW.2050-Partnern Die in den Klimastrategien dargelegten Szenarien bedürfen einer Überprüfung und einer Reihe von Pilotprojekten und Testläufen in den Unternehmen, bevor sie in Serie gestartet werden können. Einige Beispiel stellen wir im Folgenden dar. Der Fokus liegt dabei eindeutig auf der energetischen Sanierung des Gebäudebestands auf niedertemperaturfähige Gebäude und auf der Defossilisierung der Wärmeversorgung. VERFÜGEN SIE ÜBER GOOD- BZW. BEST PRACTICE-BEISPIELE AUS IHREM UNTERNEHMEN ZU DEN NACHFOLGEND GENANNTEN SCHWERPUNKT-THEMEN? (MEHRFACHNENNUNGEN MÖGLICH) 28 30 7 7 7 8 9 Zusammenarbeit mit lokalen / regionalen Energieversorgern Sektorenkopplung Graue Emissionen / Graue Energie Holzbau Einsatz von Wärmepumpen Einsatz von Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung Regenerative Stromerzeugung Regenerative Wärmeversorgung Optimierung der Sanierungsgeschwindigkeit Optimierung des Heizungs- und Heizanlagen-Betriebs Optimierung des Nutzerverhaltens Modernisierung von denkmal- geschütztem Gebäudebestand Management von Klimarisiken 2 Umweltmanagement-System 4 Regenwasser- Managementsysteme 4 Förderungen / Förderprogramme 14 11 18 17 21 19 0 5 10 15 20 25 30

55 auf der Optimierung des Primärenergiebedarfs. Konkret wird das Quartier von Gas auf Fernwärme umgestellt. Die Dächer erhalten Photovoltaik-Anlagen, die Mieterstrom zur Verfügung stellen. Im Neubau wird EH40 angestrebt. In der Bestandsmo- dernisierung ist der erreichbare Effizienzhaus-Standard sehr stark von der Baustruktur und der jeweiligen Gebäudetypo- logie abhängig. Je nach Objekt soll hier ein Zielniveau zwischen EH55 und EH85 erreicht werden. Ob und in welcher Form dies aus baulichen, ökonomischen und sozialen Gesichts- punkten möglich sein wird, werden erst die folgenden Unter- suchungen zeigen. Alternative Mobilitätskonzepte und die Förderung der Elektromobilität sollen die Klimabilanz des Quartiers zusätzlich verbessern. Ziel ist es, den alten Baum- bestand zu erhalten. Das Quartier wird nach einem ökologisch ausgerichteten Freiraum- und Artenschutz-Konzept unter Berücksichtigung eines naturnahen Wassermanagements entwickelt. Durch die Schaffung einer zentralen Mitte und die Planung einer autoarmen Siedlung lässt sich die Aufent- haltsqualität weiter steigern. Ziele sind ein ganzheitlicher Planungsansatz, viele Synergieeffekte, hohe soziale Verträg- lichkeit und ökologische Optimierung. Die aktuelle Konzeptphase läuft noch bis Ende 2022. Das bis dahin entwickelte integrierte Quartierskonzept wird konkrete Empfehlungen für die weitere Planung bieten. WOBAK – STÄDTISCHE WOHNUNGSBAU- GESELLSCHAFT MBH KONSTANZ Wohnen statt Parken – Reihenhäuser mit nachwach- senden Rohstoffen und effizienter Ressourcen-Nutzung Ein rhythmisierter Baukörper aus sechs Winkelhäusern entstand als Nachverdichtungsprojekt auf der Decke einer kaum noch genutzten Tiefgarage in der Innenstadt. In den Obergeschossen mit Glasschirmen verbunden, geben die Baukörper dem neu entstandenen Innenhof Lärmschutz und Abgrenzung zur stark befahrenen Straße, zugleich profitieren die Neubauten vom bis- herigen, gewachsenen parkartigen Innenhof. Wohnen auf zwei „Viele Unternehmen sind sich ihrer Ver antwortung für die Transformation zur Klimaneutralität bewusst. Auch und gerade vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine arbeiten sie weiterhin mit Hoch touren daran, ihren Beitrag zum Klima schutz zu leisten. Aufgrund der langen Lebensdauer von Gebäuden ist die energe tische Sanierung des Gebäudebestandes ein zentraler Hebel, um die Energieeffizienz zu erhöhen. Gleichzeitig muss die Wärmever sorgung dringend auf regenerative Energien umgestellt werden. Damit die dafür not wendigen, hohen Investitionen gestemmt werden können, ist nicht nur die Bereit schaft erforderlich, für klimaschonendere Produkte mehr zu bezahlen. Vor allen Din gen braucht es eine langfristige Investitions und Planungssicherheit. Nachdem die Debatte um Gebäudesanierung und Wärme wende nun endlich an Dynamik gewonnen hat, müssen wir jetzt in die Umsetzung kommen. Damit leisten wir einen wichti gen Beitrag nicht nur für die Klimaneutra lität, sondern auch für die Unabhängigkeit Deutschlands von russischem Gas.“ Sabine Nallinger Vorständin der Stiftung KlimaWirtschaft GEWOFAG MÜNCHEN Klimaneutrales Quartier „Ramersdorf Süd“ Im Süden des Bezirks Ramersdorf-Neuperlach soll eine GEWOFAG- Siedlung zu einem klimaneutralen und klimaresi- lienten Quartier mit Vorbildcharakter entwickelt werden. Das Areal erstreckt sich über eine Gesamtfläche von knapp 91.000 Quadratmetern und beinhaltet 916 Wohneinheiten. Die ehemalige US-Siedlung von 1949/50 sowie die drei Hochhäuser aus dem Jahr 1965 weisen ein hohes energetisches Modernisierungspo- tenzial auf, gleichzeitig soll zusätzlich dringend benötigter sozialer und bezahlbarer Wohnraum für München geschaffen werden. Für die Erstellung eines integrierten Quartierkonzeptes wurden Fördermittel über die KfW beantragt und bewilligt. Ein inter- disziplinäres Planungsteam erstellt ein ganzheitliches Quartiers- konzept – in enger Zusammenarbeit mit der Landeshauptstadt München und im direkten Austausch zwischen den Fachberei- chen Energieplanung, Stadtplanung/Architektur, Landschafts- architektur sowie Verkehrs-/Mobilitätsplanung. Klimaschutz, soziale Verträglichkeit, Artenschutz und Mobilität fließen abgestimmt in die Projektplanung mit ein. Ein Fokus liegt

PRAXISBERICHT 2021/2022 56 Treppenhauskerne und Geschoßdecken sowie Elemente in den Freianlagen soll Recycling-Beton verwendet werden, insofern er nah und günstig zu beziehen ist.) Dornbirn Das energetische Konzept: ‒ Nach dem Prinzip und in Zusammenarbeit mit der 2226AG, ‒ Verzicht auf zentrale Heizsysteme ‒ dezentrale Warmwasser-Aufbereitung ‒ Infrarot (Backup-)Heizungen in den einzelnen Räumen ‒ Strom aus hauseigener Photovoltaik-Anlage mit Mieter- ‒ ganzjähriges Monitoring von Komfort und Verbrauch ‒ Steuerung der Fensterlüftung über Temperatur-, CO2- strom-Modell und Luftfeuchtigkeitssensoren Zusätzliche nachhaltige Aspekte: ‒ Regentonnen zur Bewässerung ‒ Versickerungsflächen im gemeinschaftlichen Feuchtbiotop ‒ Nistplätze an Fassaden und Igelburgen ‒ Reduzierung versiegelter Flächen GEWOBAG WOHNUNGSBAU- AKTIENGESELLSCHAFT BERLIN Wohnpark Mariendorf: gesamtenergetisches Wohnkonzept als Blaupause Der Wohnpark Mariendorf ist eine 1969/70 erbaute Wohn- siedlung im gleichnamigen Stadtteil. Er umfasst 31 gestaffelte Wohnhäuser mit fünf bis zwölf Geschossen. Zwischen 2016 und 2019 wurde die gesamte Anlage mit ihren 734 Bestands- wohnungen modernisiert und unter Gesichtspunkten der „Smart City“ umgestaltet. Weitere 73 geförderte Neubauwoh- nungen sind als Dachaufstockungen entstanden. Die Bestandsgebäude haben im Rahmen der Modernisierung eine Wärmedämmung sowie moderne Haustechnik erhalten. In Kooperation mit GASAG Solution Plus sind diese Maßnahmen um eine dezentrale Energieerzeugung und ein modernes Ener- giemanagement ergänzt worden. Zwei Blockheizkraftwerke und ein Erdgas-Spitzenlastkessel mit einer Gesamtleistung von rund vier Megawatt wurden neu installiert. Zudem produziert die Anlage nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) rund ein Megawatt Strom. An zwei großen Fassaden wurden vertikale Photovoltaik-An- lagen mit einer Gesamtleistung von 13 Kilowatt Spitzenleistung installiert. Ergänzt wurden diese in der Energiezentrale um zwei Batteriespeicher mit jeweils 30 Kilowattstunden. Der erzeugte elektrische Strom wird den Mieter:innen als Quartier-Strom angeboten und an sieben neuen Ladestationen Geschossen, im Erdgeschoss Innenhof mit Pflanzen und Privat- sphäre, im Obergeschoss öffnet sich der Baukörper in Ost-West- Richtung zum Park und bringt Licht in die Räume. Die zur Straße verglaste Terrasse auf dem eingeschossigen Verbindungsteil bietet ein grünes Außenzimmer mit geschützten Ausblicken. Der unbe- baute Teil des Parkdecks dient als Spielstraße. Eine schnelle Bauzeit wurde durch den hohen Vorfertigungsgrad und gravierende Ge- wichtsvorteile erreicht – dank Holzbauweise. So wurde es möglich, mit geringen Anpassungen der Tragstruktur in der Tiefgarage, die zusätzliche Belastung durch die Leichtbau-Holzhäuser mit nach- wachsenden Rohstoffen auszugleichen. Die Neubauten nutzen die Wärme des bestehenden Blockheizkraftwerks in der Rampe der Tiefgarage. Photovoltaik auf den Dächern ergänzt das bereits vor- handene Mieterstrom-Modell der Stadtwerke Konstanz. GEMEINNÜTZIGE WOHNUNGSBAUGESELLSCHAFT INGOLSTADT GMBH Speichermasse und dezentrale Systeme – ein Projekt mit vielfältigen Klimaschutz-Aspekten Ein Mehrfamilienhaus-Neubau mit 15 Wohneinheiten in der Größe von 47 bis 105 Quadratmeter wird als geförderter Wohnungsbau mit KfW-Zuschuss konzipiert. Das Projekt zielt darauf ab, mög- lichst viel Speichermasse in Decken und Wänden zu schaffen, die Lüftungswärmeverluste über sensorgesteuerte Fensterlüftung zu minimieren und dadurch auf ein zentrales Heizsystem verzichten zu können. Der Arbeitstitel lautet: „Haus fast ohne Heizung“. Die Konstruktion: ‒ tragende Außenwände – monolithisch aus Dämmziegel ‒ Betondecken ‒ aussteifende Kerne in Form der Treppenhäuser aus Beton ‒ Wahl aller Materialien nach Energieeinsatz ihrer Her stellung, kurze Transportwege und Möglichkeit des sortenreinen Rückbaus ‒ Verwendung nachwachsender Rohstoffe (Ziegel mauern, ‒ Wo möglich und sinnvoll: RecyclingBaustoffe (Für Holzfenster und Stäbchenparkett vorgesehen)

57 Nicht zuletzt war der Wohnpark Mariendorf Blaupause für die ganzheitliche Weiterentwicklung von Bestandsquartieren. So wurde 2021 mit einer vergleichbaren Modernisierung des Quartiers Buckower Höfe mit 994 Wohnungen im Bestand in Neukölln begonnen. DEWOG – DEUTSCHE WOHNUNGS- GESELLSCHAFT MBH, KÖLN Stegerwaldsiedlung: Beispielhafte energetische Sanierung einer Großsiedlung aus den 50er Jahren Die Stegerwaldsiedlung wurde in den 1950er Jahren auf dem Gelände einer ehemaligen Waggonfabrik in Köln-Mülheim in attraktiver Rheinnähe erbaut. Sie umfasst heute ein Gebiet von circa 313.000 Quadratmetern und besteht aus 1.395 Wohnungen mit einer Wohnfläche von rund 79.700 Quadratmetern. Im Rahmen des von der EU geförderten Projekts „GrowSmarter“ wurden in den Jahren 2015 bis 2019 sechzehn Gebäude mit 593 Wohnungen und einer Gesamtwohnfläche von circa 33.500 Quadratmetern umfangreich energetisch modernisiert, 94 neue Wohnungen kamen durch Aufstockung hinzu. Die Maßnahmen im Bestand umfassten eine Dämmung der Gebäudehülle (Fassade, Kellerdecke und Dachboden/-stuhl) und den Einbau neuer energiesparender Kunststofffenster mit Dreifachverglasung. Darüber hinaus wurde vom Projektpartner Rheinenergie AG ein neuartiges, innovatives Wärmeversorgungssystem einge- baut: Auf den Dächern der Stegerwaldsiedlung wird mit Hilfe von 5.600 Quadratmetern Photovoltaik-Anlagen Strom erzeugt. Damit dieser weitestgehend in der Siedlung selbst verbraucht wird, werden dort Stromspeicher (655 kWh, 210 kW) einge- setzt. Der so vor Ort produzierte Strom dient vorrangig der Ver- sorgung der Wärmepumpen, mit denen geheizt wird. Insgesamt 41 hocheffiziente Luft-Wasser-Wärmepumpen sind im Einsatz. Reicht die von den Wärmepumpen produzierte Wärme bei Bedarfsspitzen nicht aus, liefert das Fernwärmenetz den restlichen Bedarf (mit einem Primärenergiefaktor von 0). Die Bewohner der Siedlung können den lokal erzeugten Solar- strom als Mieterstrom auch selbst beziehen. Das Gesamtsys- tem wird durch ein neuartiges Energie-Managementsystem gesteuert. Wetter-, Verbrauchs- und Anlagendaten dienen den für Elektroautos genutzt. Darüber hinaus unterstützt eine eigene Power-to-Heat-Anlage mit 600 Kilowatt die Wärmeerzeugung auf Basis klimafreundlicher Elektrizität und hilft sogar dabei, das öffentliche Netz zu stabilisieren: Wenn überschüssiger Strom aus Erneuerbaren Energien im Netz oder aus den Blockheizkraft- werken vorhanden ist, wandelt sie diesen in Wärmeenergie um. Optimiert wird das flexible Energiesystem durch eine neue intelligente Steuerung: Mithilfe künstlicher Intelligenz steuert diese automatisch die Energieflüsse zwischen den verschiedenen Anlagen. Dazu wertet es das Verbrauchsverhalten und die Wet- terdaten aus, gleicht diese mit aktuellen Wetterprognosen ab und errechnet daraus eine Bedarfsprognose. Außerdem bezieht es Daten der Strommarkt-Börse ein, um auch wirtschaftlich eine möglichst effiziente Energieverwendung zu erzielen. Die dezentrale Energieerzeugung sorgt im Zusammenspiel mit der intelligenten Steuerungstechnik für eine erhebliche Entlastung von Umwelt und Klima. Das Energiekonzept erreicht einen Primärenergiefaktor von nur 0,29 und der KWK-Anteil an der Wärmeerzeugung beträgt 86 Prozent. Durch die Maßnahmen der Gebäudesanierung und die Umstellung der Anlagentechnik wurde für den Bestand der KfW 85-Effizien- haus-Standard unterschritten. Der Dachgeschoss-Neubau wurde im KfW 70-Effizienzhaus-Standard realisiert. Nach Abschluss der Generalmodernisierung mit Dachgeschoss-Aufstockung erfolgte ab Mitte 2020 eine weitere Nachverdichtung des Quartiers. So sind innerhalb von zwei Jahren weitere 137 Neubauwohnungen im KfW 55-Standard, verteilt auf drei Baukörper, entstanden. Die Be- sonderheit: Der Altersstruktur des Quartiers wurde unter anderem durch die Schaffung neuer Wohnangebote Rechnung getragen. Ein Haus mit 48 Wohnungen sowie 250 Quadratmeter Gewerbe- fläche wurde an einen Anbieter ambulanter Tagespflege vermietet. Das Thema Mobilität spielte bei der Modernisierung des Wohn- parks Mariendorf ebenfalls eine wichtige Rolle. So wurde im Rahmen eines internationalen Förderprojektes ein Mobilitäts- monitor entwickelt und bereitgestellt: Er zeigt den Bewohnerin- nen und Bewohnern jederzeit und in Echtzeit die Verfügbarkeit des ÖPNV, öffentlicher Ladeinfrastruktur und nahegelegener Sharing-Angebote an. Daran anknüpfend wird mit einem sta- tionären Quartiers-Carsharing der Gewobag-eigenen Marke „SpreeAuto“ den Mieter:innen die Möglichkeit geboten, Elektro- autos im Quartier zu attraktiven Konditionen zu buchen. Die Ladesäulen werden mit dem Strom der zwei Blockheizkraftwerke des Wohnparks Mariendorf versorgt. 2018 hat das ganzheitliche Quartierskonzept den Berliner Klimaschutzpreis erhalten. Im Jahr 2020 folgte der zweite Platz beim Contracting-Award des Verbands für Wärmelieferung sowie der Zeitschrift „Energie & Management“. Mitte 2021 folgte die dritte Auszeichnung für das Projekt: der Architektur- preis für Berliner Gebäude mit Solarenergie.

PRAXISBERICHT 2021/2022 58 JOSEPH-STIFTUNG BAMBERG Wärmepumpen im Bestand Das Babenberger Viertel mit 285 Wohnungen mit einer Gesamt- wohnfläche von 21.240 Quadratmetern wurde in den Jahren 1972 bis 1976 als autofreies Quartier errichtet. 2001 wurde eine Modernisierung von zwei Gebäudeblöcken (73 Wohneinheiten) in der Salierstraße durchgeführt – ein frühes Beispiel mit langer Betriebserfahrung in Bezug auf den Einsatz von Wärmepumpen. Das gebäudetechnische Konzept hierfür bestand aus verschiedenen Komponenten regenerativer Energieerzeugung, Wärmerück- gewinnung und Spitzenlast-Gaskessel (siehe Grafik S. 59). Tiefe (inkl. Geothermal Response Test an 1. Bohrung) Die Komponenten: ‒ Geothermie-Feld: pro Gebäudeblock 10 Erdsonden à 90 Meter ‒ bivalente Wärmepumpe 68,6 kW ‒ thermische Solaranlage zur Warmwasser-Bereitung ‒ hygrometrisch geregelte Zuluft-Öffnungen ‒ hygrometrisch geregelte Abluft-Öffnungen ‒ Wärmerückgewinnung aus der Abluft: Rückführung von ‒ Nahwärmenetz – inzwischen ersetzt gegen Gas-Brennwert- kessel für Warmwasser-Bereitung und Spitzenlasten-Heizung Wärme ins Geothermie-Feld selbstlernenden Algorithmen hierbei als Basis für die notwendigen Bedarfsprognosen. Die Sanierung führte zu rund 70 Prozent bzw. 1.100 t/a Einsparung klimaschädlicher CO2-Emissionen. Der Primärenergieeinsatz konnte kalkuliert um circa 80 Prozent reduziert werden. Dieses Konzept zur Wärmeversorgung mit intelligenter Ver- netzung verschiedener Komponenten zur Energie- und Wärme- erzeugung hat Vorbildcharakter für andere Quartiere. Als weitere Besonderheit wurden zukunftsweisende Mobilitätsan- gebote in Form von Car- und Bikesharing mit Elektrofahrzeugen geschaffen. Dies führt zu einer positiven Beeinflussung der Luftqualität im Viertel und weniger Geräusch-Emissionen. Die Stegerwaldsiedlung dient als Blaupause für eine klimafreundliche und nachhaltige Entwicklung von urbanen Räumen. Vor der Modernisierung und danach: Salierstr. 4 – 10 + 12 – 18

59 pumpe/Geothermie und Gas-Brennwertkessel 66 kW ‒ Brauchwasserspeicher: Erwärmung über Solarthermie, Wärme- ‒ bestehender Heizungskreislauf ‒ Dämmung: Dach 22 cm, Kellerdecke 11 cm, Wand 16 cm Baukostenanteile und durchschnittliche Verbrauchs- daten 2017 bis 2020 Heizungswärme Verbrauchsdaten: ‒ 19,9 kWh/m²a „Grüner“ Strom für Heizung ‒ 3,2 kWh/m²a Gas für Heizung Kosten: ‒ Ø 0,36 €/m²Monat ‒ Ø 4,32 €/m²a WarmwasserBereitung Verbrauchsdaten: ‒ 30 – 40 kWh/m²a Gas ‒ Kosten: ‒ Ø 0,13 – 0,16 €/m²Monat ‒ Ø 1,60 – 1,95 €/m²a Gesamtkosten (aus dem Jahr 2002): 994 Euro pro Quadratmeter Kostenanteile der Maßnahmen: ‒ 15 Prozent: technisch ‒ 29 Prozent: energetisch - baulich ‒ 33 Prozent: Instandhaltung + Modernisierung ‒ 3 Prozent: Asbestsanierung ‒ 5 Prozent: Außenanlagen ‒ 15 Prozent: Nebenkosten Berechnete CO2-Einsparung: 252 t CO2/a Oben: vor der Modernisierung Unten: nach der Modernisierung Dipl.Ing. Architektin, Dipl.Ing. (FH) Innenarchitektin Michaela Meyer, Mitglied der Geschäftsleitung der JosephStiftung und Leiterin des Bereichs Bestands entwicklung, resümiert: „Dieses Projekt war vor über 20 Jahren zwar ein Wagnis, das ohne Modellbau-Förderung (Experimenteller Wohnungsbau) nicht umsetzbar gewesen wäre. Heute aber belegt es die Stabilität dieser konzeptionellen Idee: Wärmepumpen im Bestand sind machbar – mit normalen Heizkörpern und den inzwischen üblichen Dämm- maßnahmen. Diese Projekterfahrung stellt eine gute Basis für zu- künftige Modernisierungen dar.“

PRAXISBERICHT 2021/2022 60 VBW BAUEN UND WOHNEN GMBH, BOCHUM Serielles Sanieren in Bochum-Harpen Das Pilotprojekt umfasst 32 Wohneinheiten und startete im Juli 2021 im Rahmen des Energiesprongs. Die Maßnahmen: ‒ Erneuerung der Fassaden und Fenster durch vorgefertigte Elemente, Einbau von Rollläden in den vorgefertigten Elementen ‒ Flachdach-Erneuerung und Photovoltaik-Anlage ‒ Umstellung der Beheizungsart von Fernwärme auf eine dezentrale Versorgung der Wohnungen mit einer Zentralen Zu- und Abluft-Wärmepumpe je Wohnung ‒ Einbau einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung: Links: vorher/rechts: nachher (Visualisierung) Lüften (kontrollierte Wohnraumlüftung), Heizen und Warmwasser-Aufbereitung in einem System. Die Raum- wärme erfolgt mittels Lüftung, so dass auf die vorhandenen Heizkörper verzichtet werden kann. Die erforderlichen Kanäle wurden durch eine abgehängte Deckenbeplankung im Flur verkleidet. Klingelanlagen, Vordächer Taster, Elektro-Steigleitungen ‒ Austausch Hauseingangstüren, Briefkästen, Sprechanlagen, ‒ Sanierung der Treppenhäuser, Fenster, Anstrich, Beleuchtung, ‒ neue Aluminium-Vorstellbalkone ‒ Erneuerung der Kellerelektrik ‒ Erneuerung der Außenanlagen

61 VBW BAUEN UND WOHNEN GMBH: IDENTIFIZIERTE RISIKEN UND DER UMGANG DAMIT – BESONDERE HERAUSFORDERUNGEN UND LÖSUNGEN Mieterakzeptanz des hohen Veränderungsumfangs Eingriff in die Wohnungen Öffentliche Wahrnehmung Mietenentwicklung (Miet-)rechtliche Rahmenbedingungen Große Erwartungshaltung Erreichen des Net-Zero-Standards Administrativer Aufwand Detaillierter Kommunikationsplan, u. a. Einzelgespräche Detaillierte Organisation und Kommunikation, für die Zukunft: minimalinvasives Konzept Innovationscharakter betonen, abgestimmte Kommunikation der Akteure Potenziale durch Energiekosteneinsparung Rechtliche Begleitung des gesamten Projektes „Pilotprojekte sind der Weg zur seriellen Lösung“ Einbinden diverser Fachplaner und Monitoringkonzept nach Fertigstellung Erfahrungsaustausch, Vernetzung und entsprechende Ressourcen planung im Unternehmen SAGA SIEDLUNGS-AKTIENGESELLSCHAFT HAMBURG Wärmepumpen im Bestand Aktuell sind 51 Wärmepumpen-Systeme im SAGA-Bestand im Einsatz. 1.255 Wohneinheiten werden durch Wärmepumpen versorgt – sowohl im Neubau als auch nach ganzheitlicher Modernisierung/Sanierung. Die erschlossenen Wärmequellen sind Abluft, Außenluft und Erdwärme. In Einfamilien- sowie in kleinen Mehrfamilien-Neubauten sind insgesamt bereits 14 monovalente Außenluft- und Erdsonden-Wärmepumpen im Einsatz. Derzeit sind auch weitere mono- und bivalente Systeme für verschiedene Gebäudetypen in Planung und Umsetzung. Das bisherige SAGA-Fazit: Die Wärmepumpe ist als Ergänzung zu „Grüner Fernwärme“ auch im Bestand realisierbar. Beim Vorhaben, den Gebäudebestand zu dekarbonisieren, stellt sie eine effiziente Schlüsseltechnologie dar. Bei SAGA sollen auf- grund der anschließbaren Wärmenetze, die im städtischen Raum vielfach verfügbar – und gesetzlich verankert – zu dekar- bonisieren sind, 70 Prozent der Gebäude im Jahr 2030 mit Fernwärme versorgt werden. Wärmepumpen sollen dabei den wesentlichen Anteil der verbleibenden Anlagen versorgen. Jedoch ist eine Absenkung der Heizkreis-Temperaturen sowie weitere Effizienzanforderungen von Wärmepumpen-Systemen (z. B. ausreichend großer Wärmespeicher, Effizienz-Monitoring und -optimierung etc.) immer mitzudenken. Bei einer Investi- tionsabwägung in konventionelle Wärmeerzeuger sind die stei- genden Energie- und CO2-Preise, Installations- und Wartungs- kosten für Schornsteine und gegebenenfalls Gasanschlüsse bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung zu berücksichtigen. Die Kosten und der Aufwand für Schulungen von Planungs- und Betriebspersonal können sich durch Effizienz-Verbesserungen rechnen. Die verfügbaren Fördermittel für Wärmepumpen sei- tens des BMWi sind im Rahmen der Wärmewende zu prüfen und bestmöglich in Anspruch zu nehmen. UNTERNEHMENSGRUPPE NASSAUISCHE HEIMSTÄTTE | WOHNSTADT (NHW), FRANKFURT AM MAIN/KASSEL Umsetzung der Klimastrategie in der Bestands- modernisierung – mit definiertem Hüllstandard und regenerativer Wärmeversorgung Die NHW (Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte | Wohnstadt) hat sich in ihrer Klimastrategie 2018/19 klare Pri- märenergie-Vorgaben für die maximalen Energiebedarfe nach der Modernisierung gegeben. Sie berücksichtigen, dass – der Klima- strategie folgend – jährlich immer mehr regenerative Wärmever- sorgungsprojekte in der Bestandsmodernisierung Einzug halten. Ziel ist es, bis Mitte des Jahrzehnts über genügend Praxiserfah- rung bei Errichtung, Inbetriebnahme und Betriebsoptimierung mit den verschiedenen Herstellern und Anlagenkomponenten von Wärmepumpen gesammelt zu haben – in Kombination mit Photovoltaik und Photovoltaik-Solarthermie-Kombi-Modulen. Damit soll ermöglicht werden, vollständig auf regenerative Wärmeversorgungsanlagen setzen zu können. Bislang versorgt die Unternehmensgruppe rund 500 Bestands- wohnungen über Wärmepumpen. Im Modernisierungsjahr 2021 konnten bereits knapp 70 Prozent aller dezentral versorgten Bestände in der Vollmodernisierung mit Wärmepumpen aus- gerüstet werden. Hier eine Übersicht der Aufwuchsplanung: ‒ Anlagen mit Wärmepumpe in 2021 in Betrieb genommen: ‒ Anlagen mit Wärmepumpe in 2022 in Ausschreibung: ‒ Anlagen mit Wärmepumpe in 2023 in Planung: 18 mit 319 Wohneinheiten 20 mit 469 Wohneinheiten 29 mit 693 Wohneinheiten Soweit ein Fernwärme-Anschlusspotenzial besteht, erfolgt der Netzanschluss der Gebäude. Ansonsten sind – gemäß den

PRAXISBERICHT 2021/2022 62 bisherigen Erkenntnissen der NHW-Klimastrategie – Wärme- pumpen die bevorzugte Wärmeversorgungsart aufgrund ihres großen Hebels zur CO2-Minimierung. Bislang kommen bivalente Systeme mit Gas-Spitzenlastkessel zum Einsatz. Die Abschaffung der Abgabenlast auf Wärmepumpen-Strom wird dazu führen, dass die bisherige Drosselung der Anlagen entfällt. Bislang war dies erforderlich, um die Mieter:innen nicht mit zu hohen Betriebskosten zu belasten. niziert werden. Ein erstes monovalentes Pilotprojekt mit einer reinen Wärme- pumpen-Versorgung für 45 Wohneinheiten wird 2022/23 umgesetzt. Die zentralen Erkenntnisse daraus: ‒ Diese Projekte benötigen eine gute frühzeitige Vorbereitung. ‒ Möglichst klare Ziele müssen allen Projektbeteiligten kommu- ‒ Bei hybriden Anlagen besteht erhöhter Platzbedarf. ‒ Heizkörper mit niedrigen Vorlauftemperaturen werden von ‒ Zur Überwachung der Anlagen müssen entsprechende ‒ Möglichst alle Komponenten der Wärmeerzeugung sollten von Messgeräte frühzeitig eingebaut werden. den meisten Mietern akzeptiert. einem Hersteller stammen. (Vorteil: klare Zuständigkeiten.) mit Wärmepumpen. ‒ Viele Planer und Handwerker haben noch wenig Erfahrung ‒ Für die Einbindung der Wärmepumpen in die Warmwasser- bereitung muss noch ein anderes Konzept gefunden werden. ‒ Hybride Anlagen brauchen einen „Kümmerer“. ‒ Wärmepumpen sind deutlich temperaturempfindlicher als Kessel! Der Modernisierungs-Hüllstandard für die NHW wurde 2018 festgelegt. In der Klimastrategie, die bislang auf rund 7 kg CO2/m²a in 2045 abzielt, wird er als unverändert bis zum Zieljahr hinter- legt. Er ist wie folgt definiert: ‒ Außenwand mindestens 16 cm Dämmung mit EPS ‒ Fenster Dreifach-Verglasung mit U-Wert von maximal 0,95 ‒ Kellerdecke mit mindestens 6 cm Dämmung ‒ Dachgeschoss mit mindestens 16 cm Dämmung NHW: REDUZIERUNG DES PRIMÄRENERGIEBEDARFS UND DER CO2- EMISSIONEN NACH MODERNISIERUNG IM GEPLANTEN PROGRAMMJAHR 100 % 80 % 60 % 80 % 77 % 71 % 60 % 59 % 62 % 64 % 40 % 46 % 20 % 0 % 2018 2019 2020 2021 Durchschnitt nach Vollmodernisierung in 2021 für Wärme und Trinkwarmwasser ‒ 42,5 kWh/m²a Primärenergiebedarf ‒ 14,4 kg CO2/m²a Emissionen (Effizienzklasse A) und (zweitbeste CO2-Abgabeklasse – 10 %-Anteil Vermieter) Mit durchschnittlich EH85 – EH70! Primärenergieeinsparung CO2-Reduzierung

63 Hiermit liegt die NHW bei Vollmodernisierungen zwischen den Effizienzhaus-Standards EH85 und EH70. Folgende Grafik verdeutlicht, dass sich damit hinreichende Effizienzsteigerungen erzielen lassen und eine weitere Verschärfung nicht erforderlich ist. Mit 42,5 kWh/m²a erreicht die Unternehmensgruppe bei den Vollmodernisierungen des Jahres 2021 bereits annähernd den eigenen Zielwert für 2030. Sonderthema „Graue Emissionen“ Nicht nur das CO2, das beim Energieverbrauch im Betrieb entsteht, sondern auch die sogenannten Grauen Emissionen, die schon bei der Herstellung und beim Transport der Baumaterialien entstehen, beim Bau selbst und auch beim späteren Abriss eines Gebäudes schlagen in einer ÖkoGesamtbilanz entscheidend zu Buche. Daher sind Forschung und – daran angeknüpft – Pilotprojekte hier von wachsender Bedeutung. „Der Wohnungswirtschaft kommt bei der Erschließung ökologischer Potentiale im Bauwesen eine besondere Rolle zu: Sie verwaltet eine relevante Menge an Gebäuden, Entscheidungen werden nahezu zentral gefällt, über eingesetzte Ressourcen und Mengen an Emissionen wird somit stra tegisch entschieden. Umweltwirkungen entstehen vor allem beim Bau – d. h. bei der Gebäude erstellung – und durch die Nutzung der Gebäude. Während diese letztere Dimension im laufenden Betrieb vor allem durch die Nutzer:innen definiert wird, kann der Teil, der die Gebäudesubstanz betrifft, weitestgehend vom bauenden Unternehmen kontrolliert werden. Generell stellt der Gebäudebestand ein Potential dar, das hinsichtlich der verbauten Energie und eingesetzten Emissionen auf seine funktionale Eignung hin überprüft werden muss. Die Betrachtung aller Lebenszyklus Phasen macht deutlich, dass durch die Weiternutzung von Wohngebäuden, die sich technisch eignen, große Materialmengen für die Errichtung neuer Gebäude eingespart werden können. Die Sanierungen verbessert den Wohn komfort, tragen aber auch zur Reduzierung der verbrauchten Energiemenge im Betrieb bei. Hier fehlt bisher oftmals die ökologische Lebenszyklus Betrachtung. Eingesetzte Dämmsysteme sind in der Regel aus nicht nach wachsenden Rohstoffen und oft mit hohem Energieeinsatz hergestellt. Eine Berücksichtigung würde stärker solche Produkte befürworten, deren Rohstoffe einfacher zu gewinnen sind und deren Herstellungsaufwand deutlich geringer ist. Im aktuellen Vergleich sind Produkte aus erneuer baren Rohstoffen kostenintensiver. Systemlösungen in Kork, Holzfaser dämmstoff oder Lehm müssen zudem einfacher installierbar werden, um stärker konkurrenzfähig zu sein. Vorfertigung in der Sanierung – sogenanntes Serielles Sanieren – ist in Deutschland weniger verbreitet als in Nachbarländern. Die Niederlande beispielsweise verdeutlichen mit ihrer Herangehensweise ‚Energie sprong‘ eine Vereinfachung im Herstellungsprozess. Damit reagieren sie auch auf den akuten Fachkräftemangel. Besonders für Bestandshalter mit baugleichen Gebäuden bietet die Vorfertigung Vorteile. Aus ökolo gischer Perspektive bietet dieser Ansatz die Möglichkeit, den gesamten Kreislauf mitzugestalten und den Rückbau gleich mitzudenken. Denn: Aufbauten, die zentral wieder dekonstruiert werden könnten, so dass ihre Materialien einen monetären und ökologischen Wert behalten, sind zukunftsfähig.“ Prof. Dr. Linda Hildebrand RWTH Aachen

PRAXISBERICHT 2021/2022 64 VONOVIA SE, BOCHUM Graue Emissionen Vonovia hat seit 2020 eine Klimastrategie (s. o.) für den Betrieb des Gebäudebestandes etabliert (insbesondere Scope 1 und 2-Emissionen) – mit bereits hoher Transparenz zu weiteren Emissionskategorien im jährlichen Nachhaltigkeitsbericht. Dazu zählen der eigene Geschäftsbetrieb, WEG sowie die energie- bezogene Vorkette. Der nächste Schritt lautet daher: Transpa- renz und Klimastrategie ausweiten auf indirekte Emissionen (Scope 3). Ein Fokus liegt dabei auf der Lieferkette und hier ins- besondere auf den Emissionen der Herstellung von Baustoffen und Materialien – den sogenannten Grauen Emissionen. Bereits seit einiger Zeit kann die Vonovia eine Reihe von Projekten mit CO2armer Bauweise vorweisen. Aktuelle Beispiele sind: ‒ Leimfreie Holzbauweise im Quartier in Kornwestheim ‒ Holzmodulbauweise in Berlin (Amendestraße) ‒ in Planung gerade das größte Holzbau-Quartier in Deutschland ‒ sowie eine Quartiersentwicklung in Berlin-Ziekowkiez: in Berlin, Münsterberger Weg Aufstockung und Neubauten im Holzrahmenbau Mit den Erfahrungen aus diesen Einzelprojekten will die Vonovia nachhaltiges Bauen in der ganzen Breite vorantreiben und die Grundlagen dafür bereits in der Planung schaffen. Die Heran- gehensweise des Unternehmens: Um verschiedene Konstruk- tionsweisen im Neubau vergleichen zu können, wurde ein Musterhaus definiert und dieses in sechs Konstruktionsweisen (von konventionell über Hybrid-Bauweise bis hin zum Holz- massivbau) durchgeplant und in Bezug auf CO2 und Primär- energiebedarf durchgerechnet. Das Ergebnis: Holzrahmenbau und Holzmassivbau verursachen bis zu über 80 Prozent weniger CO2 als konventionelle Bauweisen, wenn man nur auf die Herstel- lungsphase der Materialien schaut. Über den gesamten Lebens- zyklus fällt der Unterschied deutlich geringer aus, da die Ökobilanz-Standards hier keine Weiterverwendung des Holzes zulassen. Durch diese Analyse hat Vonovia nun vergleichbare Daten für seine Planer, die bereits in früher Projektphase abschät- zen können, wie die Lebenszyklus-Emissionen eines Gebäudes aussehen werden oder könnten. Gerade im Kontext der Ände- rung der BEG-Förderkriterien ist dies wertvoll, da Lebenszyklus- Emissionen dort nun relevante Kriterien sind. Gleichzeitig kann Vonovia diese Daten auch für die Ergänzung der Unter- nehmens-CO2-Bilanz nutzen, die sukzessive ausgebaut wird. Ein nächster Schritt ist die aktuell laufende Bewertung der Materialien für die Gebäudesanierung. Baustoffkonferenz „Perspektiven des Bauens“ Da nachhaltiges Bauen viele verschiedene Akteure betrifft, läuft parallel der Dialogprozess „Perspektiven zur Zukunft des Bauens“, bei dem Vonovia von März bis November in mehreren Work- shops mit zahlreichen Stakeholdern (Herstellern, Planern, Politik, Wissenschaft) diskutiert, wie nachhaltiges Bauen gelingen kann und welche Baustoffe zukünftig verwendet werden sollen. Diese Initiative findet sich auch im Nachhaltigkeitsbericht als „Bau- stoffkonferenz“ und auch online wieder: https://baustoffkonferenz.vonovia.de STADTSIEDLUNG HEILBRONN GMBH SKAIO – das erste Holzwohnhaus Deutschlands SKAIO ist ein architektonischer Pionier und Wegbereiter für den Holzbau in Deutschland. Bei dem als Hybridkonstruktion ausge- führten Gebäude macht der Werkstoff Holz den überwiegenden Teil der Konstruktion aus. Das Treppenhaus und das Sockel- geschoss sind aus Stahlbeton gefertigt. Damit ist SKAIO das erste Hochhaus in Holzbauweise Deutschlands mit 34 Meter Höhe. Das Gebäude entstand im Rahmen der Bundesgartenschau 2019 in Heilbronn und ist Teil eines umfassenden Konzepts zukunfts- fähiger Stadtentwicklung. Es ist sinnvoll im Quartier integriert, verfügt über intelligente, flächensparende Grundrisse und bietet deshalb bezahlbare Wohnmöglichkeiten. Zudem überzeugt es mit einer gut durchdachten Nutzungs- und Nutzermischung. Fragen der Rückbaubarkeit und Lebenszyklus-Orientierung wurden konsequent bearbeitet, z. B. über den Einsatz einer mit vorgehängten, hinterlüfteten Aluminium-Elementen verkleideten Fassade. SKAIO trägt durch die Verfolgung des cradle-to-cradle- Prinzips zur Energiewende bei. Die größtmögliche Wiederverwertbarkeit der Elemente und Ma- terialien waren von der ersten Stunde an erklärte Projektziele. Alle Details wurden so geplant, dass der spätere Austausch einzelner Elemente ebenso möglich ist wie der Rückbau und die Wiederver- wendung. Die Bauteil-Aufbauten sind gänzlich trocken und jedes Material ist zu 100 Prozent sortenrein trennbar. Darüber hinaus wurden ausschließlich Baumaterialien mit geprüfter Zusammen- setzung verwendet. Dies betrifft die Ausbau-Materialien ebenso wie Kleber, Silikone und Wandfarben. Das Innenraumklima und die Raumluft sind somit von höchster Qualität. Vor Bezug wird die Raumluft von einem unabhängigen Baubiologen geprüft. Für seine Nachhaltigkeit sowie seine herausragende baukulturelle und gestalterische Qualität wurde das SKAIO mit einem DGNB- Zertifikat in Gold sowie einem „DGNB Diamant“ und dem „Deut- schen Nachhaltigkeitspreis Architektur 2021“ ausgezeichnet. SKAIO-Eckdaten: Baujahr: 2018 bis 2019 Bauweise: Holzhybridbau, ökologisch nachhaltiger Wohnungsbau Wohnfläche: 60 Mietwohnungen mit insgesamt 3.300 Quadrat- metern, 40 Prozent davon geförderte Wohnungen, vier Wohnungen für Wohngemeinschaften

65 Gewerbefläche: 137 Quadratmeter BGF: 5.685 Quadratmeter Höhe: 34 Meter = 10 Geschosse Sichtbare Holzwände und Decken, gemeinschaftliche Dach- terrasse, Waschsalon und Gemeinschaftsküche lands Wäldern nach. Highlights des Projekts: ‒ Das Holz für SKAIO wächst in rund 7 Minuten in Deutsch- ‒ In 8 Wochen wurden 8 Stockwerke aus Holz gebaut. ‒ 1 PKW verursacht 1,5 Tonnen CO2 pro Jahr – SKAIO ‒ Die Gewichtseinsparung durch die Verwendung von Holz speichert den CO2-Ausstoß von circa 1.000 Autos beträgt bis zu 30 Prozent gegenüber der konventionellen Bau- weise. Damit waren weniger dicke Fundamente notwendig. Weniger Stahlbeton bedeutet auch weniger CO2-Produktion. ‒ Bei SKAIO ergaben sich durch die Verwendung von Holz rund 330 Quadratmeter mehr Nutzfläche.

PRAXISBERICHT 2021/2022 68 5. WOHNUNGSWIRTSCHAFT UND KLIMANEUTRALITÄT: 15 VON DER IW.2050 IDENTIFIZIERTE SPANNUNGSFELDER „WIE WENIG IST GENUG?“ STATT „VIEL HILFT VIEL“ Der Umgang von gesellschaftlich relevan ten Fragestellungen prägt das Bauwesen von jeher und auch heute. Die Baukultur, die sich daraus entwickelt, ist ein hohes Gut, das es zu bewahren gilt. Politische Umstände und die Dringlichkeiten im Umwelt und Klimaschutz stellen die Gesellschaft weltweit vor Herausforderungen. Sie führen zu einem Paradigmenwechsel – vor allem hinsichtlich des Konsumverhaltens der Verbraucher:innen, aber auch im Bauwesen. Nicht ausschließlich vor dem Hintergrund der Verknap pung fossiler Energieträger sowie der stetig voranschrei tenden Digitalisierung hat im Planungs und Bauwesen in den letzten zwei Jahrzehnten eine entscheidende Ent wicklung stattgefunden. Sie stellt einige Strategien und Ausrichtungen der Vergangenheit in Frage – richtet man den Blick in die Zukunft. Die Diskussion „Wie sieht die Stadt, in der wir leben wollen, bei starkem Zuwachs in den urbanen Strukturen versus dem Bauen im ländlichen Raum aus?“ ist ebenso entscheidend wie die „Diskussion um den angemessenen Umgang von technischen Systemen in unseren Gebäuden im Sinne der Robustheit und Halt barkeit“ oder Fragestellungen hinsichtlich der „Baumate rialität im Sinne der Umweltverträglichkeit“. Dem Wunsch nach einfachen Konstruktionen und einer Mini mierung an Komplexität der technischen Systeme stehen Anforderungen, Vorschriften und Normen sowie die Er wartungshaltung an Gebäude gegenüber. Innovation wird nicht nur im Sinne der Steigerung von Technologie und Komplexität diskutiert, sondern vielmehr im Kontext der Fragestellungen „Wie wenig ist genug?“. Monitorings zeigen, HERAUSFORDERUNGEN KLIMANEUTRALITÄT GEMEINSAM DIE VERSCHÄRFTEN ANFORDERUNGEN VON EU UND BUND OPERATIONALISIEREN 2021 Juni – Verabschiedung Klimaschutzgesetz 2021 = Klimaneutralität in 2045 2023 2024 Verschärfung der Neubau-Anforderungen auf 55 % des Primärenergiebedarfs des Referenzgebäudes 65 % Erneuerbare Energien in der Wärmeversorgung von Modernisierungsobjekten und Neubauten1 GRAUE EMISSIONEN ALS FÖRDERGRUNDLAGE IM NEUBAU? NEU! Konzept für Bestandsanlagen: sukzessive Reduktion der zulässigen Nutzungsdauer von 30 auf 20 Jahren für Anlagen ab Baujahr 1996 + Sofortaustausch von defekten Anlagen² SOLARPFLICHT? 2030 alle Neubauten müssen emissionsfrei sein (max. Primärenergiebedarf 60 kWh/m²a + CO2-neutrale Versorgung)3 EU-Effizienzklasse G muss modernisiert sein (15 % Gebäude-Bestand)3 2033 EU-Effizienzklasse F muss modernisiert sein (15 % Gebäude-Bestand)3 UMSTELLUNG AUF CO2 ALS FÖRDERGRUNDLAGE? 1 SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP – Koalitionsvertrag + Osterpaket 2 jährliche Reduktion um 4 Monate Laufzeit – bei Ausfall eines Einzelofens muss ein Wechsel auf eine Zentralbeheizung mit 65 % regenerativem Anteil durchgeführt werden 3 GdW – Memo Energy Performance of Buildings Directive – Gebäudeeffizienz-Richtlinie

69 FOLGEN DER KLIMAPOLITISCHEN ANFORDERUNGEN DAS SPANNUNGSDREIECK DER WOHNUNGSWIRTSCHAFT ÖKONOMIE Aufrechterhaltung der Geschäftsfähigkeit ÖKONOMIE Aufrechterhaltung der Geschäftsfähigkeit AUSTARIERTES HANDELN IST EXISTENZIELL SOZIAL Bereitstellung ÖKOLOGIE Einhaltung der SOZIAL Bereitstellung ÖKOLOGIE Einhaltung der preisgünstigen Wohnraums Klimaziele preisgünstigen Wohnraums Klimaziele dass Erfolge beim Einsatz technischer Systeme zur Mini mierung des Energieverbrauchs ausbleiben, vielmehr steigt mit stetig wachsender Komplexität vor allem in den Steuerungen die Fehleranfälligkeit und Sollabweichung. Diese Frage beinhaltet, ergänzend zu baulichen Aspekten und notwendigen Neuausrichtungen im Bauwesen, eine entscheidende Herausforderung für eine zukunftsfähige Ge sellschaft im Hinblick auf das alltägliche Verhalten und die Anforderungen an Komfort und Individualismus. Der abs trakte Begriff der „Suffizienz“ – als ergänzender Baustein zur Resilienz und Konsistenz – ist übergeordnet und unabding bar in der Diskussion um Nachhaltigkeit. Dies gilt vor allem im Umgang mit dem Bestand. Ausgelöst durch die energeti sche Debatte sowie überalterte Gebäudebestände aus den 1960er und 1970er Jahren, ergibt sich eine klare Bauaufgabe. Deren Dringlichkeit scheint nicht als solche angekommen zu sein – blickt man in die Sanierungsraten der vergangenen Jahre. Dabei wird es weniger darum gehen, einzelne Pilot projekte unter dem Aspekt der Effizienz umzusetzen oder eine Sanierung auf eine zukünftige Verbrauchszahl hin zu konzipieren. Es wird vielmehr darum gehen, die Stellschrau ben mit dem höchsten Wirkungsgrad hinsichtlich Wohn qualität, Effizienz und CO2Verbrauch pro Kopf umzusetzen. Bilanzgrenzen, die die Kreislauffähigkeit der Baustoffe be rücksichtigen, sind in diesem Zusammenhang ebenso neu zu definieren wie die Frage nach dem Flächenverbrauch im Wohnungswesen und die Einbindung übergeordneter Konzeptionen zur Energieversorgung. Diese ganzheitlichen Betrachtungen und das Hinterfragen der Komfortansprüche werden entscheidende Erfolge für den Klimaschutz und für den Erhalt der Baukultur bringen. Alleiniges Nachjustieren von Kenngrößen in der Effizienz und die Vermarktung von Nachhaltigkeit werden diese akuten Fragen nicht lösen. Prof. Dipl. Ing. Elisabeth Endres Technische Universität Braunschweig Die Vorgaben auf EU- und Bundesebene, zusammengefasst auf einer Zeitschiene, machen es mehr als deutlich: Primäres Ziel aller Klimastrategien in der Wohnungswirtschaft muss es sein, die schlechtesten 30 Prozent der Gebäude bis 2033 modernisiert zu haben. Unter diesem extremen zeitlichen Druck agieren zu müssen, ist aber nur ein Aspekt der Gesamtsituation. Die klimapoliti- schen Anforderungen kreieren Druck auch an anderer Stelle – in den originären Aufgaben- und Verantwortlichkeitsfel- dern der Wohnungswirtschaft: preisgünstigen Wohnraum in ausreichender Anzahl zur Verfügung zu stellen und zu- gleich den Geschäftsbetrieb wirtschaftlich vertretbar auf- recht und die Arbeitsplätze für rund 65.000 Mitarbeitende zu erhalten. In der aktuellen Befragung, die diesem Praxisbericht zugrunde liegt, haben IW.2050-Partner die in diesem Kontext bestehen- den relevanten Spannungsfelder zusammengetragen. Jedes für sich stellt bereits eine große Hürde dar: SPANNUNGSFELD 1: VERSCHÄRFTER ZIELPFAD ZUR MINDERUNG DER CO2-EMISSIONEN SPANNUNGSFELD 2: STEIGENDER FINANZIELLER DRUCK IN ALLEN BEREICHEN SPANNUNGSFELD 3: HÖHE DES CO2-PREISES UND SEINE RAHMENBEDINGUNGEN SPANNUNGSFELD 4: DIE HERAUSFORDERUNG KLIMANEUTRALITÄT DOMINIERT DIE GESAMTE ENTWICKLUNG DER UNTERNEHMEN SPANNUNGSFELD 5: HANDWERKER:INNEN-MANGEL, PREISAN- STIEG, MATERIALMANGEL, LIEFERENGPÄSSE IM BAUSEKTOR SPANNUNGSFELD 6: PERSONALMANGEL IN DEN WOHNUNGSUNTERNEHMEN ERSCHWERT DAS HANDELN SPANNUNGSFELD 7: FEHLENDE FÖRDERKULISSE SPANNUNGSFELD 8: DAS ALTER DER BESTÄNDE SPANNUNGSFELD 9: SOLARDACHPFLICHT SPANNUNGSFELD 10: EH55 UND EH40 – DIE ÜBEROPTIMIERUNG VON NEUBAUTEN SPANNUNGSFELD 11: DAS ENDE FOSSILER HEIZANLAGEN SPANNUNGSFELD 12: DEFOSSILISIERUNG DER FERNWÄRME SPANNUNGSFELD 13: EEG-NOVELLE – NOTWENDIGER WANDEL IM ENERGIESEKTOR MIT AMBITIONIERTEN AUSBAUZIELEN SPANNUNGSFELD 14: WEITERFÜHRUNG UND OPTIMIERUNG DER GEG-INNOVATIONSKLAUSEL SPANNUNGSFELD 15: NUTZERVERHALTEN ÄNDERN

PRAXISBERICHT 2021/2022 70 EIN MULTITHEMATISCHES STIMMUNGSBILD AUS DER PRAXIS ZUM EINSTIEG IN DIE THEMATIK: Für den gesamten Zeitraum bis zur angestrebten Klimaneutralität (für Baden-Württemberg ist das Zieljahr 2040) sind zuverlässige Rahmenbedingungen (Zieltermin, Grenzwerte, rechtliche Rahmen- bedingungen, Förderrahmen) absolut notwendig. Ist z. B. eine Pellet- anlage 2040 noch klimaneutral bewertet? wachsende Herausforderungen: Bis 2030 sollen die Emissionen um mindestens 65 Prozent, bis 2040 um mindestens 88 Prozent gesenkt werden. Bis 2045 wird eine Netto-Null in der Treib- hausgas-Neutralität erwartet, nach 2050 sollen durchweg nur noch negative Treibhausgas-Emissionen erreicht werden. Wie die Vergangenheit jedoch mehrfach zeigte, ist nicht zwingend von einer Beständigkeit dieser Zeit- und Zielvorgaben auszugehen, verschärfende Nachbesserungen gab es bereits mehrfach. Aufgrund der Gesamtaufgabensituation und der demografischen Entwicklung ist die Qualifikation und Bereitstellung der eigenen Mit- arbeiter:innen eine besondere Herausforderung. Intern bedeutet die Umsetzung der Klimaschutzziele aufgrund des Fachkräftemangels und der aktuell sehr schwierigen Lage, dass auf den vorhandenen Mit- arbeiterstamm zusätzliche Aufgaben zukommen. Extern fehlen Fach- planer mit Praxiserfahrung für die komplexeren Technologien und qualifizierte Handwerkskapazitäten zur zeitnahen Umsetzung. Nach wie vor stellt die abgestimmte Datenhaltung ein Problem dar. Wünschenswert wäre sowohl für die interne aber auch für die externe Datenverarbeitung eine harmonisierte und standardisierte Datenstruktur. Wichtig ist, dass bei allen Beteiligten – von den Mitarbeitern des Unternehmens über die Handwerker bis hin zu externen Dienstleis- tern – ein Umdenken in den Köpfen erfolgen muss. Maßgeblich ist der CO2-Ausstoß, die bisher gewohnten Bewertungsmaßstäbe müssen neu gewichtet werden. Viele technische Projekte sind „Pilotprojekte“ und benötigen einem langen Vorlauf für die Konzeption und Entscheidungsfindung. Eine Standardlösung für alle Gebäude kann es aufgrund der Besonderheiten, die jedes Gebäude hinsichtlich Lage, Renovierungszustand und Alter mit sich bringt, gibt es bisher nicht. Gedanken zu Standardlösungen und einer konsequenten Umsetzung wären wünschenswert. Ein weiterer Engpass ist bzw. wird die Materialverfügbarkeit sein. Je näher das Zieldatum rückt, desto mehr wird die Nachfrage nach Material und Handerker steigen. Die Problematik im Spannungsfeld Lieferengpässe, Materialverfügbarkeit und Fachkräftemangel ist in der aktuellen Situation kaum lösbar. Für Quartierslösungen und dezentrale Energieproduktion (PV-Anlagen) wären einfachere Rahmenbedingungen für die Vermarktung der Energie förderlich. Stadtsiedlung Heilbronn GmbH SPANNUNGSFELD 1: VERSCHÄRFTER ZIELPFAD ZUR MINDERUNG DER CO2-EMISSIONEN Gegenüber 1990 wurde der Zielpfad für die Minderung der Treibhausgas-Emissionen für die Wohnungswirtschaft doppelt verschärft – in Bezug auf neue Zeithorizonte und exponentiell Fest steht: Der Investitions-Zyklus dieser Branche liegt bei durch- schnittlich 40 Jahren, nun aber muss in 22 Jahren Klimaneutralität erreicht werden! Erschwerend kommen weitere Faktoren hinzu – wie etwa der Handwerker:innen-Mangel: Es fehlen nach offiziellen Angaben des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) derzeit rund 250.000 Handwerker:innen, die jedoch benötigt wer- den, um Klimaneutralität im Gebäudesektor sowohl im Bestand als auch im Neubau zu erlangen. Bis zum Jahr 2029 soll sich die Zahl nach bisherigen Schätzungen sogar auf 390.000 erhöhen. Resultierend aus den genannten Faktoren definiert die Initiative Wohnen.2050 bislang einen Korridor von 0 bis 12 kg CO2/m²a als Ziel. Dies trägt der Tatsache Rechnung, dass eine schwarze 0 – unter aktuellen Vorzeichen und Fördersituationen – fast nicht leistbar ist. Im AriadneProjekt* haben wir verschie dene Szenarien zur Klimaneutralität 2045 untersucht. Der Gebäudesektor hat dabei noch einen weiten Weg vor sich. Nach weitgehender Stagnation in den letzten 10 Jahren müssen erhebliche Emissionsreduktionen schon bis 2030 erfolgen. Zwei Bausteine sind essentiell – die be nötigte Energie reduzieren durch deutlich mehr Gebäude sanierung (1,5 bis 2 Prozent in 2030) und die Umstellung auf Erneuerbare Energie zum Heizen. Für warme Woh nungen tragen im Kern zwei Technologien die Hauptauf gabe: Wärmepumpen und Fernwärme. Nach unserer Analyse muss der Einbau von Wärmepumpen, auch in Bestandsgebäuden, in den nächsten Jahren deutlich be schleunigt werden – bis 2030 werden 5,3 Millionen Wärme pumpen benötigt. Der Ausbau von Nah und Fernwärme Netzen und die gleichzeitige Umstellung auf Erneuerbare Energien mit Geothermie, Abwärme und Großwärme pumpen ist das zweite wichtige Element der Wärme bereitstellung. Wohnungsgesellschaften als große Wärmeabnehmer sollten hierfür zentrale Innovations akteure sein. Dr. Brigitte Knopf, Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change gGmbH (MCC) *Das AriadneProjekt wird vom Forschungsministerium BMBF gefördert und ist ein Zusammenschluss von 26 führenden deutschen Forschungsinstituten, die ge meinsam zu zentralen Fragen der deutschen Energiewende arbeiten und mit den Ergebnissen in den Dialog mit wichtigen Akteuren aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft treten.

PRAXISBERICHT 2021/2022 72 SPANNUNGSFELD 2: STEIGENDER FINANZIELLER DRUCK IN ALLEN BEREICHEN Der Finanzbedarf zum Erreichen der Klimaneutralität ist histo- risch hoch. Die Zinsen stiegen kontinuierlich. Die Inflation (Stand Juni 2022: 7,6 Prozent) nimmt negativen Einfluss auf alle Unternehmensbereiche und -ziele. Der Druck auf die Rendite wächst aufgrund hohen finanziellen Aufwands für alle geforderten baulichen und technischen Maß- nahmen – dies jedoch bei gedeckelten Mieten und resultierend sinkendem Mietertrag. Parallel steigt weiter der Druck auf die Eigenkapitalquote. Niedrige Eigenkapitalquoten wiederum ver- schlechtern die Bonität. Es droht im Gesamtbild die Gefahr der Überschuldung bis hin zur Insolvenz. Die seit Jahren überdurchschnittlich steigenden Baukosten (siehe auch Spannungsfeld 5) haben in diesem Jahr eine nahezu exponenzielle Entwicklung angenommen, denn die Preisstei- gerungen im ersten Halbjahr im Bauhauptgewerbe betragen rund 15 Prozent. Die Gründe: Die Pandemie, die geopolitischen Entwicklungen in der Ukraine, die immer knapper werdenden Ressourcen sowie wachsende Nachfragen in den Schwellen- ländern beeinflussen vehement die globalen Lieferketten. Durch die Energiekrise kommen erschwerend weitere finanzielle Gefahren auf die Branche zu. Aufgrund der Vorfinanzierung der Energiekosten durch die Wohnungsunternehmen bis zur Betriebs- kostenabrechnung sind außerplanmäßige Belastungen zu erwarten. Gas macht immerhin rund die Hälfte aller Energieträger in der Wohnungswirtschaft aus. Hier kommen deutliche ungeplante Zu- satzausgaben auf die angespannten Wirtschaftspläne zu. Aufgrund des Kernauftrages der Bereitstellung von Wohnraum für untere und mittlere Einkommensklassen muss die Frage gestellt werden, wie viele der Mieterhaushalte in der Lage sind, die Betriebskosten fristgerecht – oder überhaupt (!) – zahlen zu können. Diese Finanzsituation hat massive Auswirkungen auf das Kern- geschäft: ‒ Für die meisten Unternehmen erwächst eine steigende Kluft zwi- schen verfügbaren und benötigten zusätzlichen Finanzmitteln. ‒ Die fehlenden Finanzmittel reduzieren die Umsetzungs- ‒ Mittelfristige Budgets müssen zum Teil verdoppelt werden. geschwindigkeit. Ein weiteres finanzpolitisches Hindernis für die Wohnungs- wirtschaft ist der von der BaFin eingesetzte und für die sozial orientierten Wohnungsunternehmen vollkommen unnötige Systemrisikopuffer für Wohnimmobilien-Kredite. ANSTIEG DES FINANZIELLEN DRUCKS AUF DIE WOHNUNGSGESELLSCHAFTEN MIETERHÖHUNGS- POTENZIAL + FACHKRÄFTE- MANGEL BAUKOSTEN- ANSTIEG ABSCHREIBUNG MODERNISIERUNG FINANZIERUNGS- BEDARF = STARKER DRUCK AUF DIE EK-QUOTE – GEFAHR DER ÜBER- SCHULDUNG UND HANDLUNGSUN- FÄHIGKEIT

73 SPANNUNGSFELD 4: DIE HERAUSFORDERUNG KLIMANEUTRALITÄT DOMINIERT DIE GESAMTE ENTWICKLUNG DER UNTERNEHMEN Die Transformationsaufgabe Klimaneutralität hat organisato- risch und finanziell derart historische Dimensionen, dass sie in vielen Wohnungsunternehmen die gesamte Unternehmensent- wicklung dominiert. Einige Aspekte: ‒ Modernisierung hat Vorrang vor Neubau. Damit entsteht ein großer Zielkonflikt zur weiteren Schaffung von Wohnraum in den Verdichtungsräumen. ‒ Aufgrund der GEG-Novelle (Gebäudeenergiegesetz) und der geänderten Förderbedingungen entstehen für den Neubau zuvor nicht projektierte Mehrkosten. Die sehr kurzfristige Integration von Lebenszyklus-Analysen und Grauen Emis- sionen der Baustoffe erfordern weitere, bislang ungeplante Fachexpertise, korrespondierende Gutachten und geänderte Planungsansätze. ‒ Über 70 Prozent der sozial orientierten Wohnungsunter- nehmen in Deutschland haben ihre Neubau-Aktivitäten auf- grund des aufgerufenen Effizienzhaus 55-Standards (EH55) als GEG-Untergrenze ohne Förderung sowie der derzeitigen Markt- und Finanzlage zurückgestellt. Fazit: Von den benötig- ten 400.000 Wohnungen werden maximal 100.000 Sozial- wohnungen – schlimmstenfalls sogar nur ein Bruchteil davon – realisiert werden können. ‒ Mieterhöhungen, die nötig wären, um die Mehrkosten durch die seitens der Regierung geforderten erhöhten Energie- Standards abzufangen, sind aufgrund der gesamtwirtschaft- lichen nationalen Lage unrealistisch und würden den sozialen Frieden gefährden. Im Segment des sozialen Wohnungsbaus sind sie per se durch Regularien wie das Mietrechtanpas- sungsgesetz und den Kernauftrag der Bereitstellung sozialen Wohnraums für untere und mittlere Einkommensklassen nur anteilig umsetzbar. ‒ Die Energiekrise verschärft den Druck auf die Refinanzier- barkeit: Mieter, die kaum in der Lage sind, die Betriebs- kostensteigerungen zu bezahlen, stellen selbst moderate Steigerungen der Kaltmiete nach der Modernisierung vor große Herausforderungen. Stimmen der IW.2050-Partner Es ist nicht möglich, die Dekarbonisierungsgeschwindigkeit des Energiesektors abzuschätzen. Es fehlen Informationen über die Strategien der Fernwärme-Anbieter, eine Zuordnung von techni- schen Blaupausen zu Gebäuden/Quartieren sowie eine Abschätzung von Baukosten. Vonovia SE Aufgrund des russischen Angriffskrieges, der weltweiten Mangelwirtschaft und stei genden Energiekosten werden autarke Wohnflächen in nachhaltiger Bauweise immer wichtiger. Zwei Punkte sind deshalb essentiell: Keine anfällige Technik und geringster Energie verbrauch durch speicherfähige, gut dämmende Außen flächen. Neue Wohnflächen zu schaffen und vorhandene Flächen zu ertüchtigen, wird nur ohne KfWFörderchaos und mit steuerlichen Anreizen gelingen. Die AfA muss min destens drei Prozent betragen, die Zinsen bei eigengenutz tem Wohnraum müssen vom Einkommen abzugsfähig sein. Gerade bauwillige Familien werden davon profitieren. Die Baubetriebe sind bereit zu bauen – es muss aber güns tiger, schneller, unkomplizierter werden. Dafür sind solide Rahmenbedingungen notwendig, in deren Zentrum die Wirtschaftlichkeit der neuen EnergieStandards steht. Wir müssen eine heimische Rohstoffstrategie sowie Frei handelszonen aufsetzen. Wenn uns das gelingt, davon bin ich überzeugt, können wir die Wohnungsbauziele und die Energiewende meistern. Reinhard Quast Präsident Zentralverband Deutsches Baugewerbe SPANNUNGSFELD 3: HÖHE DES CO2-PREISES UND SEINE RAHMENBEDINGUNGEN Das Bundeskabinett hat Ende Mai 2022 den Gesetzentwurf zur Aufteilung des CO2-Preises zwischen Mieter:innen und Ver- mieter:innen per Stufenmodell beschlossen. Der Gesetzentwurf sieht ein Modell mit zehn Stufen je nach Energiebilanz eines Gebäudes vor. Berechnungsgrundlage ist der CO2-Ausstoß pro Quadratmeter und Jahr. Die Aufteilung des Preises zwischen Mieter:innen und Vermieter ist gestaffelt: Je schlechter die Energie-Performance des Gebäudes ist, desto mehr vom CO2-Preis muss der Vermieter übernehmen. Die Regelung ist grundsätzlich eine deutliche Verbesserung gegenüber dem ursprünglichen Vor- schlag einer hälftigen Teilung des CO2-Preises. Problematisch bleibt der hieraus resultierende Mittelabfluss für eine Branche, die nur langfristig ihre Bestände in Richtung Klimaneutralität führen kann. Dadurch schmelzen die liquiden Mittel, die drin- gend für die Defossilisierung benötigt werden, spürbar ab. Der Sinn der CO2-Abgabe ist eine Steuerungswirkung für den Ver- braucher und den Vermieter – ein Gesetz, das angesichts hoher Energiekosten im aktuellen Krisenjahr zur Unzeit kommt. Im- mobilienverbände haben daher ein Aussetzen des CO2-Preises für ein Jahr gefordert, da auch die zu erwartenden CO2-Kosten in keinem Verhältnis zu den hohen Sanierungskosten stünden. Auch die damit verbundene Bürokratie binde unnötig Kapazi- täten, die an anderer Stelle zur Erreichung der CO2-Ziele drin- gend benötigt würden.

PRAXISBERICHT 2021/2022 74 SPANNUNGSFELD 5: HANDWERKER:INNEN- MANGEL, PREISANSTIEG, MATERIALMANGEL, LIEFERENGPÄSSE IM BAUSEKTOR Derzeit kommen insbesondere im Bauwesen weitere unvorteil- hafte Entwicklungen auf, die die Wohnungswirtschaft vor eine Vielzahl neuer Probleme stellen: ‒ Die Preise im Bau und im Bauelemente-Bereich explodieren – und das nicht erst seit dem Krieg zwischen Russland und der Ukraine. Die Preise für den Neubau konventionell gefer- tigter Wohngebäude in Deutschland sind nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) im Mai 2022 um 17,6 Prozent gegenüber denen im Mai 2021 gestiegen. Bereits 2021 waren dort Steigerungen zwischen 38 und 83 Prozent bei Baumaterialien verzeichnet worden. ‒ Ressourcenmangel schlägt sich nicht nur in den Liefer- engpässen bei Baumaterialien nieder, er erhöht auch die Transportkosten und somit die Endpreise in einer derzeit noch nicht abzuschätzenden Endlos-Spirale. Kalkulationen auf solider Basis sowohl im Modernisierungs- als auch im Neubau-Sektor sind daher derzeit für alle bauenden Branchen nahezu unmöglich. Die massiven Preissteigerungen betreffen – laut einer GdW-Umfrage aus dem Mai 2022 – allein bei den sozial orientierten Wohnungsunternehmen beim Neubau aktuell rund 58.000 Wohnungen, bei der altersgerechten und klimaschonenden Modernisierung rund 92.000 Wohnungen und bei der Instandhaltung sogar mehr als 1,5 Millionen Wohnungen! ‒ Der Fachkräfte- und Nachwuchsmangel in Bauwirtschaft und Handwerk erschwert die Ausführung von Arbeiten nach den gesetzlichen Vorgaben. Dort müssten massiv Kapazitäten gesteigert werden, um die Wohnungswirtschaft bei ihrer Zielsetzung zu unterstützen. Die Vorzeichen sind jedoch mehr als schlecht: Die ausgeschriebenen Stellen für Hand- werker:innen stiegen im März 2022 um fast 70 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Laut Angaben der Arbeitsämter sind rund 150.000 Stellen aktuell nicht besetzt. Zudem sank die Zahl der Beschäftigten in diesem Segment binnen der letzten zehn Jahre um 9,4 Prozent wie das Statistische Bundesamt ermittelte. Nur noch 275.000 Menschen arbeiten im SHK- Handwerk – vor zehn Jahren waren es noch 303.000. Hinzu kommt die Tatsache, dass jeder Fünfte von ihnen zwischen 55 und 64 Jahre alt ist (Stand 2021) – und somit bald aus dem Berufsleben ausscheiden wird. ‒ Ein weiterer erschwerender Faktor ist der Materialmangel, der viele Handwerksbetriebe – trotz übervoller Auftrags- bücher – zu Kurzarbeit zwingt. Ebenso ist die Qualifikation entscheidend: Fach-Ingenieure:innen, Haustechniker:innen und Installateure:innen müssen mit Erneuerbaren Energien- Anlagen – wie Wärmepumpen – in der Planung, Dimen- sionierung, im Einbau und der Einregulierung fachlich umgehen können. Eine Studie der ARGE//SH – Arbeitsgemein schaft für zeitgemäßes Bauen GmbH, Schleswig Holstein, verdeutlicht die Sachlage: Allein in SchleswigHolstein bräuchte es derzeit bereits 30.000 Handwerker mehr, um flächendeckend die Anforderung EH55 im Bestand realisieren zu können. Dies belegt eindrücklich, dass auch aus Sicht der Marktkapazitäten jeder eingesetzte Euro optimal ausgegeben werden muss: Für die Defossilisierung der Wärmeversorgung und eine gute, aber nicht superaufwendige Hülle! Fazit: Fast zwei Drittel (64 Prozent) der sozial orientierten Woh- nungsunternehmen in Deutschland müssen aktuell Neubauprojekte zurückstellen, fast ein Viertel (24 Prozent) sieht sich gezwungen, den bereits geplanten Bau neuer Mehrfamilienhäuser komplett aufzugeben. Ähnlich die Lage bei Modernisierungsprojekten: Mehr als zwei Drittel (67 Prozent) der Wohnungsunternehmen müssen den klimaschonenden und altersgerechten Umbau ihrer Wohnungen auf Eis legen, rund 13 Prozent müssen ihn ganz auf- geben (GdW-Umfrage bei Mitgliedsunternehmen im Mai 2022). Stimmen der IW.2050-Partner Angesichts der Größe der Herausforderung und der notwendigen Geschwindigkeit zur Erreichung der Klimaschutzziele erscheinen die Ressourcen im Bauhandwerk und die eigenen personellen Möglich- keiten das größte Hemmnis. Aachener Siedlungs- und Wohnungsbaugesellschaft mbH In den letzten Jahren kommt der Mangel an Fachkräften und Material erschwerend hinzu – auch in Form von fehlenden Komponenten für die Gebäudetechnik. Die Lieferzeiten für Wärmepumpen liegen derzeit – je nach Größe und Bauart – zwischen vier und neun Monaten. Nach unseren Einschätzungen können diese Zeiträume noch länger werden. Das ist jedoch nicht das einzige Problem, denn auch periphere Kompo- nenten können Auswirkungen haben: Aktuell kann in einem unserer Projekte die eingebaute Wärmepumpe aufgrund eines fehlenden Ventils seit geraumer Zeit nicht in Betrieb genommen werden. Bei Erdbohrungen für Geothermie-Wärmepumpen gibt es derzeit zum Teil Vorlaufzeiten von einem Jahr. Unabhängig von den Wärmepumpen gibt es zurzeit auch Lieferengpässe bei Wärmetauschern, die oft für die Warm- wasserbereitung eingebaut werden. Selbst Hersteller von Kunststoff- leitungen – beispielsweise für Fußboden-Heizungen – haben plötzlich längere Lieferzeiten. Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte | Wohnstadt (NHW) Stärkere Vereinheitlichung und Industrialisierung des Sanierungs- prozesses sind erforderlich. LEG Wohnen GmbH

75 SPANNUNGSFELD 6: PERSONALMANGEL IN DEN WOHNUNGSUNTERNEHMEN ERSCHWERT DAS HANDELN ‒ Die Personaldecke in den Unternehmen wird aufgrund des demographischen Wandels immer dünner. Damit wird es immer schwieriger, insbesondere, je kleiner die Unternehmen sind, neben dem Tagesgeschäft die umfassenden Anforde- rungen in Bezug auf das Erreichen der Klimaneutralität im Unternehmen durchführen zu können. Nicht selten sind Än- derungen der Organisationsstruktur vonnöten, um diese Aufgaben zu bewältigen. ‒ Zugleich ist der Fachkräftemangel ein wachsendes Problem. Eine Untersuchung von Stifterverband und McKinsey aus dem November 2021 zeigt: Der technologische Fortschritt verschärft den Fachkräfte-Mangel noch stärker als bislang gedacht. Bis zum Jahr 2026 werden vermutlich 780.000 zusätzliche Spezialisten benötigt. Bestimmte Skills sind besonders gefragt. Stimmen der IW.2050-Partner Eine ohnehin schon dünne Personaldecke ist nun noch stärker be- lastet. Es ist schwer, Stellen zu besetzen, da Vollbeschäftigung besteht und technische Fachkräfte gerade auch mit Klimakompetenz derzeit überall stark nachgefragt sind. Die bestehenden Kräfte sind bereits alle mit mehreren Themen betraut: Klima und klassische Moderni- sierungsplanung, Klima und Projektentwicklung, Klima und Kommunikation… Dies kann oft zu Konflikten in Zeitaufteilung/ Priorisierung führen. Parallel müssen viele gelernte Prozesse um- gestellt werden – wie: Modernisierung: 1:1-Kesseltausch, Hausver- waltung: Betriebskosten-Vorauszahlung. Hinzukommen weitere Problemlagen: Die Knappheit an Fachkräften im Handwerk – ins- besondere solchen mit Klimakompetenz. Die Betriebe selbst haben mit Lieferschwierigkeiten durch Corona-Pandemie und Ukraine- Krieg zu kämpfen. WOBAK Städtische Wohnungsbaugesellschaft mbH Konstanz Interne Kapazitäten: Wer macht das neben dem Tagesgeschäft? Die Bearbeitung, Umsetzung und Controlling ist fortlaufend. In einem kleinen Unternehmen ist es fast unmöglich, hierfür eine separate Vollzeitstelle zu schaffen. KHW Kommunale Haus und Wohnen GmbH SPANNUNGSFELD 7: FEHLENDE FÖRDERKULISSE Das Förder- und Ordnungsrecht muss intelligent zwischen den für den Klimaschutz erforderlichen und den realen Zwängen der Wirtschaft vermitteln – das ist und bleibt eine wesentliche Voraussetzung für die Wohnungswirtschaft, um die gesetzten Klimaziele auch nur annähernd zu erreichen. Am Abend des 26. Juli 2022 hat jedoch das Bundeswirtschaftsministerium ohne Vorankündigung die erst 2021 in Kraft getretene Gebäudeför- derung (BEG) in Hinblick auf KfW-Förderanträge für Kom- plettsanierungen komplett umgestellt. Die Neuregelung trat bereits am 28. Juli 2022 in Kraft. Anstelle von Direktzuschüssen wird ausschließlich auf Kredite und deutlich reduzierte Til- gungszuschüsse umgestellt. Diese Entscheidung hat zur Folge, dass sozial orientierte Wohnungsunternehmen ohne diese erst im vergangenen Jahr eingeführte Zuschussförderung für um- fassende Sanierungen ad hoc ihre Sicherheit in puncto Planung und Finanzierbarkeit ihrer Vorhaben verloren haben. Sie sind gezwungen, ihr Engagement in Bezug auf Klimaschutz vehe- ment zurückzufahren. Die Einführung von Förder-Zuschüssen für Modernisierungspakete für die soziale Wohnungswirtschaft als Fördernehmer hatte im Juli 2021 eine langjährige Forderung der Wohnungsunternehmen erfüllt. Sie ist eine wesentliche Voraussetzung, die notwendige Skalierung der Modernisie- rungstätigkeit stemmen zu können, in dem die Investitionshöhen nahe dem Investitionszeitpunkt relevant reduziert werden. Ohne Zuschüsse ist aufgrund der niedrigen Mieterhöhungs- spielräume im unteren und mittleren sozialen Marktsegment eine ausreichende Ausweitung der Modernisierungstätigkeit nicht realisierbar. Neben dem Vertrauensverlust und dem Ver- lust der Planungssicherheit für bereits in der Vorbereitung be- findliche Projekte machen der Wegfall der Zuschussförderung und die Reduzierung der Tilgungszuschüsse die BEG-Förde- rung für Wohnungsunternehmen weit weniger attraktiv. Die Folge ist, dass Klimaschutzinvestitionen unterbleiben müssen, da sie nicht über höhere Mieten refinanziert werden können. Für Einzelmaßnahmen bei der Sanierung – wie etwa dem Aus- tausch von Fenstern – galten die neuen Förderbedingungen für eine Antragstellung beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) ab dem 15. August 2022. Da aber bis Mitte August nur ein Antrag pro Antragssteller eingereicht werden durfte, waren große Bestandshalter de facto von der Übergangsfrist ausgeschlossen. Eine Rettung der geplanten Baumaßnahmen ist hierüber nicht möglich. Es dürfte nur we- nigen Unternehmen gelungen sein, spontan binnen 24 Stunden relevante Mengen der geplanten Modernisierungsvorhaben durch vorgezogene Erarbeitung der Anträge zu retten. Zum zweiten Mal im Jahr 2022 wurde damit die bereits geleistete aufwendige, auf die Finanzierung zugeschnittene Fachplanungs- arbeit für das kommende Jahr wertlos. So werden Investitionen in den Klimaschutz verhindert statt befördert. Die Leidtragenden sind neben den sozial orientierten Wohnungs- unternehmen als maßgebliche Anbieter von günstigem und zu- kunftsfähigem Wohnraum in Deutschland insbesondere die Menschen mit mittleren und niedrigen Einkommen. Für sie wird sich die Lage beim Wohnen weiter verschlimmern. Denn: Es werden Modernisierungsmaßnahmen verhindert, die den Ener- gieverbrauch senken und somit auch die Nebenkosten in Zeiten explodierender Energiepreise in einem erträglichen Rahmen hielten.

PRAXISBERICHT 2021/2022 76 „Das nennt man wohl im Sport ein klassi sches Eigentor. Eine Bundesregierung, die das Land so schnell wie möglich klima neutral ausrichten will, eine Koalition, die Bürgerinnen und Bürger täglich zum Energiesparen auffordert, ändert in einer Nachtund NebelAktion die Förderkonditionen für die energetische Gebäudesanierung. Sie stößt damit alle modernisierungs willigen Investoren vor den Kopf und leistet jenen einen Bärendienst, die auf diesem so wichtigen Feld für CO2 Einsparung und Klimaschutz ihren Kunden urplötzlich neue Förderbedingungen vermitteln müssen: unserem Handwerk, unseren Fachbetrieben. … Verlässlichkeit bei in Aussicht gestellten Förderungen ist die wichtigste trei bende Kraft für Modernisierungsmaßnahmen. Was die Bundesregierung gerade treibt, ist dagegen ein Vabanque Spiel um das Vertrauen der Bürger in eine funktionierende Klimapolitik….“ Helmut Bramann, Hauptgeschäftsführer des Zentral verbandes Sanitär, Heizung, Klima (ZVSHK) Was ändert sich im Detail bei der Förderung von Komplettsanierungen? ‒ Für Effizienzhäuser (EH) fällt die Zuschussförderung komplett weg, es können nur noch Kredite mit ab- gesenkten Tilgungszuschüssen beantragt werden. ‒ Das EH100 wird nicht mehr gefördert. ‒ In der Kreditförderung werden die Tilgungszu- schüsse massiv zurückgefahren – auf fünf Prozent für ein EH85 (bisher 30 Prozent Zuschuss) und 25 Prozent für ein EH40 EE (bisher 50 Prozent Zuschuss). Zudem wird der Tilgungszuschuss für Neubau EH40 NH von derzeit 12,5 Prozent auf fünf Prozent abgesenkt. ‒ Darüber hinaus soll ein Heizungstausch-Bonus für Gaskessel eingeführt werden. Nachfolgend Berechnungen zu Beispielgebäuden, die die monetären Herausforderungen der Modernisierungen auch ohne das Außerkraftsetzen der Zuschussförderung für Paket- modernisierungen darlegen. Ziel ist es, aufzuzeigen, in welcher Höhe zusätzliche Förderbedarfe bestehen, um Gebäude auf einen gemäß bisheriger BEGFörderung noch förderfähigen Effizienzhaus-Standard ohne finanzielle Mehrbelastung zu mo- dernisieren. Das Beispiel zeigt sehr deutlich, dass größere ZuschussQuoten erforderlich sind und nicht die Ab schaffung der ZuschussFörderung, um Modernisierungs- projekte im unteren und mittleren Preissegment kostendeckend abbilden zu können. Beispielrechnung der Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte | Wohnstadt (NHW): Fördermittel-Situation – zusätzliche Förderbedarfe – Erläuterung des Berechnungsansatzes Modernisierung Ausgangssituation Nachfolgend sind die Ergebnisse der Berechnung eines Beispielgebäudes dargelegt, das die Herausforderungen der Modernisierung monetär darlegt. Im Folgenden werden einige Aspekte des Berechnungs- ansatzes erläutert: „Parameter Gebäude“ Die 196 kWh/m²a Primärenergiebedarf (PEB) vor Mo- dernisierung entsprechen dem Gebäudebeispiel und dem ungefähren Durchschnitt der in den nächsten Jahren zu modernisierenden Bestandsgebäude. Er weicht entspre- chend dem Ansatz, die energetisch schlechtesten Gebäude priorisiert zu modernisieren, deutlich vom gesamten Bestandsdurchschnitt von 152 kWh/m²a PEB ab. „Modernisierungskosten“ Die Gesamtkosten Projekt (Modernisierung und In standhaltung) enthalten die Baukosten, Bau-Nebenkosten, den Eigenanteil an Planungsleistungen und die weiter unten erläuterten Zusatzkosten. Wichtig zu erwähnen: Hier han- delt es sich um Kostenansätze aus 2021. Diese sind im ersten Halbjahr 2022 bereits über 15 Prozent höher als im Vorjahr. Die Kostenansätze für die förderfähigen Kosten enthalten zusätzlich zu den Maßnahmen, die in den EH-Standards EH100 und EH85 ausgeführt werden beim EH70-Standard den Abbruch der Balkone und Ersatz durch Vorstellbalkone aus energetischen Gründen – ungeachtet der weiteren Betriebsfä- higkeit/Lebensdauer bestehender Balkone. Zudem beim EH55- Standard den Versatz der Fensterebene. Sowohl bei EH55 als auch bei EH70 sind Erneuerbare Energien in der Wärmever- sorgung mit mindestens 55 Prozent-Anteil vorgesehen. Die nicht förderfähigen Kosten bestehen bis auf einen geringen Anteil aus notwendigen Modernisierungskosten, die umzusetzen sind, da der Bestandsschutz eines Gebäudes durch die Durchführung einer Maßnahme erlischt. Somit sind alle aktuell gültigen gesetzlichen und baurechtlichen Anforderungen (z. B. Erneuerung Elektroleitungen, Entfer- nung von Bleirohren und Asbest, etc.) umzusetzen. Der Anteil Zusatzkosten (Umzug, Umsetzung, Ersatzunter kunft, Erlösschmälerung etc.) ergibt sich aus dem Bedarf, während der Modernisierungsmaßnahme einem Teil der Mie- ter:innen eine Umsetzwohnung bzw. ein Hotel anbieten zu müssen.

77 PARAMETER GEBÄUDE WOHNEINHEI- TEN 12 m²/WE 68,70 MIETE VOR MOD [€/m²] 5,94 PEB vor MOD [kWh/m²a] 196 Einheit Energiestandard nach Durchführung der Modernisierung EH100 EH85 EH70 EH55 BEZUGSGRÖSSE: WE MODERNISIERUNGSKOSTEN Gesamtkosten Projekt (MOD + ISH) Anteil förderfähige Kosten Anteil nicht förderfähige Kosten Anteil Zusatzkosten (Umzug, Umsetzung, Ersatzunterkunft, Erlösschmälerung, etc.) FÖRDERMITTEL BEG-Zuschuss auf förderfähige Baukosten und Fachplanung- und Baubegleitung inkl. EE- Zuschuss Anteil €/WE €/WE €/WE €/WE €/WE % ZUSÄTZLICHER ZUSCHUSSBEDARF BEI ZIELRENDITE VON 2 % zusätzlicher Zuschussbedarf frei finanziertes Gebäude notwendiger zusätzlicher Zuschuss zusätzlicher Zuschussbedarf preisgebundenes Gebäude notwendiger zusätzlicher Zuschuss €/WE % €/WE % ZUSÄTZLICHER ZUSCHUSSBEDARF BEI ZIELRENDITE VON 4 % zusätzlicher Zuschussbedarf frei finanziertes Gebäude notwendiger zusätzlicher Zuschuss zusätzlicher Zuschussbedarf preisgebundenes Gebäude notwendiger zusätzlicher Zuschuss €/WE % €/WE % 145.000 47.000 95.000 149.000 51.000 95.000 169.000 71.000 95.000 3.000 3.000 3.000 202.000 97.000 95.000 10.000 13.600 29 % 10.500 22 % 18.300 39 % 27.800 59 % 15.900 31 % 1.500 3 % 12.000 24 % 20.700 41 % 29.300 57 % 28.700 43.800 40 % 45 % 12.200 17 % 23.200 33 % 31.300 44 % 39.300 55 % 31.500 32 % 42.600 44 % 49.700 51 % 58.100 60 % POTENZIAL MIETERHÖHUNG BEI FREI FINANZIERTEM GEBÄUDE mietwirksame Modernisierungskosten Potenzial Mieterhöhung freifinanziert (circa 3 % umlage- fähige Kosten aufgrund Mietrechtsanpassungsgesetz) BEI PREISGEBUNDENEM GEBÄUDE €/WE €/m² 83.120 2,00 85.960 100.130 118.640 2,00 2,00 2,00 Potenzial Mieterhöhung preisgebunden €/m² 1,60 1,60 1,60 1,60 ENTWICKLUNG PRIMÄRENERGIEBEDARF (PEB) PEB nach MOD pro WE eingesparte Primärenergie pro WE notwendiger zusätzlicher Zuschuss kWh/WE a kWh/WE a % 3.985 9.481 70 % 3.366 10.099 75 % 2.817 10.649 79 % 2.198 11.267 84 % BETRACHTUNG DER MODERNISIERUNGSMÖGLICHKEITEN IN EINEM JAHR Modernisierungsbudget Beispiel €/a 78.000.000 Anzahl WE, die in einem Jahr auf den angegebenen Standard modernisiert werden können 538 523 462 386 dadurch eingesparte Energie (Bedarf) kWh/WE a 5.099.909 5.286.672 4.914.692 4.350.547 HINWEIS: Bei der Kostenaufstellung handelt es sich um Ist-Projektkosten des Wohnungsunternehmens. Diese spiegeln in etwa die Durchschnittskosten eines „Standardprojekts“ wieder, können jedoch im Einzelfall abweichen.

PRAXISBERICHT 2021/2022 78 Der Sprung im Kostenansatz beim EH55 von 3.000 auf 10.000 Euro/Wohneinheit resultiert daraus, dass hier aufgrund der Maßnahmentiefe und -anzahl ein vollständiger Leerzug des Gebäudes während der Modernisierungsmaßnahme unum- gänglich wird. Alle dargestellten EHStandards sind Förderklassen – d. h. Ihre förderfähigen Kosten sind durch Zuschüsse in ausrei- chender Höhe zu minimieren. Ein Gebäude-Standard ohne Zuschussbedarf wäre per bisheriger gesetzlicher Definition ein „EH140“ (§50 GEG: Überschreitung der Anforderungen an das Referenzgebäude von nicht mehr als 40 Prozent). „Fördermittel“ Hier sind die Anteile angesetzt, die vom Wohnungsunternehmen üblicherweise in Anspruch genommen werden. Nicht enthal- tene förderfähige Kosten sind solche, die z. B. aufgrund der Art der Gewerke-Vergabe bzw. aufgrund des unverhältnismäßigen Nachweisaufwandes nicht gemäß der Förderrichtlinien nach- gewiesen – und somit auch nicht in Anspruch genommen – werden können. „Zusätzlicher Zuschussbedarf bei Zielrendite von zwei bzw. vier Prozent“ Zwei Prozent Rendite entspricht dem eigenkapital-erhaltenden durchschnittlichen Mindestrenditeansatz. Vier Prozent Rendite entspricht einer marktüblichen Rendite in der sozialen Woh- nungswirtschaft. Beispiel zur Interpretation der Tabelle in Bezug auf Fördermittelbedarfe Um ein Bestandsgebäude mit preisgebundenem Wohnraum ohne finanzielle Mehrbelastung mit zwei Prozent Mindest- rendite auf den EH55-Standard zu modernisieren, benötigt ein Wohnungsunternehmen zusätzlich zu den 43.800 Euro Förder- zuschuss aus der bislang gültigen BEG-Förderung weitere 42.600 Euro ergänzenden Förderzuschuss. „Potenzial Mieterhöhung“ Aufgrund der Ausgangsmiete von deutlich unterhalb von 7 Euro/m² ist das Mieterhöhungspotenzial bei freifinanzierten Wohneinheiten in allen Förderklassen aufgrund des Mietrechtsanpassungsgesetzes in allen EH-Klassen bei 2 Euro/m² gedeckelt. Dies entspricht im Durchschnitt circa drei Prozent umlagefähiger Kosten, statt den acht Prozent, die gesetzlich möglich sind. Bei preisgebundenen Wohneinheiten sinkt dieses Erhöhungs- potenzial nochmals auf durchschnittlich 1,60 Euro/m², da in den Regularien bei einzelnen Fördergegenständen weitere Deckelungen vorgeschrieben sind. „Entwicklung Primärenergiebedarf (PEB)“ Dargestellt ist, dass die maximale Differenz an zusätzlicher Primärenergieeinsparung gebäudebezogen im Beispiel zwischen EH100 und EH55 bei 14 Prozent liegt. „Betrachtung Modernisierungsmöglichkeiten in einem Jahr“ Hier ist das Gesamtportfolio der Bezugsrahmen – und nicht das Einzelgebäude. Der Budgetansatz in Höhe von 78 Millionen Euro entspricht dem Wirtschaftsplanansatz für das Jahr 2023 für das reguläre Modernisierungsprogramm. Enthalten sind Kosten für Modernisierung, modernisierungsbegleitende Instandhaltung und der Eigenanteil der Planungsleistungen des Wohnungsunternehmens. Deutlich wird, dass bei gleichem Gesamtbudget mit der Aus- führung aller Gebäude im EH100-Standard die meisten Wohn- einheiten pro Jahr modernisiert werden können. Mit dem gleichen Gesamtbudget könnten im EH55-Standard 152 Wohn- einheiten, bzw. 28 Prozent weniger Wohneinheiten pro Jahr modernisiert werden. Auch der Blick auf die im Modernisierungsjahr insgesamt ein- gesparte Energie zeigt, dass die Förderklassen EH100 und EH85 auf der Ebene des Portfolios die größten Energieeinsparungen erbringen. Auf Portfolioebene wird durch den höheren Effi- zienzstandard EH55 und die damit verbundenen höheren Ge- samtkosten defacto 17 Prozent weniger Energie eingespart, wenn alle Gebäude in EH55 statt EH85 ausgeführt werden. „Das ist der entscheidende Punkt, der in der politischen Diskussion übersehen wird: Großbestandshalter müssen nicht einmalig eine Gebäudehülle optimieren, sondern dies bis zu tausendfach wieder- holen. Bei gleichem Finanzmitteleinsatz kehrt sich damit der Ef- fekt zwischen Einzelgebäude- und Gesamtportfolio-Betrachtung um: Statt mit EH55 eine höhere Energiebedarfsreduzierung zu erzielen, verringert sich der Effizienzgewinn durch die höheren Kosten im Gesamtportfolio im Vergleich zu EH85.“ Dr. Thomas Hain, Leitender Geschäftsführer der Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte | Wohnstadt (NHW)

79 Die Problematik: 1. Die wirtschaftliche Tragfähigkeit von Bestandsinvestitionen hängt massiv von der Höhe der Ausgangsmiete ab! In den Unternehmen der sozialen Wohnungswirtschaft liegen diese i. d. R. deutlich unter 7 Euro/m² (Bsp. 5,94 Euro/m²) und damit in einem Bereich, bei dem sich eine Refinanzierung über die Mieterhöhungspotenziale nicht darstellen lässt. 2. Somit sind hohe Förderklassen aufgrund des Anteils nicht förderfähiger Kosten nur realisierbar, wenn entweder die Zuschusshöhe deutlich angehoben oder auch nicht energie- bedingte Modernisierungsmaßnahmen in die Förderfähigkeit integriert werden. 3. Die bestehende Deckelung der kumulierten Förderhöhen auf 60 Prozent (gemäß bisheriger Förderrichtlinien) erschwert zusätzlich die Umsetzbarkeit hoher Effizienzhaus-Standards. 4. Im Abschnitt „Betrachtung der Modernisierungsmöglich- keiten in einem Jahr“ wird deutlich, dass die Betrachtung von Einzelgebäuden für ein Wohnungsunternehmen nicht zielführend ist. Durch den Vergleich der Effizienzhaus Standards wird deutlich, dass mit demselben Mo dernisierungsbudget eine deutlich höhere Anzahl an Gebäuden auf einen niedrigeren Effizienzhaus Standard optimiert werden kann als mit einem höheren. In der Summe wird so deutlich mehr Energie einge spart. Wesentlich ist es daher, sich nicht auf einzelne Objekte zu fokussieren, sondern den Blick auf das Gesamtportfolio gerichtet zu halten, um die Klimaziele im Gesamtbestand zu erreichen. 5. Um die vorgegebenen Klimaziele zu erreichen, genügen die dargestellten Zuschusshöhen jedoch bei weitem nicht: Im energetisch besten Fall könnten im Beispiel 527 Gebäude modernisiert werden. Für das Kleiner-Zwei-Grad-Ziel (rund 80 Prozent CO2-Einsparung zwischen 2020 und 2050) wären mindestens 1.200 Wohneinheiten pro Jahr ab 2025 bis 2050 zu modernisieren. Für das Ziel Klima- neutralität im Jahr 2045 liegen dieser Wert und die damit zwangsläufig verbundenen Zuschussbedarfe nochmals deutlich höher. 6. Entkoppelter Fördersatz für die Installation regenerativer Wärmeerzeugungsanlagen: Bei niedrigen Effizienzhaus- Standards fehlt bei der jetzigen Fördersystematik der An- reiz die Wärmerzeugung auszuwechseln, da diese für das Erreichen des entsprechenden Standards nicht zwingend notwendig ist und die Kosten durch den niedrigen Förder- satz auch gar nicht wirtschaftlich sind. Ein vom Effizienz- haus-Standard unabhängiger pauschaler Förderansatz würde auch den Austausch der Energieerzeugung bei nied- rigeren Effizienzhaus-Standards fördern und auch hier zu einer zusätzlichen deutlichen Reduktion der CO2-Emis- sionen führen. Stimmen der IW.2050-Partner Seit Beginn des Jahres 2022 herrscht große Unsicherheit im Hinblick auf Fördermöglichkeiten, die Planbarkeit hat sich deutlich verringert. Politische Rahmenbedingungen ändern sich sehr schnell – auch hier tendiert die Planbarkeit gegen Null. Die Baukosten sind deutlich gestiegen, verbunden mit einem eben- falls sehr deutlichen Zinsanstieg führt dies zu einer Reduzierung der Wirtschaftlichkeit, oder – bei Fortschreiten der Tendenzen – zerstört diese völlig. Baugenossenschaft Langen eG Die größten Probleme bereiten der Förderstopp KfW 55 und die Unsicherheiten bei der geplanten Neuausrichtung der För- derung Neubau, die Finanzierung, fehlendes Fachpersonal bei Planung und Errichtung von hocheffizienten Anlagen bzw. Anlagen mit Erneuerbaren Energien. Mittlerweile werden auch lange Lieferfristen für einfachste Anlagentechnik problema- tisch. Hinzu kommen komplexe regulatorische Fragen, die beim Einsatz von Erneuerbaren Energien eine deutlich höhere Be- deutung bekommen. Außerdem bleibt bisher sehr unklar, welche Erneuerbaren Energieträger künftig beschaffbar und politisch zugelassen sein werden. degewo AG SPANNUNGSFELD 8: DAS ALTER DER BESTÄNDE Der prozentuale Anteil älterer Gebäude ist hoch: Es gibt derzeit circa 3,2 Millionen Mehrfamilienhäuser aus der Zeit der 1950er bis 1970er Jahre. Ihr Anteil an der Gesamtzahl der Gebäude aus dieser Ära ist mit über 43 Prozent sehr hoch (Wohnungsbau: Die Zukunft des Bestandes, 2022, Arge für zeitgemäßes Bauen e. V.). Diese älteren Bestände erfordern eine besonders aufwendige Modernisierung, um sie wärmetechnisch niedertemperaturfähig werden zu lassen und so defossilisierte Wärmeversorgung erst zu ermöglichen. Eine Maximierung der Gebäudehülle über EH70 hinaus ist in der Regel keinesfalls eine zielführende Lösung. Die erforderliche Sanierungsgeschwindigkeit gerade in diesem Gebäudesegment kann nur vereinzelt von großen Unternehmen umgesetzt werden – s. Spannungsfelder Finanzen und Bausektor. Teile dieser Bestände stehen sogar unter Denkmalschutz, was energetische Sanierungsaufwendungen nochmals deutlich steigen lässt. Denn eines ist nicht zu verkennen: Baudenkmäler haben am Gesamtgebäudebestand in Deutschland immerhin einen Anteil von 2,9 Prozent (Destatis, 2018).

PRAXISBERICHT 2021/2022 80 Studie „Klimaneutralität vermieteter Mehrfamilienhäuser – aber wie?“ Einer der deutlichsten wissenschaftlich bearbeiteten und unter- mauerten Belege in Bezug auf ältere Bestände stellt die Studie „Klimaneutralität vermieteter Mehrfamilienhäuser – aber wie?“ dar, die zusammen von GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen und vom VDPM – Verband für Dämmsysteme, Putz und Mörtel e. V. in Auftrag gegeben wurde. Erstellt wurde sie von Prof. Dr. Sven Bienert MRICS REV und Dr. Alexander M. Groh von der Universität Regensburg. Vorab die Quintessenz in einem Zitat: Gestehungskosten der Erneuerbaren Energieträger ge- genübergestellt werden. Ein Vergleich legt offen, dass bereits im Bereich ab 6 Euro energetischer Sanierungskosten je real eingesparter jährlicher kWh der Ausbau von Grünstrom volks- wirtschaftlich von Vorteil ist. Es stellt sich somit die Frage der Sinnhaftigkeit weiterer Investitionen in den Bestand bei Werten von deutlich über der Bandbreite von 6 bis 8 Euro/kWh (rote Linien in obiger Abbildung). Durch den verstärkten Einsatz Erneuerbarer Energien sind somit massive positive Effekte in Bezug auf die Steigerung der Gesamtenergieeffizienz – aber auch der Wirtschaftlichkeit – zu erwarten. „Um die Klimaziele erreichen zu können muss schnell und besonnen gehandelt werden. Die Studie zeigt zwar, dass sich weder der Gebäudesektor noch der Ener giesektor aus der Pflicht nehmen kann, jedoch wird vor allem klar, dass eine immer stärkere Anhebung der Effizienzstandards für Bestandsgebäude nicht den erhofften Erfolg bringen würde.“ Prof. Dr. Sven Bienert, MRICS REV, Universität Regensburg Zusammenfassung der StudienErgebnisse: Die Dekarbonisie- rung der Wirtschaft muss über alle Sektoren zu geringstmöglichen Kosten (sogenannten Anforderungen der statischen Effizienz) er- reicht werden. Einigkeit herrscht darüber, dass die Klimaneutralität in der Nutzungsphase von Immobilien nur durch Ausbau der Nutzung Erneuerbarer Energieträger zur Deckung des Ener- giebedarfs und simultan durch baulichen Wärmeschutz ein hergehend mit entsprechenden Verbrauchsreduktionen erreicht werden kann. Über das kostenoptimale Verhältnis bestehen jedoch unterschiedlichste Auffassungen. In der seit März 2022 vorliegenden Studie wurden aus Sanie- rungsdaten Grenzvermeidungskosten für eine weitere kWhEndenergie abgeleitet. Über die im Datensatz enthal- tenen Objekte hinweg ergibt sich so eine Punktewolke, aus der wiederum der funktionale Zusammenhang abgeleitet wurde. Betrachtet wurde sowohl der tatsächliche Endenergieverbrauch als auch der -bedarf (siehe Grafik S. 81). Da die Kosten für die Vermeidung in den hohen Effizienzklassen signifikant ansteigen, ist fraglich, ob darüberhinausgehende weitere Investitionen in eine energetische Optimierung der Ob- jekte „gut gesetzt“ sind. Oder, ob hier die Mittel effizienter in den weiteren Ausbau einer Bereitstellung Erneuerbarer Energieträger fließen sollten. Eine derart optimierte Ver- wendung von Mitteln wirkt wirtschaftlich schwierigen Situa- tionen entgegen, die nicht leistbare Mieten zur Folge hätten. „Niedertemperatur-ready“ ist ein wirtschaftlich und klima- politisch sinnvoller Ansatz für künftige energetische Moder- nisierungen. Denn: Im Jahr 2045 wird es zentral sein, den Gebäudebestand klimaneutral betreiben zu können. Hierfür ist Voraussetzung, dass verbleibende Verbräuche von Erneuerbaren Energieträgern abgedeckt werden können. Durch Effizienz- maßnahmen am Gebäude muss hierzu der Endenergiebedarf soweit reduziert werden, dass eine effiziente Versorgung mit Erneuerbaren Energien erst möglich wird (Niedertemperatur- systeme). Hierzu ist circa ein KfW-Effizienzhaus-Standard 70 – beziehungsweise ein Verbrauch von durchschnittlich 70 kWh/m² per anno Endenergie ausreichend. Parallel dazu sollte so viel Erneuerbare Energie gewonnen werden, dass die benötigte En- denergie so weit wie möglich lokal gedeckt werden kann. „Wenn Gebäude mit Erneuerbarer Energie versorgt werden sollen – und das ist Kon sens – müssen sie dafür vorbereitet sein. Anders funktioniert es weder technisch noch vom Energiebedarf her. Eine ver nünftig gedämmte Gebäudehülle ist der Türöffner für Erneuerbare Energie. … Schon mit einer Dämmung von 14 Zentimetern kann man viel erreichen. Das zeigt die Studie deutlich. … Grabenkämpfe zwischen einzelnen Industrie zweigen bringen uns nicht weiter. Wollen wir die Klima ziele erreichen, müssen wir nun alle zusammenarbeiten.“ Christoph Dorn, Vorsitzender des Verbandes für Dämmsysteme, Putz und Mörtel (VDPM) Stimmen der IW.2050-Partner Relevante Themen sind vor allem: Sanierungsgeschwindigkeit, Investitionskosten, Finanzressourcen sowie technische Lösungen (Anlagentechnik) – insbesondere Lösungen bei Altbauten. GEWOBAG Wohnungsbau-Aktiengesellschaft Berlin Zur Abwägung zwischen dem Anheben der Effizienz-Anfor- derungen an Gebäude und dem Ausbau Erneuerbarer Energien können die Grenzvermeidungskosten den (Strom) Der Bestand der bauverein AG gliedert sich in unterschiedliche Bau- altersklassen. Den größten Anteil machen dabei Liegenschaften aus, die in der Nachkriegszeit und den 1960er Jahren errichtet wurden. Hohe Modernisierungsaufwendungen bzw. der Erhalt sowie die

81 AUSWERTUNG ZU GRENZVERMEIDUNGSKOSTEN DER ENERGETISCHEN MODERNISIERUNGEN ] h W k / € i i [ t i e h n e e g r e n E r e n e d e m r e v e i j n e t s o K 18 16 14 12 10 8 6 4 5 0 14,1 11,5 10,7 9,5 9,5 9,3 8,7 8,3 8,2 8,2 5,9 16,5 13,4 11,6 12,5 11,5 10,3 9,7 8,0 5,9 5,3 5,7 4,1 7,3 6,5 6,9 5,8 4,1 5,9 3,3 5,1 4,4 R² = 0,0432 1,7 80 100 120 140 160 180 200 220 240 Jeweilige Energieintensität (jeweils Durchschnitt von VORHER und NACHHER) [kWh/m²/pa] Verbesserung des energetischen Zustands dieser Gebäude stellen für die bauverein AG eine besondere Herausforderung dar und führen zu starken Steigerungen in den durchgeführten und geplanten Investi- tionsplänen. Gleichzeitig führen erhöhte energetische Anforderungen und steigende Baukosten sowie die abflachende Mietentwicklung zu einer Verringerung der Wirtschaftlichkeit. Nach wie vor ist die Ab- arbeitung der Brandschutzauflagen von Bedeutung. Dies wird die bauverein AG daher in den kommenden Jahren weiterhin intensiv in der Umsetzung beschäftigen. bauverein AG Darmstadt SPANNUNGSFELD 9: SOLARDACHPFLICHT Eine Solardachpflicht ist im Koalitionsvertrag der Bundesregie- rung für neue Gewerbe- und Industriebauten verpflichtend vor- gesehen. Einzelne Bundesländer haben entsprechende Regelungen – teilweise auch mit Solardachpflicht – auf Wohnungsbauten bereits verabschiedet. Die verschiedenen Solardachpflichten haben unterschiedliche Ausnahmeregelungen, gemeinsam ist ihnen je- doch: Eigentümer von Gebäuden werden dazu verpflichtet, die Investitionen in Sonnenenergie zur Stromgewinnung oder zum Heizen selbst zu tragen. Im Gegenzug gibt es aber Förderungen durch die EEG-Vergütung oder BEG-Zuschüsse. Der im September 2022 im Bundeskabinett beschlossene Abbau von steuerlichen und bürokratischen Hürden zielt jedoch vor allem auf Einzel- eigentümer kleiner Immobilien. Die gebäudenahe Produktion regenerativen Stroms ist unbestritten ein wichtiger Baustein der

PRAXISBERICHT 2021/2022 82 Energiewende. Aber auch hier sehen Branchenverbände wie der GdW der Realität ins Auge: „Ein Ende der Engpässe und Preis- steigerungen ist zurzeit nicht absehbar. Lieferengpässe bremsen auch den Zubau bei Photovoltaik…“ Eine pauschale Solardachpflicht – unabhängig von der Eignung des Standorts, lokaler Eigennutzung und wirtschaftlicher Trag- fähigkeit einer eventuellen teilweisen oder vollständigen Einspei- sung – ist kritisch zu hinterfragen. Das gilt trotz der verbesserten Rahmensetzungen in der Osterpaket-Gesetzesnovelle. Sinnvoller wäre zunächst eine Pflicht zur Prüfung, gefolgt von einer Umset- zung nach Eignung und abgestimmten Kriterien. Stimmen der IW.2050-Partner … Uns fehlt eine übergeordnete koordinierende (politische) Instanz auf Länder- und Regionalebene für ein gemeinschaftliches Netzwerken aller Stakeholder. Ein gemeinsamer Fahrplan existiert nicht. Hinzu kommt fehlendes Engagement und Detailwissen bei Entscheidern in allen Sektoren. Wohnungsgenossenschaft Union Wismar eG SPANNUNGSFELD 10: EH55 UND EH40 – DIE ÜBEROPTIMIERUNG VON NEUBAUTEN Ebenso gilt eine Erhöhung des Effizienzhaus-Niveaus in Neu- bauten: Ab 1. Januar 2023 wird der EH55-Standard für Neubauten verpflichtend sein. Das heißt: Der zulässige Primär energiebedarf eines Neubaus wird von bisher 75 Prozent des Primärenergie- bedarfs des Referenzgebäudes auf 55 Prozent reduziert (EH55). Ab 2025 soll es eine weitere Verschärfung geben: Dann soll das Effizienzhaus 40 (EH40) als gesetzlicher Neubaustandard definiert werden. Für die Förderung gilt de facto bereits seit April 2022, dass nur noch EH40 zuzüglich der BEG-Nachhaltigkeitsanforde- rungen förderfähig ist. Diese Überoptimierung ist weder wirt- schaftlich noch klimaschützend zielführend – das belegen Praxis- beispiele aus der Wohnungswirtschaft mit entsprechenden Berechnungen. Sie verzögern Bauvorhaben noch mehr. Produkte werden weiter verteuert. Bei Anforderungen an Gebäude ist deut- lich mehr Flexibilität für alternative Lösungen bei Baustoffen und Technologien nötig. Sinnvoller ist es, CO2-Obergrenzen mit Min- dest-Effizienz-Anforderungen als Rahmen setzung vorzugeben. Stimmen der IW.2050-Partner Aus unserer Sicht gibt es vielschichtige Themen – insbesondere: ‒ fehlende einheitliche und eindeutige Bilanzierungsregeln für den gesamten Gebäudesektor ‒ sich ständig verändernde rechtliche Vorgaben sowie wirtschaftliche Grundlagen für elektrische Erzeugungsanlagen wie PV-Anlagen ‒ ständige Veränderungen der Förderrichtlinien und auch i. T. Anpassungen der Berechnungsgrundlagen ‒ Fachkräftemangel im Bereich ganzheitlicher Planung, Bau und Betrieb ‒ zunehmende Lieferengpässe ‒ generelle gesetzliche Vorgaben an hohe Warmwassertemperaturen bei großen zentralen Trinkwarmwasseranlagen, obwohl es tech- nisch erprobte Lösungen gibt, die mit geringeren Systemtempera- turen eine effiziente Einbindung von Wärmepumpen ermöglichen und zugleich eine systemische Legionellenfreiheit sicherstellen HANSA Baugenossenschaft eG SPANNUNGSFELD 11: DAS ENDE FOSSILER HEIZANLAGEN Ab 2024 ist ein Anteil von 65 Prozent Erneuerbaren Energien in der Wärmeversorgung für Neubauten und Modernisierungen verpflichtend. Erdgas-Heizungen werden dann gemäß dem im Juli veröffentlichten Entwurf von BMWK und BMWSB zur 65-Prozent-Erneuerbaren-Regelung als Hauptwärmequelle nicht mehr zulässig sein. Verbleibende Wärmequellen sind Fernwärme und Wärmepumpen – mit oder ohne Spitzenlast- anteil, mit maximal 35 Prozent nicht-regenerativem Anteil am Wärme-Mix. Die bestehende Austauschverpflichtung für Ölheizungen wird auf Gasheizungen ausgeweitet: „Erdöl- und Erdgas- kessel, die bis 1996 eingebaut worden sind, dürfen noch bis längstens 2026 betrieben werden. Für die im Zeitraum von 1996 bis 2024 eingebauten Kessel wird die zulässige Be- triebsdauer jährlich von 30 auf 20 Jahre zurückgeführt, d. h. jährlich um einen gleichbleibenden Zeitraum reduziert (jähr- lich vier Monate). Nach Ablauf der jeweils geltenden Frist müssen die Heizungen ausgetauscht und die Vorgaben der 65-Prozent-EE-Regelung eingehalten werden.“ (Quelle: 65 Prozent Erneuerbare Energien beim Einbau von neuen Hei- zungen ab 2024/Konzeption zur Umsetzung). Bei Ausfall und Ersatz einer Bestandsanlage sind im Entwurf drei Jahre Übergangsfrist zur Erarbeitung eines energetischen Gesamt- konzepts für den Energieträgertausch vorgesehen. Weitere drei Jahre danach soll die Energieversorgung dann spätestens umgesetzt sein. Was bei bereits vorhandenen zentralen An- lagen technisch grundsätzlich möglich erscheint, wird bei Gebäuden mit stockwerksweiser Beheizung, wie Gas-Etagen- Heizungen, eine in diesen Fristen zusätzlich zur geplanten Modernisierung nicht leistbarer Zusatzaufwand. Unabhängig von der bisherigen Beheizungsart wird hier schnell die Dimension eines zweiten Parallel-Modernisierungspro- gramms erreicht. Bei großen Wohnungsbau-Gesellschaften mit mehr als 40.000 Wohneinheiten, die noch einen relevan- ten Anteil von geschossweisen Heizungsanlagen im Bestand haben, kann jährlich bei Hunderten von Anlagen ein Aus- tausch erforderlich werden. In der Regel wird im Rahmen eines energetischen Gebäudekonzeptes von dezentraler auf

83 gebäudezentrale Beheizung umgestellt. Eine Maßnahme mit großer Eingriffstiefe, die nur in einer abgestimmten Planung mit den Modernisierungserfordernissen aller energetischen Bauteile sinnvoll ist. Mit den geplanten Fristen würde so recht schnell ein zweites Modernisie- rungsprogramm parallel zum Planprogramm erforderlich. Dies ist kapazitäts- und finanzierungsseitig nicht ohne weiteres leistbar. Stimmen der IW.2050-Partner Als ein wesentliches Spannungsfeld ist zu nennen, dass sich in der Praxis auch bei energetisch hochwertig gedämmten Mehrfamilien- häusern kaum Energieverbräuche von weniger als 80 bis 100 kWh/ m²/a erreichen lassen. Begründet liegt dies im hohen Energiever- brauch der Warmwassernutzung und -zirkulation, im Nutzerver- halten, im Heizanlagenbetrieb, sowie darin, dass es keine praktische Umsetzbarkeit von Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung in vermieteten Mehrfamilienhäusern gibt. Die Folge ist ein hoher Be- darf an erneuerbarer Wärme zur Erreichung der Klimaneutralität. In unserem Bestand werden jedoch nur circa 25 Prozent durch die ab 2035 klimaneutrale Fernwärme versorgt. Für große Teile unserer Gebäude müssen daher grüne Nahwärme-Infrastrukturen durch Energiedienstleister oder lokale erneuerbare Wärmeversorgungen aufgebaut werden. Die technische Herausforderung hierbei: Die Hochtemperatur- bzw. Spitzenlastabdeckung bei Wärmepumpen- Systemen erfolgt in der Regel über fossile Gaskessel – auch bei den heute eingebauten Systemen, die voraussichtlich für die nächsten 20 Jahre laufen. Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft mbH (SWSG) SPANNUNGSFELD 12: DEFOSSILISIERUNG DER FERNWÄRME Die Bundesregierung plant, dass 50 Prozent der Fernwärme bis 2030 zu defossilisieren sind. Ein inhaltlich wichtiges Unter- fangen. Wie so viele der hier aufgeführten Veränderungen im Energiesektor allerdings eines, das enorm ambitioniert ist. Immer wieder gilt, dass neben der gesetzlichen Forderung auch die Umsetzung für die Realwirtschaft leistbar sein muss, um die Transformation erfolgreich zu gestalten. Gigantische Infra- struktur-Investitionen, basierend auf erst noch zu erstellenden Transformationskonzepten müssen in nur noch acht Jahren nicht nur konzipiert, sondern auch mit der noch zu erarbei- tenden kommunalen Wärmeplanung synchronisiert, geplant, genehmigt und umgesetzt werden. Dabei dürfen finanziell we- der die oftmals kommunalen Stadtwerke noch die Wohnungs- unternehmen oder die Mieter:innen als Endkunden finanziell in Schieflage geraten. zur energetischen Ist-Situation der Netze ist ein kleiner, aber hilfreicher Baustein auf dem Weg zu mehr Transparenz. Diese Pflicht sollte aus Sicht des BMWK dahingehend erweitert wer- den, dass auch Angaben zum Mix der zur Wärmeerzeugung verwandten Primärenergie für das jeweilige Fernwärmenetz enthalten sind. Diese Veröffentlichungspflicht soll auch dann gelten, wenn Fernwärmeversorgungsunternehmen mit ihren Kunden individuelle Produkte für die bilanzielle Lieferung von Wärme aus Erneuerbaren Energien vereinbart haben. Eine Doppelvermarktung von Erneuerbaren Energien muss dabei nachweisbar ausgeschlossen sein. Am besten wäre eine Bilanz der bezogenen Energieträger (Erdgas, Öl, Kohle, Holz) und der umgewandelten abgegebenen Energieträger (Fernwärme, Strom), damit die Allokation auch nachvollziehbar ist. SPANNUNGSFELD 13: EEG-NOVELLE – NOTWENDIGER WANDEL IM ENERGIESEKTOR MIT AMBITIONIERTEN AUSBAUZIELEN Der Energiesektor muss seine Wärmenetze verlässlich und ver- bindlich transformieren. Regenerative Stromgewinnung muss über alle Wirtschaftssektoren möglich gemacht werden, für die Akteure wirtschaftlich tragfähig sein, die Nutzung im Gesamt- system so optimiert wie möglich erfolgen. Die Politik hat im sogenannten Osterpaket, das im Sommer 2022 verabschiedet wurde, regulatorische Rahmen gesetzt, die bisherige fossile Fehlanreize korrigieren sollen: Kurz vor der Sommerpause hat der Bundestag den beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien verabschiedet. Zahlreiche Punkte, die nun in der überarbeiteten Version des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) stehen, ebnen den Weg für mehr Wind-, Solar- und Wasserkraft. Die Maßnahmen: Unter anderem soll der Anteil von Wind-, Solar- und Wasserkraft bis 2030 auf 80 Prozent des Stromverbrauchs steigen. Zuletzt lag er bei knapp der Hälfte. Um das zu erreichen, wird der Ausbau Erneuerbarer Energien als von „überragendem öffentlichen Interesse“ deklariert. Dies dürfte auch Planungs- und Genehmigungsverfahren vereinfa- chen: Allein für die Windenergie werden über die nächsten Jahre zwei Prozent der Landesfläche reserviert. Abstandsregeln zu Gebäuden fallen, wenn die Bundesländer ihre jeweiligen Vorgaben nicht erreichen. Diese haben dafür aber jetzt ein Jahr länger zur Verfügung als ursprünglich geplant. Ebenfalls neu: Das Naturschutzgesetz wird zugunsten der Windkraft geändert und der Ausbau von großflächigen Solar- parks an Autobahnen und über Feldern soll erleichtert werden. Erstmals sollen auch Wasserkraftwerke gefördert werden, die in kleinem Umfang Erdgas-Anlagen ersetzen könnten. Die im Entwurf der geplanten Änderungsverordnung zur AVB- FernwärmeV (AVBFernwärmeV-Novelle) vorgesehene Ver- öffentlichungspflicht der Fernwärmeversorgungsunternehmen Die EEG (Erneuerbare Energien Gesetz)-Novelle aus dem April 2022 sieht mehr als eine Verdreifachung des Ausbaus gegen- über den EEG 2021-Werten vor. Mit dieser Erhöhung soll ein

PRAXISBERICHT 2021/2022 84 Anteil von 80 Prozent an Erneuerbaren Energien im Strom- Mix bis 2030 erreichbar sein – sollte der Stromverbrauch unter 700 TWh pro Jahr bleiben, bis 2038 sogar 100 Prozent. Diese Ziele sind zweifelsfrei notwendig, um die Elektrifizierung des Wärmesektors zu flankieren. Sie sind allerdings auch extrem ambitioniert. Es ist fraglich, ob die wenigen Jahre bis 2030 für die Ausbauziele genügen – insbesondere in Anbetracht von Ressourcen- und Fachkräfte-Mangel (s. o.). Dagegen spricht: Im 1. Halbjahr 2022 ist der Anteil der Windkraft sogar gesunken. Einer der Gründe: Eine Laufzeit von 60 Monaten vom Projekt- start bis zur Realisierung bedrohen sowohl die Klimaziele als auch die Arbeitsplätze in der Windbranche. Einer der wichtigsten Aspekte, um die Elektrifizierung der Wärmeversorgung zu ermöglichen und die bisherige Kosten- benachteiligung von Strom als Brennstoff gegenüber fossilen Brennstoffen zu beseitigen: Wärmepumpen-Strom soll – neben der ohnehin bekannten Abschaffung der EEG-Umlage – mit- tels § 22 Energie Umlagen Gesetz (EnUG) von allen weiteren Umlagen befreit werden: Der Anspruch auf Zahlung der Um- lagen verringert sich auf null für die Netzentnahme von Strom, der in einer elektrisch angetriebenen Wärmepumpe verbraucht wird, wenn diese über einen eigenen Zählpunkt mit dem Netz verbunden ist. Zu begrüßen ist das Herabsetzen der EEG-Umlage auf null – gültig seit 1. Juli 2022 – und die Vereinheitlichung weiterer an- fallender Umlagen im Energie-Umlagen-Gesetz. Es fallen keine Umlagen mehr auf Direktbelieferung und Eigenverbrauch hinter dem Netzverknüpfungspunkt an. Positiv: Das jährliche Fördervolumen für Mieterstrom-Projekte – bisher auf 500 MW begrenzt – wird ab 2023 aufgehoben. Wichtig ist ebenfalls, dass die 100 kW-Grenze für Mieterstrom-Anlagen fällt. Damit werden auch größere Anlagen realisierbar. Verbesserungspotenzial gibt es beim Quartiersansatz: Die Verbindung mehrerer örtlicher Teile eines Quartiers mittels Netzdurchleitung muss konsequent ermöglicht werden. Auch Abrechnungsmodelle bleiben kompliziert. Es besteht zudem noch Handlungsbedarf, die Vorgaben an den Mieterstromvertrag im Energiewirtschaftsgesetz zu überarbeiten. Stimmen der IW.2050-Partner Ein Problemfeld ist die strukturelle Abhängigkeit der Wohnungswirt- schaft von der Energiewirtschaft zur Erreichung der eigenen Klima- schutzziele im Gebäudesektor. Immobilien Management Essen GmbH (IME) Wir haben kaum Bezugsmöglichkeiten von klimaneutralen Ener- gieträgern für Wärme. (80 Prozent des Bestandes sind fernwärme- versorgt.) NEUWOGES – Neubrandenburger Wohnungsgesellschaft mbH Unterstützung bei der Integration weiterer Partner (Kommunen, Industrie, Energiewirtschaft) in Quartiersansätzen/Sektorkopplungen. Hierzu braucht es einen fachlich versierten Koordinator, der möglichst beteiligte Partner nicht noch mehr finanziell belastet. KSG Hannover GmbH Wir befinden uns in einem Spannungsfeld deutlich erhöhter Anforde- rungen zur Realisierung der Klimaneutralität und derzeit sehr dyna- mischer Förderrichtlinien und Gesetzgebungen – wie die Verschärfung des Klimaschutzgesetzes, das CO2-Kostenaufteilungsgesetz, die EEG- und GEG-Novellierung etc. Neben deutlich erhöhten Investitionskosten sind auch enorm steigende Energiekosten und damit fehlende Pla- nungssicherheit eine Belastung. Auch die Kapazitäten im eigenen Un- ternehmen – sowohl für die Entwicklung, insbesondere aber für die Umsetzung der Maßnahmen – sind begrenzt. Das Ganze wird er- schwert durch Problemlagen im Bauhandwerk (Fachkräfte- und Ressourcen-Mangel), fehlende zukunftsfähige und ausfallsichere Technologien auf der Basis Erneuerbarer Energien und dem Nutzer- verhalten der Mieter:innen. VIVAWEST Wohnen GmbH SPANNUNGSFELD 14: WEITERFÜHRUNG UND OPTIMIERUNG DER GEG-INNOVATIONSKLAUSEL Während der Diskussionen zur Fortschreibung des Energie- einsparrechts für Gebäude, hatten sich viele Stimmen für einen Paradigmenwechsel in Bezug auf das seit 2020 geltende Gebäude- energiegesetz (GEG) ausgesprochen: Weg vom Primärenergiebedarf als Maßstab zur Energieeffizienz und hin zu Treibhausgas-Emissio- nen als Maß für die Klimaeffizienz von Gebäuden. So kam es mit dem zeitlich befristeten „Praxis-Experiment Innovationsklausel“ zu einem Kompromiss, der jedoch nur drei Probejahre lang gilt. Dieser GEG-Paragraph 103 regelt in Absatz 3 auch den alternativen „Quar- tiersansatz“: Mehrere Gebäude, die in räumlichem Zusammenhang stehen, können die GEG-Anforderungen gemeinsam erfüllen. In der Praxis tun sich aber hier für die Wohnungsunternehmen wesent- liche Hindernisse auf, da eine Verzahnung mit der KfW-Effizienz- haus-Fördersystematik fehlt. Zudem sehen viele Unternehmen das Erfordernis eines sehr engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen den Maßnahmen an den Gebäuden eines Quartiers als weiteren Hemmschuh an. Eine Ausdehnung des zulässigen Zeitrahmens der Maßnahmenumsetzung auf beispielsweise fünf Jahre nach Förder- bescheid erscheint praxisnah – gerade in einer Zeit vielschichtiger Engpässe bei der Realisierung von Bauvorhaben jeder Art. Stimmen der IW.2050-Partner Die stark gestiegenen Baukosten entwickeln sich in immer höherem Maße zu einer Modernisierungsbremse. Im ländlichen Raum gibt es bislang keine kommunalen Wärmeplanungen/Wärmenetze. Groß- flächige Quartierskonzepte sind so wegen der kleinteiligeren Eigen- tümerstrukturen nicht umsetzbar. WohnBau Westmünsterland eG

85 SPANNUNGSFELD 15: NUTZERVERHALTEN ÄNDERN Energiesparen ist laut Wirtschaftsminister Robert Habeck ein gemeinsames, nationales Projekt. Teilhaben sollen neben Politik auch Industrie, Mittelstand sowie Verbraucher:innen. Dafür hat sein Ministerium einen „Arbeitsplan Energieeffizienz“ erstellt. Noch in 2022 soll hierzu eine Energiesparkampagne starten, die Unternehmen, Gewerbetreibende und Verbraucher mit praxis- nahen Tipps und Beratung ermutigen soll, ihren Energiever- brauch zu reduzieren. Die Wohnungsunternehmen in der IW.2050 arbeiten schon seit Jahren mit Aufklärungsprogrammen, die unter anderem Vor-Ort-Beratung und -Betreuung mit regelmäßigen Feedbacks implizieren. Hierfür wurde eigens eine Pioniergruppe zum Erfahrungs- und Praxisaustausch gegründet (s. Kapitel 3.3.). WISSENSCHAFTLICH FUNDIERTES BEISPIEL FÜR EINE FOKUSSIERTE NUTZER-KAMPAGNE DER LEG WOHNEN Verheiz Dein Geld nicht! Die meisten Deiner Nachbarn sparen Geld beim Heizen! Eine Beeinflussung des Nutzerverhaltens kann zur Reduktion des CO2-Ausstoßes beitragen. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass mehr als 10 Prozent der genutzten Wärmemenge eines privaten Haushalts ohne Wohnkomfort-Einbußen eingespart werden kann, indem beispielsweise Mieter:innen die Temperatur in ihrer Wohnung freiwillig absenken. Im Pilotprojekt Newton, das die ESG Sustainability Unit für die LEG Wohnen von Oktober 2021 bis April 2022 durchführte, wurden zunächst Hypothesen zur Verhaltensbeeinflussung formuliert, Handlungsoptionen konkret implementiert und die vielversprechendsten Hebel sowie die beste technische Machbarkeit eruiert: Für das Projekt wurden einzelne Use Cases entwickelt, umgesetzt und im Hinblick auf Wirksamkeit und Kosten bewertet: 1. Plakate: Plakate im Hauseingang/Treppenhaus mit einfachen Botschaften luden Kund:innen zu sparsamerem Heizverhalten ein Das Resultat: Der Heizenergieverbrauch in den Ver suchshäusern konnte im Vergleich zur Kontrollgruppe um circa 5 Prozent gesenkt werden. 2. PeerVergleich: Kund:innen erhalten monatlich eine Aus- wertung mit ihrem Heizverbrauch, einem Vergleich mit ähnlichen Haushalten und Tipps zu sparsamerem Heizen. Das Resultat: Versand per Brief zeigte über 8 Prozent gesenkten Heizenergieverbrauch; EMails wurden wegen anfänglichem Passwortschutz sehr selten geöffnet. 3. Thermometer: Eine neue Skala für Heizthermostate unterstützt bei der richtigen Einstellung der Heizung und motiviert zu sparsamerem Heizen Das Resultat: Im OnlinePanel, LEGKundentest mit Selbsteinschätzung und Fokusgruppe zeigt sich eine Konzentration der Einstellung auf Stufe 1. Mach es wie Deine Nachbarn und dreh runter! Hast Du‘s gewusst? Die meisten Heizkosten sparst Du, indem Du maximal auf 3 drehst. 32 Mach es wie Deine Nachbarn und dreh runter! Hast Du‘s gewusst? Die meisten Heizkosten sparst Du, indem Du maximal auf 3 drehst. 3 2 Das Resultat: Teilnehmer der Fokusgruppen begrüßen die neue Haptik und schlagen eine Kombination von Raste/Geräusch und StoppKnopf bei Stufe 3 als ideal vor. 5. ThermostatMechanik: Die Kunden erhalten ein Raum- thermometer, das einschätzendes Feedback durch Farbskala zur Temperatur gibt und zu angepasstem Heizverhalten animiert. Das Resultat: Trotz positiven Feedbacks in OnlinePanels und von Teilnehmern der Fokusgruppen zeigt ein Feld test mit Thermometern im LEGBestand keine Wirkung. Im Zuge des Wissens-Sharing innerhalb der IW.2050 stellt die LEG Wohnen allen anderen Partner-Unternehmen die Plakat- Motive, die durchweg eine erfreuliche Wirkung zeigten, zur Verfügung. Alle vier Plakate wurden in einem iterativen Pro- zess über mehrere Kunden-Feedbacks entwickelt. Als Motiva- toren wurden Geld und Gesundheit genutzt. Mittlerweile wurde die Publikation zu den Ergebnissen aus dem Plakat-Use-Case, die in gemeinschaftlicher Arbeit mit den Projektbeteiligten der LEG, des Hasso-Plattner-Instituts, der Universität St. Gallen und Ritzenhoefer & Company entstand, zur wissenschaftlichen Veröffentlichung akzeptiert. Auf den 31 Seiten werden behandelt: 1. der theoretische Hintergrund zu Nudges für umweltfreund- liches Nutzerverhalten 4. ThermostatSkala: Eine veränderte Haptik des Heizther- mostats, z. B. mit Rasten bei jeder Stufe, sorgt für bewussteres Heizen und geringeren Heizverbrauch 2. der Design-Prozess für die bei der LEG eingesetzten Nudges 3. die Ergebnisse des Tests mit zwei Plakaten in vier Clustern aus dem LEG-Bestand (432 Wohnungen)

PRAXISBERICHT 2021/2022 88 6. ERREICHEN DER KLIMAZIELE: WAS STEHT IM FOKUS? 6.1. WAS KANN DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT TUN? Unterstützung der Wohnungsunternehmen durch die Verbände Lange bevor die Initiative Wohnen.2050 (s. Kapitel 3) vor zweieinhalb Jahren mit ihrem bundesweiten kooperativen Ar- beitsansatz auf den Plan trat, haben der Dachverband GdW und die Regionalverbände der Wohnungswirtschaft sich mit von Jahr zu Jahr wachsender Intensität dem Thema Klimaneutralität angenommen – wohl wissend um die Investitionszyklen in ihrer Branche, den Druck in Richtung Modernisierung und Sanie- rung der Bestände sowie Neubau, die immensen sozialen Auf- gaben und die dadurch bereits zum Teil sehr dünne Finanzdecke in den Unternehmen. Eine Umfrage bei den Branchenverbänden im März/April 2022 ergab, dass bei vielen Schwerpunkt-Themen im Kontext der Klimaneutralität Beratung und Hilfestellungen angeboten – und auch in Anspruch genommen – werden: ‒ beim Erstellen und Prüfen von CO2Bilanzen, ‒ bei Bilanzierungsmethoden und Entwicklungen im ‒ beim Dialog mit anderen Akteuren und der Politik, ‒ in der Unternehmenskommunikation (z. B. bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung), bei Fragestellun gen rund um Mieterstrom und ELadeInfrastruktur, Wärmemarkt, ‒ bei der Energieberatung, ‒ beim Erstellen eines Klimapfads oder einer Klimastrategie, ‒ bei der GremienArbeit und in der Fort und Weiter bildung. Bis zu vier Mitarbeitende stehen in den Verbänden den Mit- gliedsunternehmen für diesen Fragenkomplex zur Verfügung. Rund die Hälfte plant, hier zukünftig aufzustocken. (Planung, Umsetzung) Von Tag zu Tag mehr mit dem Thema befasst, identifizieren die befragten Verbände in ihren Reihen die derzeit größten Hindernisse auf dem Weg zur Klimaneutralität: ‒ Finanzierbarkeit bei gleichzeitig sozialem Auftrag ‒ unklare Zieldefinition und Methoden ‒ mangelnde Planungssicherheit ‒ FachkräfteMangel und fehlende Kompetenzen ‒ Fördermittel, die nicht auf CO2Reduktion abzielen ‒ Fehlende Kenntnisse und Daten über die eigenen Bestände bei den Wohnungsunternehmen ‒ Fehlende Verbindlichkeit im Energiesektor ‒ Kostenneutralitätsberechnung: bei Umstieg auf ‒ Fehlende Verfügbarkeit standardisierter Klima ‒ BürokratieAufwand ‒ Verfügbarkeit dekarbonisierter Energiequellen – strategien/Modernisierungsstrategien Fernwärme meist negativ heute und auch zukünftig Lösungsansätze aus der Wohnungswirtschaft Mit den Analysen, Erfahrungswerten und Einschätzungen der Verbände gehen auch die Ergebnisse der IW.2050-Abfrage bei Partnerunternehmen im März/April 2022 einher. Resultierend sehen sie prozentual folgende Lösungsansätze innerhalb ihrer eigenen Branche: IHRE VORSCHLÄGE FÜR WEITERE LÖSUNGSANSÄTZE AUS PRAXISSICHT Vernetzung in und außerhalb der Wohnungswirtschaft Befähigung aller handelnden Personen Etablieren weiterer Wissenspools Steigerung von Wissenstransfer Verbesserung der Datenlage in den Unternehmen 39 % 36 % 48 % 48 % 48 % 0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 %

nehmen ‒ 48 Prozent: Verbesserung der Datenlage in den Unter ‒ 48 Prozent: Steigerung von Wissenstransfer ‒ 36 Prozent: Etablieren von Wissenspools ‒ 39 Prozent: umfassende Befähigung aller handelnden ‒ 48 Prozent: erhöhte Vernetzung in und außerhalb der Personen Wohnungswirtschaft (siehe Grafik S. 88 ) WEITERE ZIELFÜHRENDE MASSNAHMEN DER BRANCHE: Zeitliche Priorisierung des eigenen Portfolios Der Weg zur Klimaneutralität führt über die Portfolio- und nicht die Gebäude-Ebene. Einzelinvestitionen zur Maximal-Optimierung einzelner Gebäude führen dazu, dass ein anderer Teil des Portfo- lios nicht modernisiert werden kann. Nur die Einbeziehung des gesamten Portfolios in die Modernisierungsplanung, verbunden mit einem angemessenen Energiebedarf mit Fokus auf regenerative Energieversorgung sichert eine Optimierung des gesamten Port- folios und einen höheren Grad der Zielerfüllung. Selbst bei opti- mierten Mitteleinsatz ist das Bearbeiten des gesamten Bestandes innerhalb von nur 22 Jahren in den seltensten Fällen möglich. Dies ist der Hauptgrund, warum die meisten Wohnungsunter- nehmen bis 2045 Restemissionen in ihren Klimapfaden aufweisen. Eine weitere Skalierung ist nur mit erhöhter Zuschussförderung und der Lösung der Kapazitätsprobleme bei Marktpartnern (Mitarbeitende und Material) und mehr Personal in den eigenen Reihen möglich. Es gilt das Motto: Die schlechtesten zuerst! Diese Vorgehensweise verspricht die größten Effizienzgewinne – auch mit Blick auf den Mittelabfluss durch die bereits beschlossene CO2-Abgabe und die Novellierung der EU-Gebäuderichtlinie. Die darin eventuell enthaltene Sanktionierung einer Fehlabweichung bei den schlechtesten Effizienzklassen ist noch nicht festgelegt. Zu erwarten sind Strafzahlungen. Stimmen der IW.2050-Partner Das anvisierte Ziel der Klimaneutralität wird ab dem Jahr 2023 die wirtschaftliche Handlungsfähigkeit des Unternehmens umfangreich be- einflussen ‒ beginnend mit der Überprüfung und ggf. Neuausrichtung der Portfolio-Strategie über die Errichtung der deutlich teureren Anlagen für Erneuerbare Energien ab 2023 (Tausch aller Anlagen im Bestand und im Neubau), bis hin zur Beschaffung Erneuerbarer Energien. degewo AG Grundsätzlich haben wir die gesamte Objektplanung neu konzipiert und der Landes-Zielstellung Klimaneutralität bis 2040 untergeordnet. Ob und in welcher Form wir im Rahmen der Umsetzung dann wirt- schaftlich handlungsfähig bleiben, hängt von den zu ändernden För- derkulissen ab. Wir sind vorrangig Bestandshalter mit einer Vielzahl von Altbauten aus der Zeit vor 1940. Perspektivisch wäre eine vorrangige 89 Betrachtung der CO2-Emissionen zielführender als nicht (wirtschaft- lich) erreichbare Effizienzstandards. Wohnungsgenossenschaft Union Wismar eG Die erforderliche Reduzierung der THG-Emissionen im VIVAWEST- Kernbestand erfordert mindestens eine Verdopplung der angesetzten Modernisierungs- und Instandhaltungsbudgets – die aktuell enormen Preissteigerungen noch nicht eingerechnet. Zielgerichtete Fördermittel, Planungssicherheit und vereinfachte gesetzliche Rahmenbedingungen sind zwingend erforderlich. Wissenschaft und Hersteller müssen mit zukunftsgerichteten bezahlbaren Technologien unterstützen. VIVAWEST Wohnen GmbH Gebäudetechnik in den Fokus rücken Es ist zwingend geboten, auf dem Weg zur Klimaneutralität der Gebäude- und Anlagentechnik vermehrt Aufmerksamkeit zu schenken. Für alle Gebäude, die nicht an Fernwärme angeschlos- sen sind, gilt: Wärmepumpen, versorgt möglichst mit selbstprodu- ziertem, erneuerbarem Strom von auf Dächern und Wänden installierten Photovoltaik-Anlagen, helfen bereits heute, CO2-neu- trale Gebäude zu schaffen. Selbst mit konventionellem Netzstrom versorgt, werden die Wärmepumpen durch das Voranschreiten der Energiewende im Stromsektor automatisch immer „grüner“. Stimmen der IW.2050-Partner Die TGA in den Gebäuden muss vernetzt und automatisiert über- wacht werden. Nur so kann der laufende Betrieb optimiert und auch mit den Einsatz von KI deutlich verbessert werden. Bei bivalenten Systemen fällt der Ausfall einer Komponente nicht oder erst bei der Abrechnung der Betriebskosten auf. Stadtsiedlung Heilbronn GmbH Umstellungen in der Energiewirtschaft Bisher hatten Erneuerbare Energien in der Wärmeversorgung zumeist nur einen Anteil von rund 2 bis 5 Prozent pro Modernisie- rungsjahr. Bis 2025 müssen die Wohnungsunternehmen möglichst auf 100 Prozent pro Modernisierungsjahr kommen, um die Klima- ziele in den folgenden 20 Jahren zu erreichen. Die Novellierung des EEG-Gesetzes aus dem Juli 2022 schafft hier neue Grundlagen in Bezug auf ein dynamisches Wachstum bei Solar- und Windanlagen und bringt Erleichterung durch die Abschaffung der EEG-Umlage. Besonders das Befreien von Umlagen für Wärmepumpen-Strom ist wesentlich für die sozialverträgliche Nutzung und den verstärkten Einsatz von strombasierten Heizsystemen. Die Produktion von Strom auf den eigenen Liegenschaften stellt, soweit wirtschaftlich realisierbar, einen wichtigen Beitrag zur Energiewende in der Wohnungswirtschaft dar. Unternehmen, deren Bestände zu gro- ßen Teilen an der Fernwärme hängen, sind allerdings weiterhin auf Transformationskonzepte ihrer Energieversorger angewiesen. Das politische Ziel einer 50-prozentigen Defossilisierung der Fernwärme in Deutschland erscheint sehr ambitioniert, hilft aber den am Netz hängenden Wohnungsbeständen deutlich.

PRAXISBERICHT 2021/2022 90 Ob und inwieweit regeneratives Gas (z. B. freiwerdende Bio- masse-Kapazitäten nach Auslauf der 20-jährigen Anlagen-För- derung, Power2X – egal ob Methan oder Wasserstoff) einen relevanten Beitrag leisten kann – darüber wird in der Fachwelt diskutiert. Biomethan ist derzeit noch ein knappes Gut, hilft aber massiv CO2 zu reduzieren. Es könnte eventuell eine wich- tige Rolle spielen für Restbestände, die bis 2045 noch nicht defossilisiert sind. Durch die aktuellen Preisexplosionen wird es aber grundsätzlich konkurrenzfähig zu fossilem Erdgas. Was der Bund von den Ländern lernen kann BadenWürttemberg und Schleswig Holstein haben die kommunale Wärme planung bereits eingeführt, Niedersachen und Hessen planen sie. Daraus kann der Bund fünf Lehren ziehen: Konnexitätsprinzip anwenden: Bund und Länder müssen die Kommunen unterstützen und die Kosten vollumfäng lich finanzieren. Beteiligung und Zusammenspiel mit anderen Instrumenten ermöglichen: Kommunale Wärmeplanung ermöglicht, Strategien und Maßnahmen verschiedener Akteure aufein ander abzustimmen. Bestehende Pläne sollten berücksichtigt, betroffene Akteure beteiligt werden. Öffentlichrechtliche Stellen sollten zum Mitmachen verpflichtet werden. Unterstützung leisten: Wie können kleine und mittlere Kommunen die kommunale Wärmeplanung zügig an stoßen und umsetzen? Indem Bund und Länder passende Beratungs und Unterstützungsleistungen schaffen. Bewährte Tools und Kennzahlen (z. B. Erhebungsplatt formen für Musterverträge, Technologiekataloge inkl. CO2Faktoren, Technologie und Erschließungskosten etc.) sowie BestPracticeAustausch sollten genutzt wer den. Technologieoffenheit und Learning by doing sorgen für Tempo. Der Bund sollte allenfalls Mindestanforde rungen zu Inhalt und Zielen vorgeben. Datenbasis schaffen: Jeder Plan ist nur so gut wie seine Da tenbasis. Es gibt viele Datenquellen, aber auch Hürden bei der Nutzung wie z. B. Datenlücken, Aktualität, Netzverläufe bei kritischen Infrastrukturen, Betriebsgeheimnisse. Kom munen sollten einen gesetzlichen Anspruch auf Abruf und Verarbeitung von Daten bekommen, die sie für die Wärme planung brauchen. Dabei sollte der Datenschutz gewahrt und Nutzungsrechte vertraglich festgehalten werden. Verbindlichkeit schaffen und im Förderrecht berück sichtigen: Kommunale Wärmeplanung sollte für Kom munen und Dritte (z. B. Gebäudeeigentümer) verbindlich sein. Offen ist, wie die kommunale Wärmeplanung mit der verbindlichen Bauleitplanung im Baugesetzbuch sowie im Gebäudeenergierecht verknüpft wird oder ob sie durch andere Mechanismen Verbindlichkeit erhält. Für Akzep tanz sollte Politik die kommunale Wärmeplanung fest in den Förderprogrammen verankern und dies bei der anvisierten Überarbeitung der Förderprogramme im Bereich Wärme und Effizienz berücksichtigen. Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer, Verband kommunaler Unternehmen (VKU) e. V. Suche nach alternativen Finanzierungsmöglichkeiten Es ist nicht zu verleugnen: Viele Wohnungsunternehmen befinden sich schon seit geraumer Zeit in einer finanziell angespannten Situ- ation – bedingt durch geforderte Neubau-Raten und die Schaffung klimaneutraler Altbestände auf Basis gedeckelter sozialverträglicher Mieten. Sie sind daher auf der Suche nach Alternativ-Kapital. Die Lösungen lauten nicht selten: Climate oder Green Bonds (Grüne Anleihen), die vermehrt am Kapitalmarkt angeboten werden, ebenso mit Banken neu verhandelte Zinsen auf klimaneutrale Mo- dernisierungen. Die Streichung der Zuschuss-Förderung verleiht diesem Thema erhebliche Brisanz. Die Nachweispflichten im Zuge der Einführung der EU-Taxonomie führen allerdings zu deutlich höheren Aufwänden als in den vergangenen Jahren. Stimmen der IW.2050-Partner Erst nach der Erstellung unserer Klimastrategie können wir den Einfluss auf unsere Handlungsfähigkeit beurteilen. Wir erhoffen uns aber auch positive Effekte. Beispielsweise zu nennen sind: Zins- abschläge oder erhöhte Förderzuschüsse, wenn wir Banken bei Moder- nisierungen/Neubau eine klimaneutrale Immobilie belegen können. Zumindest in den kommenden zwei bis drei Jahren. Stadtbau Aschaffenburg GmbH Lenken und Priorisieren der Investitionen und Erschließen neuer Geschäftsfelder Die Transformation der Wohnungsbestände zur Klimaneutralität in der kurzen Zeit von nur 22 Jahren erfordert in Wohnungs- unternehmen ein zunehmendes Fokussieren und Priorisieren der Investitionstätigkeiten auf die Modernisierung der Bestände und die Defossilisierung der Wärmeversorgung. Dies bedeutet auch: Es tritt vermehrt ein Wettbewerb ein mit der Neuschaffung dringend benötigten weiteren Wohnraums. Es ist daher umso entscheiden- der, dass es in den nächsten Jahren gelingt, im Rahmen der Energie- wende und darüber hinaus für Wohnungsunternehmen neue Geschäftsfelder zu erschließen. Diese müssen dazu beitragen, die gewaltige Investitionssumme zu schultern. Auch in Bezug auf För- derprogramme kann neben der BEG-Förderung die Städtebauför- derung in Kooperation mit Kommunen, Land und Bund helfen, Quartiere zu defossilisieren. Hierfür muss es gelingen, Fördermit- tel für die Bestandshalter in relevanter Höhe weiter zu bewilligen.

91 Nicht alle genannten Maßnahmen werden sich überall realisieren lassen. Selbst bei erfolgreicher Umsetzung all dieser Punkte, wer- den diese aber nicht die Zuschuss-Förderung durch die öffentliche Hand ersetzen können oder gänzlich entbehrlich machen. Stimmen der IW.2050-Partner Der Rückgang von Beleihungsreserven nimmt überproportional zu. Alternative Finanzierungsmöglichkeiten müssen geprüft werden (Green Bonds, EIB etc.), Eigenkapitaleinsatz muss priorisiert werden (Neubau/Modernisierung). KSG Hannover GmbH Der Fokus des Unternehmens wird sich in den nächsten Jahren nahezu ausschließlich auf das Thema der Klimaneutralität konzentrieren. Das bedeutet auch, dass nahezu alle Ressourcen, sowohl in personeller, wie auch in finanzieller Art, in dieses Thema eingebunden werden. Baugenossenschaft Langen eG Schaffen neuer Schlüsselpositionen: Nachhaltigkeits- und Klimamanager:in Im Zuge der CO2-Bilanzierung und dem Erstellen einer individu- ellen Klimastrategie schaffen Wohnungsunternehmen die neue Position eines/einer „Nachhaltigkeits- oder Klimamanager:in“. Das könnte punktuell kooperativ ausgebaut werden: So könnte ein/e Klimamanager:in für mehrere kleinere Unternehmen in einer Region tätig sein. Diese in der IW.2050 entstandene Idee wäre ein konstruktiver Ansatz, um die von den Unternehmen immer wieder beklagten Herausforderungen im Personalwesen finanziell besser zu meistern. Gleichzeitig wäre der Transfer von Know-how und Best Practice auf diese Weise zu forcieren und zu beschleuni- gen. Das Erschließen von Förderprogrammen – wie der Nationalen Klimaschutz Initiative – auch für Unternehmen, die nicht im Besitz der öffentlichen Hand sind, könnte hier unterstützen. Stimmen der IW.2050-Partner Aufgrund des Umfangs und einhergehender Kapazitätsgründe ist die vollständige Erarbeitung einer Klimastrategie bisher nicht erfolgt. Es wurden jedoch erstellt: Energieaudit Geschäfts- gebäude nach DIN EN 16247-1 im Jahr 2019/20, Nichtfinanzielle Erklärung nach dem Deutschen Nachhaltigkeitskodex jährlich seit 2019, Nachhaltigkeitsbericht im Jahr 2020, Schaffung der Stelle eines/einer Klimamanager:in und Beantragung der dazugehörigen Förderung. Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft Ingolstadt GmbH 6.2. WAS KANN DIE POLITIK TUN? TRANSFORMATIONSANFORDERUNGEN SEKTORÜBERGREIFENDE ZUSAMMENARBEIT NUR GEMEINSAM SCHAFFEN WIR DIE GEWALTIGEN Stimmen der IW.2050-Partner Das Problem besteht darin, eine Dekarbonisierung durchzuführen – ohne die Genossenschaft und/oder die Mitglieder:innen zu überfordern. Eine vollstän- dige Dekarbonisierung bis 2045 ist völlig unrea- listisch. Die Hemmnisse: starke Steigerung der Bau kosten, Fachkräftemangel, hohe Warmwasser- Temperaturen (Klimaschutz versus Gesundheits- schutz), ungeeignete Berechnungsverfahren (Werte nach Modernisierung sind viel zu optimistisch), Nutzerverhalten, unzureichende Förderungen, Restriktionen und sehr lange Verfahren durch Behörden (Erhaltungsverordnungen, Mietpreis- begrenzungen). Unser Wunsch wäre eine Priorisie- rung von sozialverträglichem Klimaschutz: Die Politik muss klar bekennen, dass das Wohnen deutlich teurer werden wird. Wohnungsgenossenschaft von 1904 e. G. POLITIK – ERARBEITUNG GESETZLICHER RAHMENWERKE CO 2 ENERGIEWIRTSCHAFT – BEREITSTELLUNG DEFOSSILISIERTER ENERGIE GESELLSCHAFTLICHE SEKTOREN – LENKUNG DER INVESTITIONEN

PRAXISBERICHT 2021/2022 92 HERAUSFORDERUNGEN KLIMANEUTRALITÄT AUSWIRKUNGEN DER VERSCHÄRFTEN ANFORDERUNGEN i i n e n o s s m E - ₂ O C Umsetzungslücke ohne ausreichende Finanzie- rung und Förderung Zielpfad „klimaneutral in 2045“ mit Fokus auf CO2- Einsparung Klimastrategie mit 80 % Reduktion mit Fokus Energieeinsparung Umsetzungs- lücke ohne ausreichende Finanzierung Ein Sechstel weniger Zeit Circa ein Viertel mehr Einsparungen 2020 2045 2050 > MODERNISIERUNG AUF EINEN SINNVOLLEN GEBÄUDESTANDARD WICHTIG ALS BASIS > OHNE REGENERATIVE ENERGIEVERSORGUNG IST KLIMANEUTRALITÄT NICHT MACHBAR Zeitläufe und Ziele für die Klimaneutralität in der Wohnungs- wirtschaft sind mehr als ambitioniert. Die daraus resultierenden Maßnahmen erfordern Verlässlichkeit, ein angemessenes Zeit- fenster für Planungen und Umsetzungen sowie eine bedarfs- orientierte Förderung. KOMMUNIKATION DER VORHANDENEN HÜRDEN KERNAUSSAGEN DES PRAXISBERICHTS REGULATORISCHE RAHMEN- BEDINGUNGEN Ein Muss: Realistisches Anpassen und Harmonisieren rechtlicher Rahmenbedingungen Das Mitte Juli 2022 vorgelegte Sofortprogramm mit Maßnah- men zur Erreichung der Klimaneutralität im Gebäudesektor enthielt eine Reihe positiver Aspekte – darunter: ‒ kommunale FernwärmePlanung ‒ eine Bundesförderung für effiziente Wärmenetze und Optimierung bestehender Heizungssysteme ‒ das Qualifizierungsprogramm Wärmepumpe ‒ serielles Bauen ‒ eine anvisierte Initiative für öffentliche Gebäude Vollkommen ausgeblendet wurde jedoch die aktuelle Faktenlage: ‒ akuter Fachkräfte und Handwerker:innenMangel ‒ fehlende Materialien ‒ exorbitant lange Lieferzeiten bei technischen Anlagen ‒ fehlende Finanzmittel für die Bestandshalter des sozialen (wie etwa Wärmepumpen) Wohnungsbaus, um alle Aufgaben zu bewältigen FACHKRÄFTE- MANGEL EINFLUSSFAKTOREN, DIE DURCH DIE POLITIK GESTEUERT WERDEN MÜSSEN! FÖRDERUNG DEFOSSILISIERUNG DER ENERGIEWIRTSCHAFT BAUPREISSTEIGERUNG UND BAUMATERIALIENMANGEL Viele TopDownStudien setzen auch im Gebäudebestand auf höchste energetische Effizienz. Praktische Hemmnisse und sektorübergreifende Zusammenhänge ste hen zu wenig im Fokus. Wirkungsvoller Klimaschutz lässt sich damit weder sozialverträglich noch wirtschaftlich schaffen. Denkmalgeschützte Gebäude, er haltenswerte Fassaden und bestimmte Bautypologien lassen keine maximalen Effizienzstandards zu. Und es fehlen perso nelle Ressourcen im Bauhandwerk und das Material für brei te Offensiven in Sanierung und dringend nötigem Neubau.

93 Deshalb sind an der Realität angepasste energetische Be standssanierungen und flexible Quartierslösungen nötig, mit denen so viel wie möglich CO2 vermieden wird. Und ein intelligentes Zusammenspiel der Sektoren Gebäude, Mobilität, Gewerbe und Energie. Wenn beispielsweise neben dem Import von Grünem Wasserstoff und groß technischen Erzeugungsanlagen im Inland flächende ckend auch kleine und mittlere Elektrolyseanlagen in den Stadtquartieren oder stadtnah realisiert werden, kann der flächendeckende Markthochlauf für Mobilität, Gewerbe und die Energieversorger beschleunigt und gleichzeitig die bei der Elektrolyse oder bei der Rückver stromung anfallende Abfallwärme für klimaneutrale Wärmenetze genutzt werden. Werner Spec, Leiter der Arbeitsgruppe Energie des Deutschen Verbandes für Wohnungswesen Dringend nachzubessern wäre zudem beim Thema Mieterstrom, so dass es Wohnungsunternehmen endlich möglich würde, von der lokalen Nutzung des dezentral und erneuerbar erzeugten Stroms auch finanziell zu profitieren. Auch beim Seriellen Sanieren gibt es noch Hemmnisse – diese betreffen nicht nur die Technologie, sondern auch die Vereinfachung von Vorschriften und Genehmi- gungsverfahren. Ferner sollte im GEG das Quartier als Hand lungsebene und vor allem als Bilanzierungsebene mit entsprech- enden Verfahren noch besser niedergelegt und gestärkt werden. Dadurch könnten mehrere Gebäude im räumlichen Zusammen- hang gemeinsam die CO2-Kriterien erreichen: Solche, die sich mit weniger Aufwand umfassend und tiefgreifend energetisch moder- nisieren lassen, erreichen die vorgeschriebenen CO2-Einsparungen zusammen mit Gebäuden, die nur schwer und mit unverhältnismä- ßigem Zusatzaufwand tiefgreifend modernisierbar sind. Stimmen der IW.2050-Partner Was wir benötigen: ‒ Förderung von Quartierskonzepten mit Sektorkopplung (Bsp. Lieferung Mieterstrom außerhalb des Kundenanlagennetzes, Elektromobilität, Speicher) ‒ Anrechnung der Verdrängung Graustrom durch Photovoltaik- Mieterstrom in CO2-Bilanz des Vermieters und im GEG-Nachweis/ BEG-Anforderung ‒ Flexible und unbürokratische Förderung von energetischen Modernisierungen GAG Immobilien AG Harmonisierung der Vorgaben von Bund und Ländern Ebenso dringend vonnöten ist eine Synchronisierung der Vor schriften in Bezug auf die Nutzung von Wärmepumpen. Hier bestehen in der Neuregelung, aber auch auf Bund- und Länderebe- ne, unrealistische und unterschiedliche Vorgaben, was die Wärme- pumpen-Typologie anbelangt und auch die Entnahme-Konditionen: ‒ Der Bund gewährt fünf Prozent Wärmepumpen-Sonderzu- schuss nur noch, wenn die Quelle nicht Luft, sondern Erd- reich, Wasser oder Abluft ist. Da aber rund 90 Prozent der installierten und angebotenen Wärmepumpen die Luft als Quelle nutzen, entfällt diese Förderung für sie. ‒ Auf Länderebene ist die geothermische oberflächennahe Wärme- entnahme nicht selten beschränkt – in Hessen beispielsweise auf maximal 30 kW. Oberhalb von 30 kW kommt dann ein anderes – und sehr viel aufwändigeres – Genehmigungsverfah- ren zur Anwendung. Dies läuft faktisch darauf hinaus, dass es sich für die meisten Anwendungsfälle nicht lohnt. Erforderliche Nachbesserung für Halter von Wohnungsbeständen Im Vergleich zur bisherigen Fördersystematik, bei der sowohl direkte Zuschüsse als auch Tilgungszuschüsse für Kredite gewährt wurden, wird die Fördersituation im Sofortpro gramm der Regierung deutlich verschlechtert: Es werden nur noch erheblich abgesenkte Tilgungszuschüsse für (zins- verbilligte) Kredite gewährt. Ebenfalls Teil der umgestellten BEG-Förderung: Der Tilgungszuschuss für Neubau EH40 NH wird von derzeit 12,5 Prozent auf fünf Prozent abgesenkt – trotz der damit verbunden Kosten und Zeitaufwendungen zur –Erlangung des Nachhaltigkeitssiegels. Am dramatischs- ten ist allerdings, dass die erst seit zwölf Monaten für die Wohnungswirtschaft zugängliche ZuschussFörderung ad hoc wieder abgeschafft ist. Denn: Sie reduziert am effektivs- ten die Investitionsbelastung. Es ist hervorzuheben, dass alle Stimmen der Wohnungsunternehmen in diesem Praxis- bericht VOR der Streichung der Zuschussförderung aufge- zeichnet wurden. Der vielstimmig geäußerte Bedarf weiterer und höherer Zuschuss-Quoten bezieht sich also immer auf die bis 27. Juli 2022 geltende BEG-Förderung mit Zuschuss- förderung. Durch den Wegfall verschärft sich der Finanz- bedarf dramatisch. Die Beispielrechnung eines Unternehmens (Kategorie 50.000 bis 100.000 Wohneinheiten) verdeutlicht die Situation der fehlenden Fördermittel: Hätte das Unternehmen in den letzten zwölf Monaten keine Effizienhaus-Förderung, sondern nur Einzelmaßnahmen- Förderungen in Anspruch genommen, läge das Förderdefizit bei circa 30 bis 35 Prozent. Denn: Für rund 3.800 Wohnungen wurde die Effizienzhaus-Förderung beantragt. Der kalkulierte Zuschuss liegt bei rund 60 Millionen Euro (16.700 Euro pro Wohneinheit). Nach groben Schätzungen würde die Einzel- maßnahmen-Förderung nur 36 bis 39 Millionen Euro be- tragen (9.500 bis 10.200 Euro pro Wohneinheit). Zum Defizit bei einem durchschnittlichen Mustergebäude (24 Wohnungen, Effizienzhaus-Stufe 85EE): Nach den bisherigen Konditionen

PRAXISBERICHT 2021/2022 94 kann der Zuschuss mit rund 391.000 Euro kalkuliert wer- den. Würde die Einzelmaßnahmen-Förderung in Anspruch genommen, läge der Zuschuss kalkulatorisch bei nur rund 252.000 Euro. Ferner wurde regierungsseits kommuniziert, dass auch für Einzelmaßnahmen bei der Sanierung – wie dem Fenstertausch – zunächst bis zum 15. August 2022 die alte Regulatorik herrsche und erst danach neue Förderungen greifen würden. Jedoch ist im Kleingedruckten auf der BAFA-Website nachzulesen, dass nur ein Antrag pro Antragsteller in dem noch verblei benden Zeitraum möglich ist! Ergo sind große Bestands halter hier quasi ausgeschlossen, da die Förderung so nur Einzeleigentümer adressiert. Das Bundesfinanzministerium hat den Referentenentwurf für ein Jahressteuergesetz 2022 veröffentlicht. Damit soll die im Koalitionsvertrag enthaltene Anhebung des steuerlichen (linearen) Normalabschreibungssatzes für den Miet wohnungsneubau von zwei auf drei Prozent erfolgen. Dies soll allerdings erst für neue Mietwohngebäude gelten, die nach dem 31. Dezember 2023 fertiggestellt werden. Be- reits zum 1. Januar 2023 soll die Möglichkeit der Gebäude- abschreibung aufgrund einer nachgewiesenen kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer entfallen. Die Wohnungswirt- schaft begrüßt diesen Schritt, bedauert jedoch, dass die höhere Abschreibung erst für neue Mietwohngebäude mit Fertigstellung ab 2024 gelten soll. In der aktuellen Situation wäre eine frühere und weitergehende Entlastung wünschenswert gewesen. Stimmen der IW.2050-Partner Das anvisierte Ziel der Stadt Köln Klimaneutralität bereits bis 2035 zu erreichen, stellt uns vor besondere Herausforderungen. Wir haben Szenarien mit unterschiedlichen Energieversorgungskonzepten und Modernisierungsquoten aufgestellt und deren Auswirkung auf die Finanzkennzahlen des Konzerns ermittelt. Die erforderlichen energetischen Sanierungen sind insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen Zinsentwicklung nicht ohne zusätzliche finanzielle Mittel möglich. GAG Immobilien AG Wir als kommunales Wohnungsunternehmen verfolgen drei wesentliche Ziele: 1. die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens und der einzelnen Quartiere 2. die Sozialverträglichkeit der Mieten 3. (perspektivisch) die Klimaneutralität des Gebäudebestandes Ohne geeignete Fördermittel sehen wir die Gefahr, die Klimaneutralität nicht erreichen zu können oder nur zu Lasten der Wirtschaftlichkeit oder der Sozialverträglichkeit der Mieten. GEBAG Duisburger Baugesellschaft mbH Der Wirtschaftsplan wird dadurch wesentlich tangiert. Die Sanierungs- quote wird deutlich ausgeweitet. Personalkosten: Es wurde ein eigener Fachbereich für energetische Sanierung geschaffen. Wir prüfen gerade eine Reduktion der Neubauten zugunsten der energetischen Ertüchtigun- gen. Steigende Verschuldung, höhere Abschreibungen, höhere Kreditauf- nahme, weniger Gewinn und eine sinkende Eigen kapitalquote sind die Folgen. Mieterhöhungen können die Sanierungskosten nicht decken. gewobau Gesellschaft für Wohnen und Bauen Rüsselsheim mbH Der erhöhte Investitionsbedarf führt zu einem deutlichen Anstieg der benötigten finanziellen und personellen Ressourcen. Ohne eine entspre- chende Steigerung in diesen Bereichen ist mit einer Verlangsamung der Umsetzungsgeschwindigkeit zu rechnen. Angesichts begrenzter Amorti- sationspotenziale durch begrenzte Mietsteigerungen ist damit zu rech- nen, dass die Anforderungen zu einer Verschlechterung der Rentabilität führen werden – es sei denn, es erfolgt ein Ausgleich über Fördermittel. gwg – Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft mbH Wuppertal Die Investitionskosten sind immens und benötigen weitere Förderungen, um Mieter:innen und Wohnungsunternehmen nicht über Gebühr zusätzlich zu belasten. Wir haben eine erhebliche Reduktion des CO2- Ausstoßes in den letzten zwei Jahrzehnten erreicht. Unsere Augen- maßstrategie bei Neubauprojekten und Sanierungen setzen wir fort. Der Schnittpunkt Primärenergie und Baustandard ist unter den Aspekten Ökologie und Ökonomie fortlaufend auszuloten. Sozialbau Kempten GmbH Beschleunigung und Entbürokratisierung von Genehmigungsverfahren Die Nachweispflicht bei der Darlehensförderung auf Basis von EinzelgewerkNachweisen für jedes Gebäude ist – wie andere Punkte auch (s. Serielles Sanieren und Bauen) – zu sehr von bürokratischen Hürden und erhöhtem Aufwand gekennzeichnet. Es wäre im Zuge der bereits hohen Aufgaben- last im Förderkontext wünschenswert, wenn anstelle von Einzel gewerk-Nachweisen JahrespaketNachweise möglich wären – etwa anhand eines jährlichen beispielhaft detailliert nachzuweisenden Referenzgebäudes für das gesamte Moderni- sierungsprogramm eines Unternehmens. Stimmen der IW.2050-Partner Die Förderrichtlinien sind teilweise in der Nachweiserstellung zu auf- wändig, so dass einzelne Fördermittel/-komponenten nicht in An- spruch genommen werden (können). Helfen würde ein repräsentativer Nachweis anhand eines Gebäudes für das gesamte Modernisierungs- programm des jeweiligen Jahres. Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte | Wohnstadt (NHW) Was wir brauchen: ‒ transparente, nachvollziehbare und allgemeinverständliche Darstellung der bereits vorhandenen Förderprogramme

95 ‒ Systematisierte und katalogisierte Fördermöglichkeiten, die ohne die Einbindung von Energie-Beratern beantragt, genehmigt und bewilligt werden ‒ Planungshandbuch für Investoren: katalogisierte und systematische Aufzählung von Maßnahmen, die gefördert werden. Braunschweiger Baugenossenschaft eG ‒ Förderprogramm für Anlagenoptimierung (und Herstellung von Rechtssicherheit, so dass auch Nutzer von Contracting-Anlagen eine Anlagenoptimierung durchführen lassen können) ‒ breit angelegte Kampagne für mehr Energieeinsparung, ggf. gekop- pelt mit symbolischen Maßnahmen, die Bewusstsein schaffen WOBAK Städtische Wohnungsbaugesellschaft mbH Konstanz FAZIT: Über Nacht angesetzte Kurswechsel ohne Konsultation der betreffenden Branche führen in ein Dilemma – nicht nur für die 65.000 Mitarbeitenden in der Wohnungswirtschaft, sondern auch für über fünf Millionen Mieter:innen. Das kurzfristig verursachte Mehr an Investitionen verursacht eine Überbelastung der meisten Unternehmen, deren Finanz- und Personal- decke bereits jetzt äußerst dünn ist. Das Aufrecht- erhalten sozialer Mieten ist mittelfristig in Frage gestellt. Ein solches Szenario führt – in Kombination mit rasant steigenden Energiekosten – kurz über lang zu finanziell desaströsen Situationen kleiner und mittlerer Haushalte, einhergehend mit plan- barem sozialem Unfrieden. FORDERUNG: Über die Klimaziele selbst besteht Konsens. Die Wohnungswirtschaft bietet daher den kontinuierlichen offenen Dialog an, um gemeinsam mit der Politik – über Branchen- und Sektorgrenzen hinweg – Lösungen zu erarbeiten. In der kurzen Zeit, die für eine Transformation zur Verfügung steht, braucht es verlässliche regulatorische Rahmenset- zungen und Gesetze sowie Förderungen, die sich an wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und globalen Realitäten wie auch an den Erhebungen, Erfahrungs- werten und Pilotprojekten einer schon seit Jahrzehn- ten stets kooperativ arbeitenden Branche orientieren. Im Rahmen der Planung von Neubauten und Modernisierungen nimmt die Berücksichtigung des anvisierten Ziels eine elementare Rolle ein. Der Weg zu der Erreichung wird erhebliche finanzielle R e- ssourcen sowie planerisches Geschick erfordern. Dies bezieht sich insbe- sondere auf gesetzliche Vorgaben im Rahmen der Modernisierung im Bestand. Der finanzielle Aufwand wird sich unserer Ansicht nach insbesondere u. a. in den Bereichen Fachplanung und Gutachten er- heblich steigern. Zudem sind organisatorische und terminliche Anpas- sungen in der Phase der Beantragung von Fördermitteln notwendig, um den Beantragungsprozess pragmatischer zu gestalten. Wohnungsbaugenossenschaft KAIFU-NORDLAND eG Bundesweite Aufklärungs- und Motivationskampagne für die Zielgruppe Nutzer:innen Eine bereits in 2021 angekündigte Kampagne wurde bislang von der Regierung noch nicht initiiert oder durchgeführt. Die Wohnungsunternehmen und Verbände versuchen seit langem, mit eigenen Initiativen (s. Kap. 5 LEG-Kampagne) selbst in ihrer Mieterschaft aktiv zu werden. In Anbetracht der derzeit nochmals zugespitzten Situation durch stark reduzierte Gas- lieferungen ist diese Sensibilisierung ein Muss, das auch von den zuständigen Ministerien zeitnah unterstützt werden soll- te. Diese Maßnahme könnte auch das Thema Vorgaben zur Reduzierung der Mindesttemperatur in Wohnräumen impli- zieren, das im ersten Ansatz seitens der Regierung abgelehnt worden war. Da hier auch gesundheitliche Aspekte (Vermei- dung von Schimmel etc.) und Aspekte der Erhaltung der Bau- substanz eine Rolle spielen, wäre dies wünschenswert. Denn: Koordiniert reduzierte Absenkungen der Raumtemperaturen von Mieter:innen und Vermieter:innen im Verbund – anstatt chaotischem Heizverhalten bis hin zur vollständigen Ausküh- lung von Räumen und Wohneinheiten – begrenzt Gefahren und Schäden. Darüber hinaus ist es wesentlich effektiver. Jede erfolgreiche Energiesparmaßnahme hilft nicht nur in der aktu- ellen Energiekrise, sondern auch langfristig beim Erreichen der Klimaziele. Stimmen der IW.2050-Partner Nicht nur im Gebäudesektor: Klimawende muss sozialverträglich gestaltet werden – aber nicht, indem klimaschädliches Verhalten (weiter) subventioniert wird! Emissionsreduktionen müssen sich auch finanziell spürbar lohnen. Ferner relevant: ‒ Reduzierung des bürokratischen Aufwands für die Inbetriebnahme von PV-Anlagen (und ggf. bessere Förderung)

PRAXISBERICHT 2021/2022 96 7. PARTNER DER IW.2050 (NACH BUNDESLÄNDERN) Baden-Baden mbH Schwäbisch Hall mbH Gewerbebau Baden-Württemberg AG BadenWürttemberg ‒ Baugenossenschaft Oberzellerhau eG ‒ Gesellschaft für Stadterneuerung und Stadtentwicklung ‒ GGH Heidelberg | Gesellschaft für Grund- und Hausbesitz mbH ‒ GWF Wohnungsgenossenschaft eG ‒ GWG Gesellschaft für Wohnungs- und ‒ GWG Grundstücks- und Wohnungsbaugesellschaft ‒ GWG-Wohnungsgesellschaft Reutlingen mbH ‒ Kreisbaugesellschaft Tübingen mbH ‒ SBK Spar- und Bauverein Konstanz eG ‒ Stadtsiedlung Heilbronn GmbH ‒ SWSG - Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft mbH ‒ Tuttlinger Wohnbau GmbH ‒ Ulmer Wohnungs- und Siedlungs-Gesellschaft mbH ‒ Volkswohnung GmbH ‒ WOBAK Städtische Wohnungsbaugesellschaft mbH ‒ Wohnungsbaugesellschaft Villingen-Schwenningen mbH Goldene Hochzeitsstiftung Bayern ‒ Baugenossenschaft des Landkreises Coburg eG ‒ Bauverein Schweinfurt eG ‒ BSG-Allgäu eG ‒ Gartenstadt Nürnberg eG ‒ Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft Ingolstadt GmbH ‒ GEWOFAG Holding GmbH ‒ GWG Städtische Wohnungsgesellschaft München mbH ‒ Joseph-Stiftung Bamberg ‒ Katholisches Siedlungswerk München GmbH ‒ König Ludwig III und Königin Marie Therese ‒ NUWOG-Wohnungsgesellschaft der Stadt Neu-Ulm GmbH ‒ Siebendächer Baugenossenschaft eG ‒ Sozialbau Kempten Wohnungs- und Städtebau GmbH ‒ Stadtbau Aschaffenburg GmbH ‒ Stadtbau GmbH Bamberg ‒ Stadtbau Würzburg GmbH ‒ Stadtbau-GmbH Regensburg ‒ SWW Oberallgäu ‒ WBG Wohnungsbaugesellschaft der Stadt Fürth ‒ Wohnbaugesellschaft der Stadt Augsburg GmbH ‒ WSCO | Wohnbau Stadt Coburg GmbH ‒ WU Wohnungsunternehmen Amberg eG Berlin ‒ Alexandra Stiftung (HWS Berlin/Hilfwerks-Siedlung GmbH) ‒ Berlinovo Immobilien Gesellschaft mbH ‒ degewo AG ‒ GEWOBAG Wohnungsbau-Aktiengesellschaft Berlin ‒ HOWOGE Wohnungsbaugesellschaft mbH ‒ WBM Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte mbH Brandenburg ‒ Gebäudewirtschaft Cottbus GmbH ‒ Lübbener Wohnungsbaugesellschaft mbH ‒ Potsdamer Wohnungsgenossenschaft 1856 eG ‒ ProPotsdam GmbH Bremen ‒ GEWOBA Aktiengesellschaft Wohnen und Bauen Hamburg ‒ Allgemeine Deutsche Schiffszimmerer-Genossenschaft eG ‒ Altonaer Spar- und Bauverein eG ‒ Baugenossenschaft Dennerstrasse-Selbsthilfe eG ‒ Baugenossenschaft dhu eG Hamburg ‒ Baugenossenschaft FLUWOG-NORDMARK eG ‒ Bauverein der Elbgemeinden (eG) (BVE) ‒ Gemeinnützige Baugenossenschaft Bergedorf-Bille eG ‒ Hamburger Lehrer-Baugenossenschaft eG ‒ HANSA Baugenossenschaft eG ‒ Hanseatische Baugenossenschaft Hamburg eG ‒ mgf Gartenstadt Farmsen eG ‒ SAGA Siedlungs- Aktiengesellschaft Hamburg ‒ Wichern Bau- und Betreuungsgesellschaft mbH ‒ Wohnungsbaugenossenschaft KAIFU-NORDLAND eG ‒ Wohnungsgenossenschaft von 1904 e. G. Hessen ‒ Baugenossenschaft Langen eG ‒ Baugesellschaft Hanau GmbH ‒ bauverein AG Darmstadt ‒ Frankfurter Wohnungsgenossenschaft e. G. ‒ GBS Herborn eG ‒ Gemeinnützige Baugenossenschaft eG ‒ Geno50, Gemeinnützige Bau- und ‒ GeWoBau GmbH Marburg ‒ gewobau Gesellschaft für Wohnen und Bauen Rüsselsheim mbH ‒ GSW Frankfurt | Gemeinnütziges Siedlungswerk GmbH ‒ GWW Wiesbadener Wohnungsbaugesellschaft mbH Siedlungsgenossenschaft Wiesbaden 1950 eG

97 – KWG/Mainspitze e. G. Nassauische Heimstätte | Wohnstadt (NHW) ‒ HWB Hofheimer Wohnungsbau GmbH ‒ Kommunale Wohnungsgesellschaft Ginsheim-Gustavsburg ‒ Unternehmensgruppe ‒ Volks- Bau und Sparverein eG ‒ Wetzlarer Wohnungsgesellschaft mbH ‒ Wohnbau Gießen GmbH ‒ Wohnungsbaugenossenschaft Hofgeismar eG MecklenburgVorpommern ‒ Baugenossenschaft Neptun e. G. ‒ Neubrandenburger Wohnungsgesellschaft mbH | NEUWOGES ‒ NEUWOBA Neubrandenburger Wohnungsbaugenossenschaft eG ‒ Wohnungsgenossenschaft Union Wismar eG ‒ Wohnungsgenossenschaft WARNOW eG Niedersachsen ‒ allerland Immobilien GmbH ‒ Baugenossenschaft Wiederaufbau eG ‒ Braunschweiger Baugenossenschaft eG ‒ GBN Wohnungsunternehmen GmbH ‒ Gifhorner Wohnungsbaugenossenschaft eG ‒ Gundlach GmbH & Co. KG Wohnungsunternehmen ‒ hanova WOHNEN GmbH ‒ Heimatwerk Hannover eG ‒ Kreiswohnbau Osterode am Harz/Göttingen GmbH ‒ KSG Hannover GmbH ‒ Lüneburger Wohnungsbau GmbH ‒ NEULAND Wohnungsgesellschaft mbH ‒ Nibelungen Wohnbau GmbH ‒ Spar- und Bauverein eG (Hannover) ‒ Städtische Wohnungsbau GmbH Göttingen ‒ Stephanswerk Wohnungsbaugesellschaft mbH ‒ VW Immobilien GmbH ‒ WiO - Wohnen in Osnabrück GmbH ‒ Wohnbau Diepholz GmbH ‒ Wohnungsgenossenschaft Heimkehr eG NordrheinWestfalen ‒ Aachener Siedlungs- und Wohnungsbaugesellschaft mbH ‒ Allbau GmbH ‒ Antoniter Siedlungsgesellschaft mbH ‒ Bau- und Wohnungsgenossenschaft Lippstadt eG ‒ Baugenossenschaft Freie Scholle eG im Ev. Kirchenverband Köln und Region Wuppertal Oberhausen-Sterkrade eG und Immobiliendienstleistungen mbH ‒ Baugenossenschaft Niederberg eG ‒ Bauverein Grevenbroich eG ‒ Bauverein Ketteler eG ‒ Bauverein Wesel AG ‒ Bauverein zu Lünen Bau- und Verwaltungs GmbH ‒ Beamten-Wohnungs-Baugenossenschaft eG ‒ BGW Bielefelder Gesellschaft für Wohnen ‒ Bielefelder Wohnungsverein eG ‒ DOGEWO Dortmunder Gesellschaft für Wohnen mbH ‒ Düsseldorfer Bau- und Spargenossenschaft eG ‒ Eisenbahner-Bauverein eG ‒ EWG Hagen eG ‒ GAG Immobilien AG ‒ GEBAG Duisburger Baugesellschaft mbH ‒ Gemeinnützige Baugenossenschaft Brackwede e. G. ‒ gwg - Gemeinnützige Wohnstättengenossenschaft Hagen e. G. ‒ gwg - Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft mbH ‒ Gemeinnützige Wohnungs-Genossenschaft e. G. Neuss ‒ Gemeinnützige Wohnungsgenossenschaft ‒ Gemeinnütziger Bauverein Gütersloh eG ‒ Gemeinnütziger Spar- und Bauverein Friemersheim eG ‒ GEWAG Wohnungsaktiengesellschaft Remscheid ‒ gewoge AG ‒ GSW Immobiliengesellschaft mbH Minden ‒ Immobilien Management Essen GmbH (IME) ‒ KHW Kommunale Haus und Wohnen GmbH ‒ Kreisbau AG ‒ LEG Immobilien AG ‒ Lüdenscheider Wohnstätten AG | LUEWO ‒ Mülheimer Wohnungsbau eG ‒ Neusser Bauverein GmbH ‒ Rheinisch-Bergische-Siedlungsgesellschaft mbH ‒ Rheinwohnungsbau GmbH ‒ Spar- und Bauverein eG Dortmund ‒ Spar- und Bauverein Solingen eG ‒ Städtische gemeinnützige Heimstätten-Gesellschaft mbH ‒ SWB-Service-Wohnungsvermietungs- ‒ Unnaer Kreis- Bau- u. Siedlungsgesellschaft mbH | UKBS ‒ VBW Bauen und Wohnen GmbH ‒ VEBOWAG-Vereinigte Bonner Wohnungsbau AG ‒ Viersener Aktien-Baugesellschaft AG ‒ VIVAWEST Wohnen GmbH ‒ Vonovia SE und-baugesellschaft mbH

PRAXISBERICHT 2021/2022 98 INSTITUTIONELLE PARTNER der Stadt Münster GmbH ‒ Wohn + Stadtbau Wohnungsunternehmen ‒ Wohnbau GmbH ‒ Wohnbau LEMGO eG ‒ WohnBau Westmünsterland eG ‒ Wohnungs- und Siedlungs-GmbH ‒ Wohnungsbaugenossenschaft Erkrath eG ‒ Wohnungsbaugenossenschaft Lünen eG ‒ WSG Kreis Coesfeld eG ‒ WWG Königswinter ‒ WWS Wohn- und Wirtschafts-Service Herford GmbH Sachsen ‒ Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft mbH | LWB SchleswigHolstein ‒ GEWOBA Nord Baugenossenschaft eG ‒ Lübecker Bauverein eG ‒ NEUE LÜBECKER Norddeutsche Baugenossenschaft eG ‒ Selbsthilfe-Bauverein Flensburg eG ‒ Wankendorfer Baugenossenschaft für Schleswig-Holstein eG Thüringen ‒ jenawohnen GmbH Wohnungsunternehmen e. V., Berlin ‒ BBU Verband Berlin-Brandenburgischer ‒ EBZ - Europäisches Bildungszentrum der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft, Bochum ‒ GdW - Bundesverband deutscher Wohnungs- ‒ vbw Verband baden-württembergischer Wohnungs- ‒ VdW Bayern - Verband bayerischer Wohnungsunternehmen (Baugenossenschaften und -gesellschaften) e. V., München ‒ vdw Niedersachsen und Bremen - Verband der Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V., Stuttgart und Immobilienunternehmen e. V., Berlin und Immobilienwirtschaft in Niedersachsen und Bremen e. V., Hannover Immobilienwirtschaft e. V., Dresden ‒ VdW Rheinland Westfalen - Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Rheinland Westfalen e. V., Düsseldorf ‒ vdw Sachsen Verband der Wohnungs- und ‒ VdW Südwest - Verband der Südwestdeutschen ‒ VNW - Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen e. V., ‒ VSWG - Verband Sächsischer Wohnungsgenossenschaften e. V., Wohnungswirtschaft e. V., Frankfurt a. M. Hamburg Dresden

99 8. SCHLUSSWORT Wir danken allen, die sich mit Aussagen, Erkenntnissen, Vorschlägen und Einschätzungen an diesem „2. Praxisbericht der Initiative Wohnen.2050“ beteiligt haben. Die Partner der Initiative Wohnen.2050 sind überzeugt: Es braucht mehr Verständnis für die Situation der handelnden Akteure in den Branchen und Sektoren. Zuhören, offener Dialog und gemeinsame Lösungen sind die Voraussetzung, mit vereinten Kräften über Branchen- und Sektor- grenzen hinweg die gewaltige Aufgabe in der verbleibenden Zeit bestmöglich zu bewältigen. Verlässlichkeit seitens der regulatorischen Rahmensetzungen und Gesetze sowie Förderbedin- gungen, die sich an wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und globalen Gegebenheiten orientieren und Ambition mit Umsetzbarkeit vereinen, sind erforderlich, um zu unterstützen anstatt zu lähmen. Politische Verbindlichkeit bedeutet: Langfristig planbare Rahmensetzungen schaffen. Unvorher- sehbare Nacht- und Nebel-Änderungen kosten Vertrauen und vor allem wertvolle Zeit für die Transformation, die nicht mehr vorhanden ist. FOKUSSIERE ALL DEINE ENERGIE NICHT AUF DAS BEKÄMPFEN DES ALTEN, SONDERN AUF DAS ERSCHAFFEN DES NEUEN. Sokrates

100

PRAXISBERICHT 2021/2022 100 9. ANHANG Die Zitate und Statements im Bericht geben nicht immer die Meinung der Initiative Wohnen.2050 wieder. Der vorliegende Bericht basiert auf: ‒ der im Zeitraum März bis Mai 2022 durchgeführten Praxis-Abfrage bei Partnerunternehmen der Initiative Wohnen.2050 nehmen und -Institutionen ‒ Aussagen in Interviews sowie Statements von Partnerunter- ‒ Aussagen externer Experten aus Verbänden, Institutionen ‒ IW.2050-Präsentationen im Rahmen von Fachkonferenzen, und Hochschulen Web-Dialogen, regionalen Fachaustauch-Meetings, Pioniergruppen, der Jahresversammlung 2021 des Initiative Wohnen.2050 e. V. ‒ dem „Tätigkeitsbericht 2021“ des Initiative Wohnen.2050 e. V. ‒ der politischen Entscheidungen aus dem Jahr 2022 (bis Ende Juli 2022) Herausgeber: Initiative Wohnen.2050 e. V. Schaumainkai 47 60596 Frankfurt am Main Kontaktaufnahme und weitere Informationen zur Mitgliedschaft im Initiative Wohnen.2050 e. V.: Sarah Beer T. 069 678674 1231 sarah.beer@iw2050.de www.iw2050.de AutorenTeam (in alphabethischer Reihenfolge): Dipl. Ing. Joost Hartwig Geschäftsführer ina Planungsgesellschaft mbH www.ina-darmstadt.de Felix Lüter Geschäftsführender Vorstand Initiative Wohnen.2050 e. V. Heike D. Schmitt Inhaberin hd…s agentur für presse- und öffentlichkeitsarbeit, www.hds-pr.com Mitarbeit (in alphabethischer Reihenfolge): Sarah Beer Projektadministration Geschäftsstelle Initiative Wohnen.2050 e. V., Frankfurt/Main Dina Eller Leiterin Geschäftsstelle Initiative Wohnen.2050 e. V., Frankfurt/Main (Elternzeit) Gregor Steiger Projektsteuerung Praxisbericht 2022, Frankfurt/Main Dr. Ingrid Vogler Leiterin Energie und Technik GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen, Berlin

101

101 Layout, Satz und Bildbearbeitung: feedback werbeagentur GmbH www.manok.de Druck und Produktion: Drach Print Media www.drach.de Bildnachweis: Titel: iStock/Natalia Samorodskaia, iStock/tongwongboot Seite 7: nilshasenaufotografie, Anny Maurer, Walter Vorjohann Seite 8: iStock/Shiva3d, iStock/Bartosz Hadyniak Seite 12: iStock/Przemyslaw Koch Seite 13: iStock/Bartosz Hadyniak Seite 15: Walter Vorjohann, PassStudio, Knut Molitor, Gereon Klein, Joost Hartwig, Jan Greune, Michael Hauler Seite 24: UGNHW Seite 25: iStock/malerapaso Seite 46: iStock/whyframestudio Seite 55: Niko Schmidt-Burgk, WOBAK Seite 56: Martin Granacher/www.simplexxx.de Seite 57: DEWOG Seite 58: Marcus Bollen, Joseph-Stiftung, Gerhard Hagen (Bamberg) Seite 59: Joseph-Stiftung, Gerhard Hagen (Bamberg) Seite 60: VBW Bauen und Wohnen Seite 62: Heike D. Schmitt Seite 63: IVO MAYR Seite 65: KARLHUBERFOTODESIGN, IB von Fragstein GmbH, Häfele Seite 67: iStock/imo, iStock/chuyu Seite 68: Florian Hausladen/IB Hausladen Seite 70: MCC Seite 73: ZDB/Claudius Pflug Seite 76: www.christoph-papsch.com Seite 80: Margit Scheid, Simone M. Neumann Seite 87: iStock/extremal, iStock/janrysavy Seite 90: VKU/Chaperon Seite 92: Reiner Pfisterer Gedruckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Blauen Engel.